Meinl - Hechelhammer

Spannende Geschichte einer Liegenschaft und des BND - Geheimdienst

Von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND: An kaum einem anderen Ort der Bundesrepublik sind die Geschichten des „Dritten Reiches“ und des „Kalten Krieges“ so nachhaltig miteinander verknüpft wie bei dem geheimnisvollen Gelände des Bundesnachrichtendienstes. Der Gebäudekomplex in Pullach bei München wurde 1936-38 als NS-Mustersiedlung für Spitzenfunktionäre der NSDAP errichtet, 1942 folgte zusätzlich für Hitler das Führerhauptquartier „Siegfried“. Im Mai 1945 besetzte die US-Armee den Ort, danach arbeitete dort eine alliierte Zensurstelle. Ende 1947 zog die „Organisation Gehlen“ in die Siedlung ein, die zunächst für den Geheimdienst der US-Armee, dann für die CIA arbeitete. 1956 wurde aus ihr der Bundesnachrichtendienst, der von hier aus die Auslandsspionage der Bundesrepublik organisierte. Bis 2017 wird der BND mehrheitlich nach Berlin umziehen, schon jetzt tobt der Kampf um das lukrative Areal in der Nähe der Isar.
Geheimobjekt Pullach Ch. Links ReiseTravel.euLeben und Arbeiten im Geheimen: Die Autoren schildern hier erstmals die Geschichte des Gebäudeensembles von der Entstehung bis zur Gegenwart. Für ihre Recherchen wurden zahlreiche Archive und Privatnachlässe genutzt, erstmals auch das BND-Archiv herangezogen und mit Zeitzeugen und ehemaligen Bewohnern des Geländes vor und nach 1945 gesprochen. Die Villa war einst Wohnsitz von Martin Bormann, einem NS-Ideologen und Vertrauten Hitlers. Dort wo heute der BND-Chef residiert, war zu Bormanns Zeiten auch Hitler öfters zu Gast. „Hitler verbrachte zwischen 1939 und 1943 jedes Jahr mehrere Tage in Pullach“, schreibt die Historikerin Susanne Meinl. Sie weist daraufhin, dass zwei solcher Zusammenkünfte, am 14. und 20. September 1938, also kurz vor dem „Münchner Abkommen“, in Pullach stattfanden, dass Hitler und sein Gefolge hier wesentliche Teile des „Abkommens“ ersannen, das dann zur „Zerschlagung“ der Tschechoslowakei führte, ist wahrscheinlich. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entdeckten sehr schnell die Amerikaner das Gelände für sich. Die einstigen Bewohner waren tot oder geflohen, nun siedelte sich die „Civilian Censorship Division“ an. Sie war eine Art Zensurbehörde, die in den ersten Nachkriegsjahren Post- und Telefonverkehr der Deutschen möglichst komplett überwachte. In die einstigen Wohnräume der NS-Täter zogen nun jüdische Emigranten, die der deutschen Sprache mächtig waren und selbst oft nur knapp dem Holocaust entronnen waren. Dann kamen neue „Bewohner“: Der Umzug geschah, wie bei einem Geheimdienst üblich, heimlich, still und leise. Am Nikolaustag 1947, einem Samstag, rollten amerikanische Lastwagen durch das kleine Dorf Pullach südlich von München. Sie hielten in einem abgeschirmten Bereich, der nun leer stand. Zunächst waren es nur etwa hundert Mitarbeiter der Geheimorganisation, die sich nach ihrem Chef Reinhard Gehlen „Organisation Gehlen“ nannte und nun in kleine Häuser der einstigen „Reichssiedlung Rudolf Heß“ einzogen. Demnächst steht ein erneuter Umzug auf dem Plan: In Berlin wird die neue BND Zentrale eröffnet.

Susanne Meinl, Jahrgang 1964, promovierte Historikerin, 1998 - 2006 wiss. Mitarbeiterin am Fritz-Bauer-Institut Frankfurt am Main, 2009 - 2011 freie wissenschaftliche Mitarbeiterin des NS-Dokumentationszentrums München, seit 2012 freiberufliche Autorin, zahlreiche Veröffentlichungen.

Bodo Hechelhammer, Jahrgang 1968, promovierter Historiker, 2000 - 02 wiss. Mitarbeiter am Historischen Institut der TU Darmstadt, seit 2002 hauptamtlicher Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, seit 2010 dortiger Leiter der Forschungs- und Arbeitsgruppe „Geschichte des BND“, zahlreiche Veröffentlichungen.

ReiseTravel Fact: Der Autor und Forscher ist als offizieller Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, ein Unikat der Historikerzunft. Seit mehreren Jahren schon durchforstet er mit einer Arbeitsgruppe BND-Archive, um eine Geschichte des BND zu erstellen. Nun hat er zusammen mit der NS-Forscherin Susanne Meinl die Entwicklung der Pullacher Anlage „von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND“ nachgezeichnet: „Geheimobjekt Pullach“. Der Zutritt zum Dorf Pullach war und ist noch immer verboten, für die BND Mitarbeiter ist das normal, „die weitgehende Abschottung von der Öffentlichkeit und ein Leben in der Anonymität ist Alltag“, schreibt der Historiker Bodo Hechelhammer.

Geheimobjekt Pullach – Von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND von Susanne Meinl Bodo Hechelhammer, Ch. Links Verlag, 288 Seiten Hardcover, ISBN 978-3-86153-792-2, www.orte-deutscher-geschichte.dewww.christoph-links-verlag.de

Das Buch kostet im Buchhandel 34,90 Euro.

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