Stuttgart | Porsche Taycan |
Anfang 2020 kommt die viertürige Sportlimousine Taycan auf den Markt und läuft im Porsche-Stammwerk in Zuffenhausen vom Band
Sportwagen unter Hochspannung: Mit dem neuen Taycan ist nun auch Porsche im Elektrozeitalter angekommen. Der rein elektrisch angetriebene Sportwagen ordnet sich zwischen dem 911er und Panamera ein und verfügt über eine besonders innovative Schnellladetechnik. Heute hat Porsche bei seiner Weltpremiere das Serienfahrzeug der Öffentlichkeit präsentiert und den Taycan zum ersten Mal ungetarnt gezeigt. Die Modellbezeichnung Taycan stammt übrigens aus dem Orientalischen und steht frei übersetzt für ein lebhaftes, junges Fohlen.
Das Außendesign des Serienfahrzeugs orientiert sich stark an der 2015 vorgestellten Konzeptstudie Mission E. Anstelle der gegenläufigen Türen bei der Studie öffnen die vier Pforten beim 4,96 Meter langen Taycan jedoch konventionell, mit einer klassischen B-Säule dazwischen. Bei der Gestaltung des Cockpits orientierten sich die Designer am Ur-911-er von 1963. Die moderne Interpretation der Anzeigen fokussiert sich beim Taycan auf den Fahrer.
Porsche Taycan
Hierbei verzichtet das freistehende, digitale Kombiinstrument jedoch auf eine darüber liegende Hutze. Damit sich der 16,8 Zoll große Bildschirm auch ohne den Sonnenschutz einwandfrei ablesen lässt, wurde das Echtglas auf der Frontseite extra mit einem aufgedampftem Polarisationsfilter entspiegelt. Statt des herkömmlichen Drehzahlmessers gibt es in der Displaymitte des Taycan ein zentral angeordnetes Powermeter. Die Darstellungsform aller Anzeigen lassen sich hierbei individuell konfigurieren.
Fahrer und Beifahrer sind im Taycan durch eine breite Mittelkonsole getrennt. Dort befinden sich weder Schalter noch Knöpfe, sondern ein weiterer 8,4 Zoll großer Touchscreen. Er übernimmt die Steuerung von Fahrzeugfunktionen wie etwa die Klimaautomatik und arbeitet mit haptischer Rückmeldung. Eine integrierte Handschriftenerkennung ermöglicht zudem die schnelle Eingabe von Navigationsadressen oder Telefonnummern.
Über dem Monitor befindet sich das Infotainmentsystem im 10,8 Zoll-Format, das zur Bedienung von Navigation und Entertainment dient. Alternativ steuert der Fahrer das System mit dem einfachen Zuruf „Hey Porsche“ und gibt seine Befehle per Sprache weiter. Darüber hinaus bietet Porsche erstmals auch einen Touchscreen für den Beifahrer an. Auf dem optionalen Display kann der Copilot Einstellungen vornehmen, ohne dabei den Fahrer von seiner Hauptaufgabe abzulenken.
Angeboten wird der knapp 2,3 Tonnen schwere Taycan in den beiden Leistungsstufen Turbo und Turbo S. Die Einstiegsvariante startet bei 152 136 Euro, das Topmodell Turbo S beginnt bei 185 456 Euro. Die beim Taycan verwendeten Zusatzbezeichnungen „Turbo und Turbo S“ mögen so manch einen aus dem Konzept bringen, dennoch verweisen die Stuttgarter auf ihre Ausstattungsvarianten hin, die bei Porsche traditionell so gehandhabt werden.
Einen Verbrennungsmotor, geschweige denn einen Turbolader findet man im Taycan natürlich nicht. Dafür aber einen serienmäßigen Allradantrieb und zwei leistungsstarke Synchronmotoren. Der Vorteil gegenüber Asynchron-Maschinen liegt in einer kompakteren Bauweise sowie einem höheren Wirkungsgrad. Eine Besonderheit betrifft die E-Maschine im Heck, die an der Hinterachse mit einem innovativen Zwei-Gang-Getriebe gekoppelt ist. Hierbei sorgt der sehr kurz übersetzte erste Gang für eine hohe Performance beim schnellen Anfahren, während die zweite lang übersetzte Stufe zur Effizienz zum Erreichen der Höchstgeschwindigkeit dient. Die Schaltvorgänge sollen laut Porsche ohne jegliche Zugkraftunterbrechung erfolgen.
Die beiden Elektromotoren bringen es – sowohl im Turbo als auch im Turbo S – auf eine gleiche Leistung von 625 PS (460 kW). Über eine Overboost-Funktion lässt sich 2,5 Sekunden lang jedoch noch wesentlich mehr Power abrufen. Und die fällt bei beiden unterschiedlich aus. Beim Taycan Turbo sind es 680 PS (500 kW), die Topversion Turbo S entfaltet sogar bis zu 761 PS (560 kW). Insgesamt steht ein gewaltiges Drehmoment von 1050 Newtonmeter (Nm) bereit, beim Basismodell sind es immerhin noch 850 Nm. Damit sprintet der Taycan Turbo S innerhalb von 2,8 Sekunden auf Tempo 100 und – wenn es sein muss – in 9,8 Sekunden auf 200 km/h. Der schwächere Turbo benötigt für die gleichen Disziplinen kaum langsamere 3,2, beziehungsweise 10,6 Sekunden. Maximal erreichen beide Taycan eine Höchstgeschwindigkeit von jeweils 260 km/h.
