Berlin

Vom Anleger in Berlin-Treptow geht es mit einem Schiff der Stern und Kreisschifffahrt vorbei an der Halbinsel Stralau, auf der in den letzten Jahren zahlreiche Townhouses erbaut wurden.

Schiff ahoi: Besiedelt wurde das Areal bereits vor über 5.000 Jahren durch germanische Fischer und Bauern, wie archäologische Funde beweisen. 1769 verzeichnet die Chronik elf Fischerfamilien.

Zur Schonung der Jungfische war das Fischen von Ostern bis zum Bartholomäustag verboten.

Kurfürst Johann Georg von Brandenburg (1525-1598) führte den Stralauer Fischzug ein, der jeweils am 24. August mit Anfischen und einem großen Volksfest begangen wurde. Traditionell erhielten die Geistlichen dann einen Anteil am Fischfang. 1873 wurde das Fest verboten, da es in Saufgelagen und Schlägereien endete.

Im 20. Jahrhundert siedelte sich Industrie auf der Halbinsel an. So entstand hier unter anderem eine Glasfabrik, die bis 1997 Flaschen produzierte sowie eine Teppichfabrik, Das denkmalgeschützte Flaschenabfüllgebäude, der Engelhardt-Brauerei von 1885 das bis 1990 in Betrieb war und 2012 zu Wohnzwecken umgebaut wurde, und der ebenfalls denkmalgeschützte Palmölspeicher an der Rummelsburger Bucht, in dem sich jetzt Wohnungen befinden.

Von dem 1895 bis 1899 gebohrten ersten Unterwassertunnel Berlins ist nichts mehr vorhanden. Es war ein Versuchsbau für die geplante U-Bahnstrecke in Berlin, die 1902 in Betrieb genommen wurde. Der Tunnel wurde 1947 zugeschüttet. Bis 1932 fuhr hier eine Straßenbahn von Stralau nach Treptow.

Die Dorfkirche von Stralau aus dem 15. Jahrhundert steht zwischen Spree und Rummelburger See. Der hölzerne Glockenturm wurde 1824 durch einen neugotischen Glockenturm ersetzt. 1934 wurde eine Neigung des Turms festgestellt; seitdem ist er schief. Im Februar 1945 erhielt die Kirche einen Bombentreffer. Von 1947 bis 1949 wurde sie wieder aufgebaut und 1951 neu geweiht.

An der Steuerbordseite befindet sich der Treptower Park mit dem Plänterwald. Dort ist auch der Spreepark mit den Überresten an Attraktionen, wie Achter- und Wildwasserbahnen sowie Karussells. Es ist geplant, das Riesenrad und die Parkeisenbahn zu sanieren und wieder in Betrieb zunehmen.

Rechterhand ist „Zenner“ zu sehen, ein Gasthaus mit Biergarten. Es entstand in den 1820er Jahren. Im 2. Weltkrieg wurde es zerstört; der Rest wurde abgerissen. Von der DDR neu aufgebaut, wurde es HO-Gaststätte. Jetzt gehört es der Stadt Berlin, ebenso wie das Eierhäuschen, ebenfalls eine gern besuchte Ausflugsgaststätte.

Berlin Müggelsee by ReiseTravel.eu

Entstanden ist das Eierhäuschen in der Mitte des 19. Jahrhunderts, brannte allerdings mehrmals ab und wurde wieder aufgebaut; zuletzt 1892. Seinen Namen soll es nach einem Schock Eier (60 Stück) erhalten haben, die dem Gewinner eines Ruderwettbewerbs überreicht wurden. Nach 1991 wurde das Eierhäuschen dem Verfall preisgegeben. Nunmehr will es der Senat von Berlin sanieren. 2021 soll es fertig sein.

An der Backbordseite ist die Insel der Jugend zu sehen, die 1896 zur Gewerbeausstellung aufgeschüttet wurde und bis 1949 Abtei-Insel hieß. 1950 wurde hier ein Mädchenwohnheim errichtet, das zehn Mädchen Platz bietet und heute noch in Betrieb ist. Ein Jugendklub bietet wechselnde Veranstaltungen an.

Weiter geht die Fahrt, vorbei am ehemaligen Gefängnis Rummelsburg, das 1990 aufgelöst wurde. Inzwischen wurden dort 150 Wohnungen und Lofts eingerichtet.

Schon von Weitem ist der 59 m hohe Wasserturm mit seiner Pickelhaube am S-Bahnhof Ostkreuz zu sehen. Er wurde zwischen 1909 und 1912 zur Wasserversorgung der Lokomotiven errichtet und steht unter Denkmalschutz. Inzwischen an einen Investor verkauft; derzeit nutzt ihn der Fritz-Club des Senders Fritz. Rund 40 Interessenten wollten den Turm kaufen.

An der Steuerbordseite ist Kraftwerk Klingenberg zu sehen, das über 300.000 Haushalte mit Strom und Wärme versorgt. 1926 für die Bewag errichtet, gehört es jetzt zum Vattenfall-Konzern.

Daneben ist das ab 1951 von der DDR errichtete Funkhaus Nalepastraße zu sehen mit seinen Aufnahme- und Sendestudios, den Sprecher- und Regieräumen sowie dem großen Sendesaal, wo ebenfalls Musikaufnahmen eingespielt werden. Nach wechselnden Eigentümern kaufte ein Konsortium das denkmalgeschützte Haus und will es zu einem Veranstaltungsort, vorzugsweise für Rockkonzerte entwickeln.

An der Steuerbordseite zweigt der Teltowkanal ab, der an der Glienicker Lake bei Potsdam endet, wo er Anschluss an die Havel hat.

