Berlin

Zweierlei Maß bei kleinen Geschenken an Staatsdienern oder unvernünftige Gesetze

Geschenke für Beamte: Im Januar 2013 kam vom Senat Berlin eine überarbeitete Verordnung zu Geschenken an Landesbedienstete heraus. Darin wird klar festgelegt, der Wert darf den Betrag von zehn Euro nicht übersteigen. Das gilt für alle Beschäftigten des Bundeslandes Berlin. Der Chefarzt eines Krankenhauses ist genauso von dieser Vorschrift betroffen wie ein Müllmann oder ein Feuerwehrmann.

In Berlin machte der Fall einer Lehrerin unlängst Schlagzeilen, die zu einer Geldstrafe in Höhe von 4.000 Euro „verdonnert“ worden war. Was war passiert? Die Eltern einer Klasse wollten der Lehrerin ihren persönlichen Dank für jahrelange Lehrtätigkeit zum Ausdruck bringen. Die Pädagogin erhielt von der Elternschaft ein Geschenk in Höhe von 200 Euro. Ein anderer Pädagoge, zeigte seine Kollegin bei der Schulaufsicht an. Am Ende kam die Strafe heraus, die eine Verzwanzigfachung des Wertes des Geschenks ausmacht.

Es ergeben sich natürlich zahlreiche Fragen zu dieser zehn Euro Regelung. Manche Frage wurde bis heute noch gar nicht geklärt oder sorgt für Verwirrung. Beim Müll ist es so geregelt: Eine Müllwagenbesatzung darf ein Geschenk im Wert von bis zu zehn Euro annehmen. Es ist den Müllmännern untersagt, von einem Hausbesitzer Geschenke anzunehmen, wenn er den Fahrer des Müllwagens und die beiden Besatzungsmitglieder des Müllwagens mit je zehn Euro beschenken möchte. In einer Schule hingegen darf ein Elternpaar pro Fachlehrer ein Geschenk überreichen. Somit darf die Kunstlehrerin ebenso beschenkt werden wie der Sportlehrer. Eine Grauzone ist bis heute immer noch, ob ein Lehrer sich strafbar macht, wenn er zwei Geschenke von einem Elternpaar annimmt, dass zwei Kinder auf der Schule angemeldet hat. Unterrichtet dieser Lehrer beispielsweise in der dritten Klasse einen Schüler und dessen Schwester in der vierten Klasse und am letzten Schultag vor den Sommerferien beschenken die Kinder im Auftrag der Eltern den Lehrer mit je zehn Euro Geschenken, ist schon eine Verwirrung vorhanden. Es hat ein Elternpaar diesen Lehrer mit Geschenken ausgestattet, aber es sind zwei Kinder in verschiedenen Klassen. So mancher Schulleiter hat intern dem Kollegium geraten, nur ein Geschenk pro Elternpaar anzunehmen, andere Direktoren sehen hingegen in einer doppelten Geschenkannahme in einem solchen Fall nichts Negatives.

Da es so viel Unsicherheit in Sachen Geschenke immer noch gibt, haben der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Bürgermeister Frank Henkel, der als Innensenator für das gesamte Berliner Personal zuständig ist, nunmehr verlautbaren lassen, es erfolge eine Überprüfung der bestehenden Vorschriften. Hintergrund der Vorschriften war, den Anschein zu vermeiden, eine Behörde und ein Mitarbeiter seien käuflich. Damit es nicht heißt, weil ein Geschenk überreicht worden ist wurde der Antrag genehmigt oder ein Antrag wurde in Windes eile bearbeitet, gilt die starre zehn Euro Regelung vorerst immer noch. Wer sich dankbar gegenüber dem Land und seiner Bediensteten zeigen möchte, kann das weiterhin uneingeschränkt in Millionenhöhe tun, so er das wünscht. Hat beispielsweise ein Berliner Feuerwehrmann unter Einsatz seines Lebens eine Frau und ihr Baby aus einer brennenden Villa vor dem sicheren Flammentod gerettet, darf der dankbare Ehegatte und Papa, der zum Zeitpunkt des Feuers in seiner ihm gehörenden Fabrik weilte, beispielsweise die gemeinnützige Freiwillige Feuerwehr Frohnau mit einer Spende im mehrstelligen Bereich ausstatten. Dafür erhält der Gönner sogar von dem gemeinnützigen Verein eine Spendenquittung, die der Spender wiederum beim Finanzamt geltend machen kann. Er darf aber nicht den Retter mit mehr als einem zehn Euro Geschenk bedenken. In diesem Fall auch nicht mit zwanzig Euro, obwohl der tapfere Feuerwehrmann ja eine Frau und ein Baby gerettet hat. Da gilt nicht die Vorschrift, pro gerettetem Menschen zehn Euro. Wie erwähnt, diese strikten Regelungen betreffen nur Landesbedienstete.