Was aber noch mehr am Taycan beeindruckt, ist seine hohe Fahrdynamik, die der nur 1,38 Meter flache E-Sportler an den Tag legt. Eine erste Mitfahrt hatte dies bereits schon eindrucksvoll unter Beweis stellen können. Besonders der vollvariable Allradantrieb in Verbindung mit der Traktionsregelung passt sich blitzschnell an die jeweiligen Straßenverhältnisse an. Dabei arbeiten die Regelungssysteme nochmals deutlich schneller als in einem konventionellen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Damit neben dem Fahrspaß auch der Fahrkomfort nicht zu kurz kommt, verfügt der Taycan über eine serienmäßige Drei-Kammer-Luftfederung. Gegen Aufpreis steht eine Wankstabilisierung bereit, die über ein 48-Volt-Teilbordnetz versorgt wird. Ebenso ist für den vollelektrischen Porsche eine Allradlenkung erhältlich.
Die Karosserie mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,22 (Turbo S: 0,25) weist jede Menge Feinschliff auf. So ist für eine höhere Effizienz der Unterboden voll verkleidet. Weitere aerodynamische Unterstützung erhält der Taycan über seinen Heckdiffusor sowie den ausfahrbaren Heckspoiler, der den Elektro-Flitzer mit genügend Anpressdruck versorgt. Zudem wartet der Porsche-Stromer mit dem derzeit höchsten Rekuperationsgrad aller Elektrofahrzeuge auf. Wann der Taycan mit dem Segelvorgang oder der Energierückgewinnung beginnt, wird von einer Kamera ermittelt, die anschließend den jeweiligen Vorgang automatisch einleitet. Die maximale Reichweite nach WLTP-Norm soll beim Taycan Turbo bei bis zu 450 Kilometern liegen, beim Turbo S sind es hingegen 412 km.
Die Batterien sind im Elektro-Porsche flach im Fahrzeugboden untergebracht und halten den Schwerpunkt niedrig. Das 93,4 kWh starke Speicherdepot wiegt rund 600 Kilogramm. Der Taycan ist das erste Serienfahrzeug, das mit einer sehr hohen Systemspannung von 800 Volt arbeitet. Gegenüber der sonst üblichen 400 Volt-Technik bei Elektrofahrzeugen verkürzen sich die Ladezeiten dadurch erheblich. Die maximale Ladeleistung beträgt beim Taycan 270 kW. Dank seiner innovativen Technologie soll es möglich sein, ihn im Schnellladenetz in rund fünf Minuten mit Energie für bis zu 100 Kilometer Reichweite (nach WLTP) zu versorgen. Allerdings sind die ultraschnellen Ladesäulen mit einer Leistung von 150 kW oder mehr noch dünn gesät. Daher will Porsche zusammen mit vielen weiteren deutschen Herstellern sowie dem Stromversorger Ionity den Ausbau längs der europäischen Hauptverkehrsachsen rasch vorantreiben.
Wird der Taycan dagegen zuhause an einer elf kW leistenden Box vollgeladen, dauert der Vorgang zwischen sechs bis acht Stunden. Hierbei kontrolliert eine intelligente Steuerungselektronik den Vorgang und misst permanent den aktuellen Stromverbrauch im Netz, damit eine Überlast vermieden wird. Ist dies der Fall, wird die Ladeleistung aktiv angepasst. Die 800-Volt-Technologie weist außer der Schnellladung weitere Vorteile auf. Sie ermöglicht bei häufiger Leistungsabfrage eine hohe Dauer-Performance. Zudem kommt das Porsche-Package mit kleineren Kabeldurchschnitten aus und ist kompakter und leichter als andere bekannte Systeme.
Anfang 2020 kommt die viertürige Sportlimousine Taycan auf den Markt und läuft im Porsche-Stammwerk in Zuffenhausen vom Band. Hierzu wurde auf dem Werksgelände eigens eine neue Produktionslinie aufgebaut, bei der die Energie weitgehend nachhaltig aus Wind, Wasser und Sonne erzeugt wird. Genau ein Jahr später, nämlich zum Jahresanfang 2021, wird das Angebot erweitert. Dann startet mit dem Taycan Cross Turismo ein Shooting Brake. Dieser bietet in seinem Innenraum mehr Platz, hat statt der regulären vier dann fünf Sitzplätze und soll unter seinem kombiartigen Heck zudem mehr Gepäckraum verstauen.
ReiseTravel Fact: Damit basiert Porsches Antriebs-Strategie jetzt auf drei Säulen. Neben den herkömmlichen Verbrennungsmotoren stehen mit dem Cayenne und Panamera zwei bekannte Plug-in-Hybride im Angebot. Mit dem neuen Taycan spielen nun auch reine Elektro-Fahrzeuge eine wichtige Rolle und werden zukünftig noch stärker in den Vordergrund gerückt. Bis 2022 will Porsche mehr als sechs Milliarden Euro in Elektromobilität investieren. Das Thema Diesel ist dagegen vom Tisch. Ihm haben die Zuffenhausener schon länger eine Absage erteilt.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Guido Borck.
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