Berlin | Misery von Stephen King |
Misery im Schlossparktheater Berlin mit Franziska Troegner und Jörg Schüttauf
Stephen King auf Bühne: Der 1947 geborene US Schriftsteller Stephen King ist bekannt für seine Horrorromane und gehört zu den meistgelesenen lebenden Autoren. Bis heute wurden über 400 Millionen Bücher weltweit verkauft. 1987 schrieb er das Kriminalstück Misery. In diesem Werk geht es um den erfolgreichen Schriftsteller Paul Sheldon. Angetrunken kommt er mit seinem Auto von der winterlichen Straße ab und wird schwer verletzt. In einer einsamen Gegend der USA rettet Annie Wilkes den Autor. Die alleinstehende Frau nimmt den Autor in ihr Haus auf. Annie ist ausgebildete Krankenschwester. Schnell wandelt sich die fürsorgliche Krankenschwester zu einer für Paul äußerst gefährlichen Person. Sie droht damit, ihn und dann sich mit dem Jagdgewehr zu erschießen.
Hintergrund ihres Sinneswandels ist die Tatsache, sie hat in den Unterlagen des Schwerverletzten gestöbert hat. Dabei musste sie feststellen, er will die von ihr so geliebte Misery am Ende des neuen Romans sterben lassen. Der ans Bett gefesselte Sheldon ist einer nervenkranken Frau hilflos ausgeliefert. Er muss das jetzt schreiben, was „sein größter Fan“ hören und lesen will. Ist der Autor nicht folgsam, wird ihm ein Bein zertrümmert. Seine teuflische Gastgeberin schreckt auch nicht davor zurück, damit zu drohen, das noch gesunde Bein ebenfalls zu zertrümmern. Auf der kleiner Farm lebt eine Sau, die der große Fan Annie den Namen Misery gegeben hat. Wilkes teilt dem Schriftsteller auch mit: „Ich liebe Sie.“ Paul hat jedoch tagtäglich Angst um sein Leben. Annie hat keine Skrupel, ihn zu quälen, wo sie kann. Ist „der Patient, dem ich das Leben gerettet habe“ nicht artig, erhält der Schwerverletzte tagelang keine Schmerztabletten. Sein lautes Schreien stört auf der einsamen Farm Annie nicht. Sie sorgt sich nicht zu sehr um seine Genesung, sondern nur darum, dass er ihre Misery nicht sterben lässt. Sie kauft im sogar eine gebrauchte Schreibmaschine „die 45 Dollar kosten sollte. Ich konnte jedoch auf 35 Dollar runter handeln.“ Das die Maschine altersbedingt kein „N“ tippen kann, stört Wilkes nicht. Sie füllt per Kugelschreiber das „N“ aus, das Paul nicht tippen konnte. Noch mehr steigert sich Sheldons Angst, als die Krankenschwester ihm mitteilt, sie habe als Mitarbeiterin in einem Seniorenheim auf ihre Art und Weise für Ruhe gesorgt. Die Sterberaten stiegen an. „Was kann ich dafür? Die Leute waren ja alt“, erklärt sie die hohen Sterberaten während ihrer dortigen Tätigkeit. Als sie auf der Kinderstation eines Krankenhauses arbeitete, kam es dort ebenfalls zu hohen Sterberaten. Für Annie kein Problem. „Babys haben doch noch gar keine Seele.“ Es kam zu einem Prozess gegen die Krankenschwester, der aber für Annie keine negative Folgen hatte. Der Richter sprach sie Mangels Beweisen frei. In der Untersuchungshaft habe sie nur eines am Leben gehalten, kann sie berichten. „Das war meine Misery. Obwohl ich alle Romane schon kannte, las ich sie in der Haft immer und immer wieder.“
Misery ist das einzige Theaterstück von Stephen King, dass der Schriftsteller persönlich autorisiert hat. 1993 erschien es in London erstmals auf einer Bühne. Der 1958 geborene Brite Simon Moore hatte das Werk für die Bühne angepasst.
