Berlin

Der Kurfürstendamm in Berlin ist eine Straße im Wandel der Zeiten

Geschichte einer Straße in Berlin: Neben der Straße Unter den Linden ist der 3,5 km lange Kurfürstendamm in der City West von Berlin wohl die bekannteste Straße Berlins. Unter Kurfürst Joachim II. von Brandenburg wurde um 1542 durch den Morast ein Bohlendamm vom Berliner Stadtschloss zum Jagdschloss Grunewald angelegt, der als Reitweg genutzt wurde. Bereits 1443 stand an der Stelle des Berliner Schlosses eine Burg, von der aus die Handelswege über die Spreeinsel kontrolliert wurden. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg weitgehend abgetragen und durch die Baumeister Caspar Theiss und Kunz Buntschuh eine prächtige Residenz erbaut. Vorbild war das Schloss Hartenfels in Torgau an der Elbe. Das Berliner Schloss wurde ab 1699 von Andreas Schlüter weiter ausgebaut und die Privat- und Repräsentationsräume mit prächtigen Deckengemälden versehen. Der von ihm erbaute Münzturm am Schloss drohte aus statischen Gründen einzustürzen, weshalb Schlüter entlassen wurde und Johann Eosander von Göthe sein Nachfolger wurde. Der von ihm vorgelegte Erweiterungsplan scheiterte jedoch an der Sparsamkeit von König Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig (1688 bis 1740). In späteren Jahren wurde dann jedoch durch Friedrich August Stüler und Albert Dietrich Schadow von 1845 bis 1853 der Kuppelbau am Schloss errichtet.

Das Jagdschloss Grunewald, das der Reitweg mit dem Berliner Schloss verbinden sollte, ist das derzeit älteste noch erhaltene Schloss in Berlin. Es wurde 1542/1543, vermutlich nach Plänen von Caspar Theis erbaut. Vor einigen Jahren wurde es durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten komplett renoviert und wird nunmehr als Museum für eine Ausstellung von Gemälden von Lucas Cranach d Ä. und seinem Sohn sowie niederländischen und deutschen Malern aus der Zeit vom 15. bis zum 19. Jahrhundert genutzt. Außerdem ist eine Jagdzeugsammlung zu besichtigen.

Die Entwicklung des Kurfürstendamms zu einem Boulevard ist dem Reichskanzler Otto von Bismarck zu verdanken, denn ursprünglich sollte es eine Wohnstraße werden. In einem Brief forderte Bismarck: „Die Straße am Kurfürstendamm wird nach den jetzt bestehenden Absichten viel zu eng werden, da dieselbe voraussichtlich ein Hauptspazierweg für Wagen und Reiter werden wird. Denkt man sich Berlin so wie bisher wachsend, so wird es die doppelte Volkszahl noch schneller erreichen als Paris von 800.000 Einwohnern auf 2.000.000 gestiegen ist. Dann würde der Grunewald etwa für Berlin das Bois de Boulogne und die Hauptader des Vergnügungsverkehrs dorthin mit einer Breite wie die der elysäischen Felder durchaus nicht zu gross bemessen sein.“. Bismarck dachte vermutlich an die Champs-Elysees in Paris; jedoch wurde der Kurfürstendamm mit einer Breite von 53 Meter nur halb so breit wie die Straße in Paris. Der Ausbau zum Boulevard musste jedoch privat finanziert worden. Die neu gegründete „Kurfürstendamm-Gesellschaft“ erhielt in Kompensation ein Vorkaufsrecht von 234 ha Wald und baute hier die Villenkolonie Grunewald. Damit endete der Boulevard jedoch nicht im Wald.

Mit dem Ausbau der Straße begann man 1883. Die Dampfstraßenbahn vom Zoologischen Garten nach Halensee, einem See in unmittelbarer Nähe des Grunewalds, befuhr den Kurfürstendamm erstmals am 5. Mai 1886.  Bis zur Einstellung der beiden Straßenbahnlinien befuhr einige Jahre später die „Elektrische“ den Kurfürstendamm. Bereits 1882 entstand am Ufer des Halensee das „Wirtshaus am Halensee“, zu dem man mit der Kutsche fuhr und ein Picknick einnahm, nach dem Motto „hier können Familien Kaffee kochen“, was in vielen Landgaststätten um Berlin üblich war. 1904 wurden die „Terrassen am Halensee“ eröffnet, die 1909 in „Lunapark“ umbenannt wurden. Hier befand sich auch die erste Rolltreppe von Berlin. Schon das Wirtshaus bot den Berliner Ausflüglern Attraktionen in Form von einem Karussell, sowie Schiess- und Würfelbuden. Nach und nach entstand nach dem Vorbild von Coney Island in New York der „Lunapark“ mit Theater, Kabarett, Revuen, Jazzmusik, Boxkämpfen, einem Hippodrom und einer Wasserrutschbahn. Hier gewann 1926 Max Schmeling seinen ersten Titelkampf . Der Lunapark war zu seiner Zeit der größte Vergnügungspark Europas. Er bestand von 1909 bis 1933, dann musste er schließen, weil die Besucher nach dem Ersten Weltkrieg und der Inflationszeit nicht mehr so zahlreich kamen.

