Berlin

Vergessene Orte der „Welthauptstadt Germania“ in Berlin

Zur Erinnerung: In diesem Jahr jährt sich zum 70. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges. Dieser Weltkrieg wurde mit der Kapitulation von Hitler Deutschland am 8. Mai 1945 beendet. Adolf Hitler hatte am 30. April 1945 zusammen mit seiner soeben angetrauten Ehefrau Eva Braun in seinem Berliner „Führer Bunker“ Selbstmord verübt hatte.

Hitler hinterließ nicht nur riesige Trümmerlandschaften und zu über 60 Prozent zerstörte Städte in Deutschland, sondern auch verbrannte Erde in den östlichen Ländern Europas. Er wollte auch zusammen mit seinem Lieblingsarchitekten Albert Speer Berlin zur „Welthauptstadt Germania“ umgestalten. Das Grossgermanische Weltreich sollte eine angemessene Hauptstadt erhalten. Die Vollendung war für 1950 geplant.

Viele Relikte aus dieser Zeit sind auch heutzutage noch in Berlin zu finden. Zwischen 1935 und 1939 wurde mit dem Umbau der Charlottenburger Chaussee – heute Straße des 17. Juni, begonnen. Sie war ein Teilstück der geplanten 50 km langen Ost-West-Achse durch die Stadt. Albert Speer als „Generalbaumeister für die Reichshauptstadt“ hatte umfangreiche Kompetenzen erhalten und brauchte auf Einwände der Berliner Stadtverwaltung keinerlei Rücksicht zu nehmen.

Aus ästhetischen Gründen sollte die Ost-West-Achse nicht von Beleuchtungskörpern überspannt werden, weshalb von Speer eine neue Straßenlampe entwickelt wurde, deren ursprüngliches Modell auch heute noch den Straßenzug vom Theodor-Heuss-Platz bis zum großen Stern beleuchtet. Dabei handelt es sich um gusseiserne doppelarmige Laternen, die auf beiden Seiten der Straße Stehen.

Das „Ernst-Reuter-Haus“ an der heutigen Straße des 17. Juni wurde als „Haus des Deutschen Gemeindetages“ konzipiert und erst 1953 nach dem Krieg fertiggestellt. Eigentümer ist jetzt der Deutsche Städtetag.

Im Rahmen der geplanten Umgestaltung wurden zahlreiche Wohngebäude abgerissen, so auch in der Gegend, wo heute die 1963 eröffnete Philharmonie von Hans Scharoun und die Neue Nationalgalerie des Architekten Ludwig Mies van der Rohe sowie das Kulturforum stehen. Hier war damals bereits der „Runde Platz“ entstanden, an dem auch schon das Haus des Fremdenverkehrs erbaut worden war, das nach dem Krieg gesprengt wurde. Lediglich die 1846 von Friedrich August Stüler erbaute Kirche Sankt Matthäi, ein dreischiffiger Ziegelbau, blieb stehen und sollte später in den Stadtbezirk Spandau versetzt werden. Das Gemeindehaus war bereits abgerissen worden. Die im Krieg schwerbeschädigte Kirche wurde 1960 instandgesetzt.

Auch die Toten von St. Matthäus mussten weichen und wurden auf dem 1909 angelegten Südwestfriedhof Stahnsdorf erneut beigesetzt. Bis 1940 wurden circa 15.000 Tote von den Friedhöfen St. Matthäus und Zwölf Apostel umgebettet, so unter anderem Wilhelm Murnau, der Regisseur von „Nosferatu“, und der Vater des Architekten und Bauhaus-Gründers Walter Gropius.

Als 7 Kilometer lange Prachtstraße war die Nord-Süd-Achse vom heutigen Nordbahnhof bis zum Bahnhof Südkreuz geplant. Sie unterquerte in einem Tunnel die Ost-West-Achse an der heutigen Kreuzung der Straße des 17. Juni und der Yitzhak-Rabin-Straße in Höhe des Denkmals für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen sowjetischen Soldaten. An einem der dort stehenden Panzer ist der Einstieg in den Tunnel, der allerdings nicht mehr benutzbar ist.

Ein Triumphbogen in Form eines Tetrapylons sollte die Nord-Süd-Achse überspannen; 117 Meter hoch und 170 Meter breit. Der Südbahnhof sollte mit einer Länge von 800 Meter und 300 Meter breite größer als das Grand Central Terminal in New York werden. Hier sollten zukünftig die Staatsgäste empfangen werden und über den 1.000 x 330 Meter großen Bahnhofsvorplatz durch den geplanten Triumphbogen ins Zentrum Berlins gefahren werden.

