Berlin | Kaufhaus Jandorf |
Das markante Warenhaus Jandorf am Weinberg in Berlin Mitte ist heute eine der wertvollsten Immobilien Berlins: Eine Legende!
Tradition: Eröffnet wurde der Einkaufstempel - auch als kleine Schwester des KaDeWe bezeichnet - im Jahre 1904; heute steht es unter Denkmalschutz. Vor allem war das Haus im Alfred-Messel-Stil mit 10.000 Quadratmetern Fläche auf fünf Etagen in den Jahren der Weimarer Republik ein edel patinierter Kauftempel. Er diente bis Kriegsende als Verkaufsort der Hermann Tietz OHG. Als einziges der ehemaligen Jandorf-Warenhäuser überstand es den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet.
Tradition – Geschichte – Aktualität
Berlin Brunnenstraße – Veteranenstraße
Ende 1952 zog hier das Institut für Bekleidungskultur, später Haus der Mode der DDR ein. Modegestalter entwickelten hier Textil-, Konfektions- und Lederwarenkollektionen für die Industrie. Sie mussten angesichts der Rohstoffengpässe erfinderisch sein. Es ging vorrangig um praktische Mode. Das Modeinstitut versuchte natürlich, die Modegestalter durch sogenannte Moderichtlinien anzuregen. Dies geschah durch regelmäßig versandte Informationen, durch die größte Modezeitschrift der DDR, „Sybille“, und durch persönliche Gespräche.
Episode 1 DDR
Eine der Gestalterinnen am Modeinstitut der DDR war Elke Giese. Sie hatte in den siebziger Jahren Modegestaltung in Ost-Berlin studiert. Im Institut waren mehr als 200 Mitarbeiter beschäftigt. Es gab bis unters Dach Werkstätten für Schmuck, Hüte, Schuhe und Bekleidung. Reisen in den Westen war für Frau Giese tabu – aber sie konnte sich Bilder anschauen und sie analysieren. In der Bibliothek des Modeinstituts gab es die internationalen Ausgaben der Vogue und auch das westdeutsche Fachmagazin Textilwirtschaft. „Die hat keiner außer mir gelesen.“ Trotz vieler materieller Beschränkungen wurden zweimal im Jahr die Ergebnisse der Arbeit am Alexanderplatz erfolgreich vorgestellt. Im „Haus der Mode“ wurden auch internationale Modewettbewerbe mit Modefachleuten aus ganz Osteuropa abgehalten.
Episode 2 DDR
Zur Modenschau gehören Mannequins. Für sie gab es in der DDR auch Ausbildungsstätten. Die jungen Damen arbeiteten mehr oder weniger auf privater Basis freiberuflich. Aber auch im Osten umgab den Beruf des Mannequins die Aura leichten Geldverdienens. Beweis dafür war u. a. ein Test, den das Deutsche Modeinstitut Berlin veranstaltet hatte. In die Presse wurde eine Meldung lanciert, in der es hieß, junge Damen hätten Gelegenheit, sich als Mannequins zu bewerben. Unmittelbar nach Erscheinen der Notiz konnte sich das Institut kaum retten vor Bewerberinnen, unter ihnen gut verdienende weibliche Ökonomen, Ingenieure, Buchhalter, Post- und Reichsbahnangestellte, sogar eine Ärztin.
Episode 3 DDR
1973 fanden in Berlin die „Weltfestspiele“ statt. Ein Vorbereitungskomitee plante im Haus des Modeinstitutes das Programm „Laufsteg“. Zwischen Alex und Strausberger Platz sollte ein langer Laufsteg gebaut werden und darauf täglich wechselnde Programme mit aktueller Mode gezeigt werden. Projektleiter Gerald H. Ueberscher: „Daraus wurde im Endeffekt nichts: Die DDR Modeindustrie war nicht in der Lage, die Vielfalt der Bekleidung herzustellen. Alternativ haben wir die Veranstaltung „Glückwunsch den Geburtstagskindern“ entwickelt“, und diese wurde täglich aufgeführt.
Übrigens: Das Mega-Event „Glückwunsch den Geburtstagskindern“ fand täglich auf dem Alexanderplatz Berlin statt. Der „Glückwunsch“ gehörte zu den Hauptprogrammen, der Alexanderplatz war voller Menschen und nicht nur die Geburtstagkinder erhielten starken Applaus.
Nach 1990: Nach dem Mauerfall war das Gebäude in der Brunnenstraße eine der begehrtesten Event-Locations – für Kunst-Projekte, edle kleine Messen, die Fashion Week und exklusive Partys. Der westdeutsche Hotelier Jacob Schultz aus Frankfurt hatte den Palast 1993 von der Treuhand gekauft, konnte aber seine Sanierungspläne nicht vollenden. Inzwischen haben seine Erben einen langfristigen Mietvertrag mit der Daimler AG abgeschlossen. Der Stuttgarter Konzern wird hier eine exklusive Hauptstadtrepräsentanz einrichten. Dann kann sich - wie in Gründerzeiten - wieder eine vermögende Kundschaft zum Kaufrausch einfinden.
Verhüllung – Heute Baustelle: Demnächst: Mercedes Benz Disign Center
Berlin wächst – täglich!
Kaufhaus Jandorf. Brunnenstraße 19-21, D-10119 Berlin. www.k-jandorf.com
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Günter Knackfuß. Freier Journalist.
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