Der Bund, jedes Bundesland und jede Kommune haben ihre eigenen Regelungen, die aber kaum voneinander abweichen. Wäre in unserm Brandfall die Frau mit ihrem Baby zu Besuch beim Gatten in der Fabrik gewesen und dort hätte der Werksfeuerwehrmann die beiden vor dem Flammentod gerettet, der Herr Firmeninhaber könnte seinem Mitarbeiter eine Villa auf Sylt und ein Eigenheim in Dahlem schenken. Der Werksfeuerwehrmann dürfte es annehmen, da er ja nicht den Gesetzen des Landes Berlin unterliegt, was Geschenke betrifft. Vielleicht sollte der gesunde Menschenverstand bei allen Beteiligten die Maßregel aller Geschenke sein.

Lädt ein Immobilieninvestor den Leiter des Bauordnungsamtes ein, seine Ferienwohnung auf Mallorca kostenlos für einige Tage bewohnen zu dürfen, muss ein klares NEIN vom Beamten kommen. Hier sollte jedem Beteiligten klar sein, ein solches Angebot wird nicht ohne böse und hinterlistige Absichten verschenkt.

Das Bezahlen einer Hotelrechnung durch einen Freund und Geschäftspartner hat einem deutschen Staatsoberhaupt einst das Amt gekostet. Dieser mittlerweile ehemalige Bundespräsident hat sich juristisch gesehen gar nicht einmal strafbar gemacht. Im Badischen sagen die Leute aber in solchen Fällen: „Es hat ein Geschmäckle.“ Bei solchen Einkommensverhältnissen darf ein Politiker sich eben nicht moralisch ins Abseits stellen und teure Geschenke annehmen. Es gibt eine Vorbildfunktion, die gerade von den Herrschaften „da ganz oben“ eingehalten werden muss, wenn sie glaubwürdig bleiben möchten. In unserer Zunft, der Journalisten, macht sich jeder Pressevertreter ja auch vollkommen zu Recht Gedanken. Lädt der Interviewpartner, sei es nun ein Politiker oder Filmregisseur, in seinem Büro zum Kaffee und Gebäck ein, ist sicherlich dies nur eine Geste der Höflichkeit gegenüber dem Gast.

Es gilt, bei jedem Geschenk zu fragen, ist es reine Höflichkeit oder Bestechung?

Es gilt auch, die berühmte Kirche im Dorf zu lassen. Eine Tasse Kaffee, ein normaler Blumenstrauß oder ein Buch im untersten Preissegment sind keine Bestechung, sondern gehen über das normale Danke sagen hinaus. Sollte tatsächlich ein Landesbediensteter so gierig und dumm sein, die Hand aufzuhalten, sieht das Beamtenrecht schwere Strafen vor. Das kann die sofortige Entfernung aus dem Dienst sein und der Verlust der Pensionsansprüche. Wem es das wert ist als Gegenzug für „größere“ Geschenke, hat nichts im Landesdienst zu suchen. Es gilt, alle gleich zu behandeln. www.berlin.de

Der Autor meint: Wer einem Landesbediensteten einmal von Herzen DANKE sagen möchte, kann das mit einer kleinen Aufmerksamkeit gerne tun. Es heißt im Volksmund ja nicht von ungefähr: „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.“ Klar wird hier das Wort „klein“ betont. Nun kann ein goldener Ring auch klein sein, aber jeder Landesbedienstete und jeder Bittsteller im Amt oder jedes Elternteil, dass den Lehrer des Kindes aufsucht, haben ein Hirn. Es schadet niemals, wenn sowohl Landesbedienstete als auch die Bürger es einschalten. Eine am Ende nur aus korrupten Mitarbeitern bestehende Verwaltung kennen wir in Berlin und Deutschland insgesamt noch nicht. Das soll auch niemals anders werden.

Ein Beitrag für ReiseTravel von Volker T. Neef.  

Volker T. Neef ReiseTravel.euUnser Autor berichtet aus der Bundeshauptstadt und ist in Berlin wohnhaft.

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