Um die Bodenbelastbarkeit im märkischen Sand zu testen, auf dem der Triumphbogen errichtet werden sollte, wurde 1941 am Loewenhardtdamm im Bezirk Tempelhof ein 12.650 Tonnen schwerer „Schwerbelastungskörper“ auf einem sehr schmalen Sockel mit einer Höhe von 14 Meter gebaut. Den Auftrag zur Herstellung des Grossbelastungskörpers mit einem Durchmesser von 10 Meter erhielt die Firma Dyckerhoff & Widmann. Der Auftragswert betrug seinerzeit 400.000 Reichsmark. Der Schwerbelastungskörper widerstand nach 1945 allen Versuchen ihn zu beseitigen, sodass er 2009 restauriert wurde. Inzwischen ist er eine touristische Attraktion. Aus 14 Meter Höhe mit einen Rundblick auf die Berliner Stadtbezirke Tempelhof, Schöneberg und Kreuzberg, mit ihren Kirchen und dem stillgelegten Gasometer.

Die große Halle, auch als Ruhmeshalle bezeichnet, sollte als wichtigstes Gebäude nördlich vom Reichstag, in dem jetzt der Deutsche Bundestag seinen Sitz hat, erbaut werden. Mit einer Grundfläche von 315 x 315 Meter und einer Höhe von 320 Meter sollte es das höchste Kuppelgebäude der Welt werden und 180.000 Menschen Platz bieten. Zum Vergleich: Der Fernsehturm am Alexanderplatz ist 368 Meter hoch.

Es sollte nicht das einzige Monumentalbauwerk bleiben, mit dem Hitler Berlin als Welthauptstadt etablieren wollte. Geplant war auch der Bau einer Hochschulstadt mit einem riesigen Auditorium Maximum in der Nähe des Olympiastadions. 1937 wurde dort der Grundstein zur Wehrtechnischen Fakultät der Technischen Universität Berlin begonnen, deren Rohbau nach 1945 mit Trümmerschutt überdeckt wurde. Dort sollte auch die Deutsche Akademie für Luftfahrtforschung, das Heeresvermessungsamt, das Reichspatentamt, das Institut für Arbeitswissenschaft, das Reichsforstamt und ein Jagdmuseum entstehen. Daneben waren Restaurants und Sportplätze sowie die Bauten für die Charité geplant, deren Grundstück für den Bau der Großen Halle benötigt wurde. Durch die Aufschüttung mit den Trümmern der Ruinen Berlins entstand der 120 Meter hohe Teufelsberg, auf dessen Spitze sich jahrelang eine Radarstation der Amerikaner befand, deren Reste auch heute noch aus grosser Entfernung zu erkennen sind.

Die Messehallen am Funkturm wurden in den Jahren 1934 bis 1936 erbaut und werden auch jetzt noch für nationale und internationale Ausstellungen, wie die Grüne Woche oder die Internationale Funkausstellung genutzt. Die 40 Meter hohe Ehrenhalle mit den symmetrischen Flügelbauten - heute Palais am Funkturm, ist der Haupteingang zu den Ausstellungshallen.

Auf dem Gelände des heutigen Evangelischen Waldkrankenhauses Spandau waren barackenähnliche Bauten für die Tausende von Arbeitskräften, die für den großflächigen Abriss der Wohnbauten in der Stadt benötigt wurden, entstanden. 1939 waren rund 8.000 Arbeitskräfte aus dem Protektorat Böhmen und Mähren herangeschafft worden.

Im Rahmen der Planung des Umbaus von Berlin zur Welthauptstadt Germania wurde 1935 auch das Reichsluftfahrministerium an der Leipziger Ecke Wilhelmstrasse nach Plänen des Architekten Ernst Sagebiel errichtet, in dem Hermann Göring von 1933 bis 1945 als Reichsluftfahrtminister residierte. Es war damals das größte Bürogebäude Berlins mit 2.000 Büroräumen und 56.000 Quadratmeter Nutzfläche. Jetzt befindet sich in dem Gebäude das Finanzministerium der Bundesregierung.

Der nunmehr stillgelegte Flughafen Tempelhof wurde in den Jahren 1936 bis 1941 ebenfalls von Ernst Sagebiel als Weltflughafen nach dem neuesten Stand des Flughafenbaus errichtet. Das Olympiastadion Berlin entstand in den Jahren 1934 bis 1936 zu dem Olympischen Spielen im Jahre 1936 nach Plänen des Architekten Werner March. Sein Bau stand aber nicht in Zusammenhang mit den Plänen zum Umbau Berlins zur Welthauptstadt Germania.

Ein Beitrag für ReiseTravel von Edelgard Richter / Dela Press

Edelgard Richter ReiseTravelEdelgard Richter berichtet aktuell zum Thema: Berlin & Brandenburg intern

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