Nicola Förg | Glück ist nichts für Feiglinge – Piper |
Eine Krimikomödie, ein Katzenbuch, ein Island Road Movie, eine Liebesgeschichte
Krimikomödie und Katzenbuch: Wenn das Glück dich sucht, findet es dich auch! Sonja ist eher der ängstliche Typ. Im Job überfordert, von den Männern enttäuscht, in ihrem Siedlungshäuschen von der Welt vergessen. Ihr ein und alles ist Lady Goggo, eine Katze. Eine ziemlich selbstständige Katze, die sehr neugierig ist und sich dauernd irgendwo einsperren lässt.
Eine Liebesgeschichte: Sonja verpasst ihr eine Cat-Cam, eine kleine Kamera, die ihr die Kontrolle über Lady Goggos Streunereien verschafft. Nur eines schönen Tages filmt die Katze, wie Nachbar Sven in seinem Haus eine Frau stranguliert! Hat Lady Goggo einen Mord gefilmt? Am Tag darauf verschwindet die Katze. Offenbar ist sie in Svens Bus gestiegen und mit ihm nach Island gefahren. Sonjas geliebte Lady Goggo unterwegs mit einem Frauenmörder? Todesmutig reist Sonja nach Island. Wo sie sich an Svens Fersen heftet. Und am Ende etwas findet wonach sie gar nicht gesucht hat ...
Fragen an Nicola Förg zum Buch Glück ist nichts für Feiglinge:
Nach 15 Krimis in 12 Jahren, sind sie jetzt mord(s)müde?
Naja, ich habe erschossen, vergiftet, erwürgt, ertränkt, auf jede erdenkliche Weise gemeuchelt, da tut eine Pause in der Tat gut. Die Mörderin hat eben auch mal Sehnsucht nach einem Happy End.
Und das gibt es?
Ja, ein wunderbares, überraschendes Happy End. Eins zum Tränchen verdrücken, ich finds herrlich.
Aber ein wenig „mörderisch“ ist das Ganze ja doch?
Ja, Sonja, meine naive, ängstliche Protagonistin ist der tiefen Überzeugung, dass ihre Katze mit einer Catcam einen Mord gefilmt hat, es kommt zu einem Showdown auf dem Polarkreis, der über die frostige Insel Grimsey läuft. Und Sonja gerät in Island mitten hinein in ein Verbrechen, aber letztlich ist das „Mörderische“ nicht das Hauptanliegen des Buches. Hier gibt es nicht die klassische Struktur von Verbrechen und Aufklärung. Auch spielen meine üblichen Kommissare und Kommissarinnen keine Rolle. Die zentrale Botschaft ist, dass es sich auszahlt, endlich einmal Eigeninitiative zu ergreifen, Mut zu zeigen.
Catcam, gibt es so was wirklich?
Natürlich, ich habe vor einiger Zeit einen Beitrag im Fernsehen gesehen, wo in Amerika eine Frau unter Verdacht stand den Nachbarn Badeanzüge und Badehosen von den Leinen zu klauen. Sie hatte immer beteuert, sie wäre das nicht, aber man fand das Zeug ja auf ihrer Terrasse. Sie war sich sicher: das ist die Katze. Sie stattete die Katze mit einer Catcam aus und siehe: Jede Nacht zog das räuberische Tier los und zerrte Badesachen durch die Hecke. Köstlich! Das hat mich inspiriert. Sonjas Katze, Lady Goggo, bekam so eine Kamera, weil Sonja in ihrer Angst und ihrem Kontrollzwang die Wege ihrer Katze nachvollziehen wollte. Und die filmt - mitten rein ins Leben von Sonjas spießig-schwäbischen Nachbarn.
Und dann ist die Katze verschwunden. Sie beschreiben die Suche nach dem Tier sehr eindrücklich und bewegend. Selber erlebt?