Der Kurfürstendamm entwickelte sich vor dem Ersten Weltkrieg in Konkurrenz zu der Prachtstraße Unter den Linden zu einem Vergnügungs- und Einkaufszentrum. Zahlreiche Kinos und Cafés säumten die Flaniermeile. Da gab es die traditionsreiche „Filmbühne Wien“, 1913 eröffnet; das „Marmorhaus“ eröffnete 1913, der „Gloria-Filmpalast“ 1926; das „Universum“ als größtes Kino Berlins 1928; der „Ufa-Filmpalast“ 1948, der zur Astor Film-Lounge umgebaut wurde; „Cinema Paris“ eröffnete 1950;  „MGM“ (Metro-Goldwyn-Mayer) 1956 und „Filmkunst 66“ erst 1971.  Inzwischen gibt es nur noch drei Kinos und auch viele der lange Jahre bestehenden Cafés sind verschwunden. Weit über die Grenzen Berlins hinaus war das 1932 eröffnete Café Kranzler am Kurfürstendamm / Ecke Joachimstaler Straße, im Krieg zerstört und 1958 mit Rotunde wieder aufgebaut, das auch heutzutage besucht werden kann. Gegenüber befindet sich eine unter Denkmalschutz gestellte 4,5 Meter hohe Verkehrskanzel aus den 1950er Jahren, von der aus Polizisten die Verkehrsampeln an der Kreuzung von Hand schalteten. Seit 1962 ist sie nicht mehr in Betrieb. Ein erstes Hochhaus wurde 1974 als „Kudamm-Karree“ mit Einzelhandelsgeschäften und Gaststätten erbaut. Es soll in den nächsten Jahren nach Plänen des britischen Star-Architekten David Chipperfield umgebaut werden. Die bei dem Berliner Publikum sehr beliebten Theater „Komödie“ und „Theater am Kurfürstendamm“ wurden beim Bau des Kudamm-Karrees in den Komplex integriert. Bereits 1924 wurde die „Komödie“ von dem berühmten Theater-Regisseur Max Reinhardt erbaut und mit der Komödie „Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni eröffnet. Zur Premiere kamen unter vielen anderen Prominenten der damalige Reichskanzler Wilhelm Marx und Außenminister Gustav Stresemann. 1928 übernahm Max Reinhardt nach Umbau auch das „Theater am Kurfürstendamm“. Das berühmte „Kabarett der Komiker (KadeKo) war auch in der „Komödie“ zu Hause. Im KadeKo traten unter anderem auf: Lale Andersen, Heinz Erhardt, Werner Finck und Curth Flatow. Die jetzige Ausstellung „Story von Berlin“ im Untergeschoss des Hochhauskomplexes zeigt 800 Jahre Stadtgeschichte. Hier befindet sich auch ein Atombunker, der rund 3.600 Personen Platz bietet. Der Bunker ist nach wie vor funktionstüchtig, nach einem Atomschlag – womit derzeit allerdings nicht zu rechnen ist – jedoch nur 14 Tage nutzbar. Das von Erich Mendelsohn 1928 errichtete und im Krieg zerstörte Kino „Universum“ wurde 1969 wieder aufgebaut und diente als Tanzlokal und Musicaltheater. In den Jahren 1978 bis 1981 wurde das denkmalgeschützte Haus zu einem multifunktionalen Theatergebäude umgebaut, der „Schaubühne am Lehniner Platz“.

Denkmalgeschützt ist auch das „Haus Cumberland“, zu Ehren des 3. Herzogs von Cumberland Ernst August benannt, erbaut 1911/1912, das im Laufe seines Bestehens ständig wechselnde Nutzer hatte. 2013 wurde das Haus umfassend saniert und umgebaut. Es entstanden Luxuswohnungen, die von In- und Ausländern als Kapitalanleger gekauft wurden. Im Erdgeschoss befindet sich das Restaurant „Grosz“, benannt nach dem deutsch-amerikanischen Maler und Karikaturisten George Grosz.

Schon lange ist das 1926 eröffnete jüdische Leinenhaus Grünfeld, dessen Stammsitz sich im schlesischen Landshut befand, an der Ecke Kurfürstendamm / Joachimstaler Straße verschwunden. Jetzt haben internationale Modelabels, wie Valentino, Dolce Gabana, Bogner, Lacoste, Escada, Luis Vuitton, Boss oder die Juweliere Christ, Cartier und Bulgari ihr Domizil am Kurfürstendamm. Ein markantes Wahrzeichen ist die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die Kaiser Wilhelm II. in Auftrag gab. Sie wurde 1895 eingeweiht, im November 1943 durch Brandbomben zerstört und nach Entwürfen des Architekten Egon Eiermann mit einem oktogonalen Kirchenschiff wieder aufgebaut. Der 71 Meter hohe Hauptturm der alten Kirche blieb halb zerstört erhalten und wurde bautechnisch gesichert. Erhalten geblieben sind auch einige prachtvolle Mosaik-Bilder im Foyer der Kirche, die Szenen vom kaiserlichen Hof darstellen. Die neu erbaute Kirche erhielt Wände aus mehr als 20.000 Glasfenstern, die das Gebäude insbesondere bei Dunkelheit blau erstrahlen lassen. Die Einweihung fand 1961 durch den Landesbischof Otto Dibelius statt. Aus dem alten Hauptturm erklingt zu jeder vollen Stunde das von dem Kaiserenkel Prinz Louis Ferdinand komponierte Glockenspiel „Üb immer Treu und Redlichkeit“.

Ein Kuriosum am Kurfürstendamm ist, dass es die Hausnummern 1 bis 10 nur bis zum Tode des Reichspräsidenten Friedrich Ebert am 28. Februar 1925 gab. Ihm zu Ehren wurde die damalige Budapester Straße zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz in Friedrich-Ebert-Straße umbenannt. Man wollte jedoch Ungarn nicht brüskieren und nannte deshalb den Kurfürstendamm 1 bis 10 ersatzweise in Budapester Straße um.

Ein Beitrag für ReiseTravel von Edelgard Richter / Dela Press

Edelgard Richter ReiseTravel.euEdelgard Richter berichtet aktuell zum Thema: Berlin & Brandenburg intern

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