Misery im Schlossparktheater Berlin: Regie führte Thomas Schendel. Franziska Troegner stellte die Annie dar, Jörg Schüttauf spielte den Autor. Die Berlinerin Franziska Troegner wirkte lange Zeit am Berliner Ensemble. Aus dem Fernsehen kennen die Zuschauer sie aus „Hallervordens Spottlight“, „Der Landarzt“ und „Mama ist unmöglich.“ Mit den Weltstars Johnny Depp und James Fox drehte sie 2005 den Film „Charly und die Schokoladenfabrik.“ Die Künstlerin erhielt 2001 eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis. Seit 2002 lehrt sie an der Rostocker Hochschule für Theater und Musik im Fachbereich Chanson. Der 1961 in Chemnitz geborene Jörg Schüttauf gab 1986 sein Leinwand Debüt in dem Film „Ete und Ali.“ Seitdem kennt man den Mimen aus vielen TV Produktionen. So wirkte er mit in zahlreichen „Polizeiruf 110“, „Der Fahnder“, „Wolffs Revier“, „Bella Block“ und „Der Laden.“ Besonders in Erinnerung geblieben ist er als Tatort Kommissar der ARD. Beim Hessischen Rundfunk spielte er von 2001 bis 2009 den Ermittler Dellwo aus der Mainmetropole Frankfurt. Der Mime ist mehrfacher Träger des Grimme Preises. Auf der Berliner Bühne zeigten die beiden Theaterprofis, was in ihnen steckt. Beide Künstler standen erstmals gemeinsam auf den „Brettern, die die Welt bedeuten.“ Wer beide Darsteller bei der Premiere im Schlossparktheater erleben durfte, meinte, da spielt ein seit Jahrzehnten eingespieltes Duo auf der Bühne. Beide überzeugten durch ihre Sprache, Gestik und Mimik. Das kam auch beim Publikum sofort an. Mehrfach mussten die beiden Schauspieler eine ungewollte, aber sicherlich angenehme Pause einlegen. Das begeisterte Publikum klatschte mehrfach und laut. Dieses Klatschen erfolgte nicht nur, wenn der Vorhang fiel und eine neue Bühnenszene dann zu sehen war. Mehrfach brüllten die Besucher vor Lachen, so beispielsweise wie eine sehr naiv auftretende Annie ihren Gast, der ja ihr Gefangener in Wirklichkeit ist, fragte, warum der so unfreundlich ihr gegenüber sei. „Sie haben es doch gut bei mir.“ Jörg Schüttauf spielte eindringlich den gefangenen Autor, der jede Minute von seiner mehr oder weniger verwirrten „Gastgeberin“ befürchten muss, umgebracht zu werden. Besonders beeindruckte, wie er als im Rollstuhl Sitzender auf Annie zurollte. Er hielt ihr das noch gesunde Bein entgegen und schrie sie an: „Dann brechen Sie mir doch auch noch dieses Bein.“ Es war eine sehr gelungene Premiere im Schlossparktheater in Berlin.
Achim Wolff und Jörg Schüttauf (r.) Schlossparktheater Berlin. Schauspieler Achim Wolff war einer der Premierengäste: „Es ist immer eine große Herausforderung für Schauspieler, wenn in einer knapp 2 stündigen Aufführung nur 2 Darsteller auf der Bühne auftreten. Meine Hochachtung gilt den Kollegen Franziska Troegner und Jörg Schüttauf. Beide haben diese große künstlerische Herausforderung angenommen und bestens bewältigt. Da ich selber Schauspieler von Beruf bin, weiß ich, was einem auf der Bühne in zwei Stunden abverlangt wird.“
ReiseTravel Fact: Hausherr und Intendant Dieter Hallervorden hat mit dieser Premiere wieder einmal unter Beweis gestellt, er weiß, was auf der Bühne ankommt. Das Werk Misery ist sehr sehenswert, dafür sorgen schon die beiden Darsteller. Es darf ja auch einmal daran erinnert werden: Dieter Hallervorden und seine Mitstreiter müssen das auf die Bühne bringen, was das Publikum sehen möchte. Ansonsten bleiben die Besucher zu Hause und kaufen sich keine Theaterkarte. Das Schlossparktheater kann von Subventionen, wie sie die staatlichen Berliner Bühnen erhalten, nur träumen. Diese Subventionen fließen immer, unabhängig davon, ob dort ein Intendant den Geschmack seiner Gäste auch nur halbwegs erfüllt.
ReiseTravel Service: Schlossparktheater Berlin, Am Rathaus Steglitz. Anreise mit der U 9 bis Rathaus Steglitz. www.schlossparktheater.de
Ein Beitrag für ReiseTravel von Volker T. Neef.
Unser Autor berichtet aus der Bundeshauptstadt und ist in Berlin wohnhaft.
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