Ja, eine unserer Katzen ist in ein Auto eingestiegen und 15 Kilometer mitgefahren, wir hatten sie nach 14 Tagen wieder. Die 14 längsten meines Lebens! Jede/r, die/der eine Freigängerkatze hat, die plötzlich verschwindet, kennt diese Ohnmacht. Nicht zu wissen, was passiert ist. Überfahren, gestohlen, irgendwo eingesperrt und zu grausamen Verdursten verdammt? Die Ungewissheit ist der Horror, der Aktionismus zu suchen und zu rufen und Zettel aufzuhängen, bringt kurz Linderung – und mit jedem Fehlversuch, jedem Tag mehr der nagenden Angst wird es schlimmer.
Das Buch hat in der Tat auch sonst sehr bewegende Momente, eine der Hauptfiguren stirbt, so „happy end“ ist das dann doch nicht…
Zeigen Sie mir ein Leben, das nur „happy“ ist! Die Kunst ist es doch in jedem Verlust einen Neubeginn zu finden. Licht bedingt Schatten, Tod macht Platz für neues Leben. Das sind banale Weisheiten, aber das macht sie nicht weniger wahr. Meine schüchterne, verplante Protagonistin setzt sich vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben dem Unbekannten aus, setzt sich dem Leben überhaupt aus.
Aber gleich so! Sie muten der jungen Frau viel zu. Sie gerät in einen Strudel aus seltsamen Menschen, sie stürzen Sie in Liebeswirren. Sie scheuen sich auch nicht vor Liebesszenen, die sie in den Krimis ja sonst eher sehr knapp halten und nur andeuten.
Ich bin hier jetzt auch nicht zu „Shades of Grey“ übergewechselt, aber Sonja ist eine junge Frau, natürlich spielt Sex eine Rolle. Vor allem, weil sie eben eher das Mauerblümchen ist, das plötzlich an einen geheimnisumwitterten isländischen Hünen gerät, ein Mann, der taktiert und manipuliert. Eine wie Sonja ist so einem egomanischen Freiheit und Abenteuer Macho nicht gewachsen, kaum eine Frau wäre das. Weil die Mädels doch so oft Liebe mit Sex verwechseln und ein wie Sonja eben auch glaubt, cool und taff sein zu müssen in einer Welt, die ihr einreden will, dass Sex nichts als eine bessere Turnübung ist.
Sie haben Island als Setting gewählt, warum?
Wo sonst gibt es aquamarinblaue Weiten vor schwarzen Sanderflächen, dahinter grüne Steilküsten, aus denen Wasserfälle stürzen, eine Etage darüber Gletschereis - alles Luftlinie nur einen Kilometer voneinander entfernt. Wo sonst erfindet sich eine geologisch junge Landschaft ständig neu, gebiert neue Inseln, spuckt Lava und schickt schweflige Dämpfe? Es gibt wenig Landschaften auf der Erde, wo die Natur so gegenwärtig ist und der Mensch so winzig klein. Das verändert auch die Menschen. Hier ist es gar keine Frage, ob man an Elfen und an die Anderswelt glauben will. Natürlich will man, muss man geradezu! Hier reimt sich vieles, was anderswo schon lange kein Gedicht mehr ergibt.
Und Pferde gibt es auch…
Ja, neben Katzen sind Pferde unsere Passion und unsere Mitbewohner. Wir haben auch zwei Isis, die Pferde des Feuers und des Eises sind spezielle Geschöpfe, sie haben sich seit 2000 Jahren kaum verändert, sie haben sich einen freien Geist bewahrt. Sie sind sagenhaft: Odins achtbeiniges Pferd Sleipnir, mit dem er übers Himmelsgewölbe galoppiert ist, war natürlich ein Isländer.
Müssen wir in Zukunft denn auf Irmi Mangold verzichten?