Auf der linken Seite liegt Niederschöneweide mit seinem ausgedehnten Gewerbegebiet und rechts ist Oberschöneweide. Von 1901 bis 1934 baute hier die Nationale Automobil Gesellschaft AG Luxusautos, Busse und Lkw, die sogenannten NAG-Autos. 1934 übernahm Auto Union die Firma.

An Spindlersfeld vorbei kommt nun die Altstadt von Köpenick in Sicht.

Spindlersfeld erhielt seinen Namen 1873 nach der von Wilhelm Spindler 1832 gegründeten Großwäscherei, der als Erster die Trockenreinigung mit Benzol einführte. 1922 übernahm Schering den Betrieb, der 1949 in Volkseigentum überführt wurde und den Namen Rewatex erhielt. Nach der Wende wurde das Gelände von einem Investor gekauft, der dort Wohnungen und Stadtvillen baute.

Das Schiff fährt nun von der Dahme in die Spree ein. An der Backbordseite fließt die Alte Spree um die Baumgarteninsel herum, auf der sich Kleingärten befinden. Die Insel ist nur mit dem Boot zu erreichen. Rechts ist die Altstadt von Köpenick zu sehen.

Köpenick wird bereits 1210 urkundlich erwähnt. An der Backbordseite kann man das Schloss Köpenick an der Langen Brücke zu sehen. Hier stand einstmals eine slawische Burg aus dem 8. oder 9. Jahrhundert. Die Verlängerung der Langen Brücke führt direkt zum Köpenicker Rathaus, wo eine Bronzeskulptur von Schuster Friedrich Wilhelm Vogt in Lebensgröße steht, der 1906 als Hauptmann von Köpenick Furore machte. Carl Zuckmayer setzte ihm mit einem Schauspiel ein Denkmal. Inzwischen gibt es nicht nur das Schauspiel „Der Hauptmann von Köpenick“, sondern auch ein Musical sowie einen gleichnamigen Film.

Bereits im 15. Jahrhundert gab es anstelle der Langen Brücke eine Holzbrücke, die 1892 durch eine Steinbrücke ersetzt wurde, die jetzt unter Denkmalschutz steht. In den 1990er Jahren wurde die Lange Brücke im Rahmen von Sanierungsarbeiten verbreitert. Zu sehen ist auch der 65 m hohe Turm der Laurentius-Kirche, die 1841 den Vorgängerbau von 1245 ersetzte, der wegen Einsturzgefahr abgerissen werden musste.

Die Salvador-Allende-Brücke wird unterquert. Rechts ist das Salvador-Allende-Viertel, das in den 1970er Jahren erbaut wurde. Links liegt der Ortsteil Hirschgarten, der Ende des 19. Jahrhunderts entstand. Bei den Bauarbeiten wurde eine heiße Quelle entdeckt, die jedoch später versiegte, so das der Solbadebetrieb eingestellt werden musste.

Vorbei am steuerbord gelegenen Flussbad Kamerun, das idyllisch auf einer ehemaligen Bootswerft gelegen ist, kommt man auf die Müggelspree. Links liegt der Ortsteil Friedrichshagen mit der bekannten Bölschestraße. An steuerbord befindet sich der 120 Meter lange Spreetunnel für Fußgänger, dessen Oberkante vier Meter unter dem Wasserspiegel liegt und daher von Schiffen problemlos überfahren werden kann. Er wurde 1927 als erster Tunnel aus Eisenbeton in Senkkasten-Bauweise erbaut und kostete eine Million Reichsmark. Der Tunnel verbindet die Kämmereiheide mit dem Müggelpark in Friedrichshagen und ist Teil des Rad- und Wanderweges rund um den Müggelsee.

Berlin Müggelsee by ReiseTravel.eu

Das Schiff fährt nunmehr in den Großen Müggelsee ein. Er ist 4,3 km lang und 2,5 km breit und bis zu 8 m tief. Die Müggelberge sind an der Steuerbordseite zu sehen. Die höchste Erhebung ist 115 m hoch.

In der Ferne ist der Müggelturm zu sehen, der auf dem 88 m hohen Kleinen Müggelberg steht und 1961 errichtet wurde. 1945 sollte der Turm beim Einmarsch der Roten Armee gesprengt werden, aber der Turmgastwirt zerschnitt die Leitungen. Bereits 1880 ließ Carl Spindler einen 27 m hohen Turm in Holzbauweise errichten, der 1958 abbrannte. Der jetzige Turm ist 29 m hoch; die Aussichtsplattform ist über 126 Stufen zu erreichen. Leider ist der Turm nicht barrierefrei, weshalb Überlegungen bestehen, einen moderneren Zwillingsturm zu bauen. Inzwischen gibt es auch wieder einen kleinen Restaurantbetrieb.

An der Steuerbordseite sieht man das Wasserwerk Friedrichshagen, das 1899 in Klinkerbauweise errichtet wurde und 1893 seinen Betrieb aufnahm. Es versorgt heute noch Berlin mit Trinkwasser. Der stillgelegte Teil wird als Museum genutzt; es wird die Geschichte der Wasserversorgung gezeigt.

Ein Stück weiter ist das Strandbad Müggelsee, bekannt als Strandbad Rahnsdorf. Es steht unter Denkmalschutz, hat 500 Meter Strand und einen FKK-Bereich. Hier können täglich bis zu 25.000 Badegäste baden.

Auf der anderen Seite des Müggelsees wird das Restaurant Rübezahl mit seinem großen Biergarten sichtbar; ein sehr beliebter Ausflugsort. An der Station Müggelpark in Friedrichshagen ist dann die erlebnisreiche Spreefahrt zu Ende.

Ein Beitrag für ReiseTravel von Edelgard Richter / Dela Press

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