Nein, schon im Frühjahr 2016 ist sie wieder mittendrin in einem Fall, in dem es um Botulismus geht. Rinder sterben zuhauf an der rätselhaften Vergiftung. Aber die Ämter leugnen die Krankheit. Es ist bizarr: wir reden von einem hochtoxischen Nervengift, und das spritzen sich manche zur Faltenfreiheit ins Gesicht. Es geht auch um unseren Umgang mit Tieren zur Lebensmittelgewinnung, es wird brisant.
Nicola Förg, geb. 13.12.62, Erfinderin des Allgäu Krimis, Skimaniac, Tiernarrische: Wer im Dezember in einen Allgäuer Winter mit Metern von Schnee geboren ist, wird ein Winterkind. Wer einen Vater hatte, der immer sagte: „Wie du brauchst eine neue Jeans, du hast doch schon eine!“, der aber doch jede Saison bereitwillig einen neuen Ski unter den Weihnachtsbaum legte, der kann nur zur Skifahrerin werden. Was das Kind mit drei Jahren auch besser konnte als geradeaus zu laufen! Das Studium wurde mit „Skilehrern“ verdient, bis in Australien, wo Menschen aus den Alpen ja generell als die gelten, dies drauf haben mit dem Abfahren. Wenn sie nicht die bayerische Bakery aufmachen oder der schwäbische Butcher sind! Und weil man viele Stunden mit seinem Beruf verbringt, macht es Sinn etwas zu tun, was Freude macht, was die Seele berührt und schöner ist als Fliegen. Nicola Förg begann als Redakteurin einer Skizeitschrift und schreibt bis heute über Skifahren und Winter. Und auch ihre Krimis sind oft eine Hommage an den Winter und den Schnee. Sie Spielen auf der Kandahar Piste oder in Trysil/Norwegen am glatzköpfigen Skiberg. Ach ja: Skifahren kann sie bis heute besser als geradeaus gehen, das Verletzungsrisiko auf Ski ist weit geringer!
Nicola Förg sagt eines oft lachend bei Lesungen: „Einen Literaturpreis gewinn ich wohl nicht mehr, wohl aber einen Tierschutzpreis.“ Sie bekam vom bayerischen Tierschutzbund 2012 den „Bayerischen Tierschutz Zamperl“ – für ihre Bücher, die immer auch aufklären über Tierisches. Und im Januar 2014 gab es nun vom bayerischen Jagdverband einen Sonderpreis – quasi fürs Lebenswerk, gut sie wird noch keinen Grab buchen, freut sich aber doch über solche Anerkennung, die sich auf die engagierte Tierseite im Münchner Merkur bezieht (seit zehn Jahren im Wochenendjournal). Im Krimi „Mordsviecher“ geht es um Animal Hoarding, das krankhafte Tiersammeln. Es ging auch um Daunen und das Leiden der Tiere, die beim Lebendrupf fast zu Tode gerupft werden fürs warme Kissen oder die Daunenjacke. In „Platzhirsch“ attackiert sie jene, die am liebsten tierfreie Wälder hätten, die Wald vor Wild rein ökonomisch definieren. Es wird 2016 einen Krimi über Botulismus geben, wo Rinder scheinbar rätselhaft zu Hunderten versterben. Vergiftet von jenem Gift, das man zur ewigen Faltenfreiheit auf Botox Parties einsetzt… Es sind oft sperrige Themen, es ist nicht der Mainstream, wo man auch in Krimis gerne zu dem greift, was Auflage verspricht: Missbrauch, Serienmörder, Banken, politische Korruption.
Nicola Förg ist Journalistin genug, um ihre Tierthemen immer wasserdicht zu recherchieren. Sie hat Tierärzte, Amtstierärzte, Jäger und Biologen, die ihr helfen. Gerne helfen, weil sie wissen, dass Nicola Förg es versteht Fachwissen mundgerecht zu machen. Nicola Förg erlaubt sich nie Halbwissen oder Google Kenntnisse. Sie ist nahe dran am Leben zwischen Wald und Feld. Sie lebt da, sie mäht mit ihrem Lebensgefährten ihre Wiesen selber, sie fällt Bäume im eigenen Forst, hat natürlich einen Motorsägen Schein, die Lizenz zum Fällen… Drum ist sie die wohl die einzige Krimiautorin, die irgendwie auch Landwirtin ist und einen Ponyhof betreibt. Wo es darum geht, Stadtkindern, die so weit weg sind von der Natur, beim Pferdetrekking Tiere und die Umgebung nahezubringen. Wie putzt man Pferde? Warum haben die keine Hufeisen? Warum erschrecken sie vor dem dicken Traktor nicht, sehr wohl aber vor einem Holzscheit am Boden? Warum frieren die im Winter nicht? Bekommen sie kalte Hufe? Am Ponyhof geht es darum, immer zum Wohle der Tiere zu entschieden, denn diese Pferde müssen ja kein Geld verdienen.
Das Geld, das Nicola Förg verdient, geht oft in Tierarztrechnungen. Sie trägt arme, zugelaufene, verletzte, irgendwo aufgegriffene Katzen nicht ins Tierheim. Die haben ja selber schon zu viele! Sie trägt sie vielmehr zur Tierärztin und päppelt sie dann auf. Herrn Hölderlin vom Holzstapel gab keiner auch nur einen Tag Überlebenschance. Er war kahl wie ein Hendl. Der Durchfall hatte ihm allen Pelz weggeätzt. Sie trug ihn drei Wochen in einem Putzlumpen eingeschlagen rum, fütterte ihn alle vier Stunde. Der Kater ist heute ein Mordsbrackl geworden. Ach ja, sie haben alle Namen nach ihren Fundorten: Ciabatta von Strohschupp, Cleopatra vom Moos, Hagen vom Brückengestade… Ja, die einen kaufen teure Autos, die andern zahlen Tierarztrechnungen.
Dennoch mag sie die meisten Tierschützer gar nicht so sehr. Diese hysterischen Society Weiber, denen es mehr ums eigene Ego und die Medienpräsenz geht, als um die angeblichen Schützlinge. Auch Gnadenhöfe sind ihr ein Gräuel. „Man muss die, die man liebt, auch irgendwann mal gehen lassen. So bitter es ist, eine Entscheidung zum Einschläfern zu fällen, das ist man Familienmitgliedern, die einen Jahre, ja Jahrzehnte begleite haben, eben schuldig. Da haben sie es auch besser als so mancher siechende Mensch getroffen…“ Nicola Förg schreibt nicht immer das Bequeme, nicht immer das Lustige. Sie ist eher leise im bunten Treiben der namhaften Krimiautoren…Dabei könnte sie stolz sein, sie hat den Allgäu Krimi erfunden, den Südkrimi. Schussfahrt war definitiv der erste Allgäu Krimi. „Damals war die Idee, im Allgäu einen Krimi zu schreiben, exotisch. Regionalverlage, denen ich das Manuskript angeboten hatte, sagten: Schreibens doch lieber Heimatgstanzl. Schussfahrt war, als der erste Allgäu Krimi überhaupt eine Initialzündung. Heute, wo jede Gemeinde mit mehr als 500 Einwohnern ein eigenes Ermittlerteam hat, mutet das schon komisch an.“
Und nach 12 Jahren, nach 15 Krimis und nach 1,2 Millionen verkaufter Bücher, kommt im März 2015 „Glück ist nichts für Feigling“. Ein (fast) kein Krimi. Eine Katze spielt mit. Und Island…. „Ich hab so viel gemordet die letzten Jahre! Erschossen, erwürgt, vergiftet… der Island Roman ist natürlich eine Hommage an die Insel, aber auch Seelenbalsam: Endlich durfte es ein Happyend geben. Ich liebe dieses Buch!“ Von Gabi Dräger.
Glück ist nichts für Feiglinge von Nicola Förg, Piper Verlag,
Das Buch kostet im Buchhandel 14.99 Euro.
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