Robert Allertz

Mindestens 71.500 namentlich bekannte Ostdeutsche Menschen wurden systematisch observiert - vom Westen: Das Thema „Ich will meine Akte“ ist brisant, denn die Bundesregierung möchte das nicht!

Wie westdeutsche Geheimdienst Ostdeutsche bespitzeln: Bereits im damals noch zweigeteilten Deutschland wurde grenzüberschreitend gespitzelt und überwacht. Die Mitteilungen über die permanente Ausspähung der Welt vor allem durch US-Geheimdienste, von Whistleblower wie Edgar Snowden oder Julian Assange publik gemacht, empört nun auch die deutsche Öffentlichkeit.

Ich will meine Akte von Robert Allertz. Das Neue Berlin

BND, Verfassungsschutz & Co.: Wir haben in Deutschland die absurde Situation, dass die Geheimdienste als Institutionen ein Eigenleben führen. Im Unterschied zu Gerichten verwalten sie sich selbst, ähnlich war es auch in der ehemaligen DDR. Eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienst ist unbedingt erforderlich. Mindestens 71.500 namentlich bekannte Ostdeutsche wurden systematisch observiert - vom Westen. Einer von ihnen war Hans Modrow, dem der Bundesinnenminister 2013 schriftlich bestätigte, dass Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst seine Überwachung „schon 2012“ beendet hätten.

Robert Allertz, geboren 1951, Spezialglasfacharbeiter, Diplomjournalist, Oberleutnant zur See d. R., Autor verschiedener Publikationen.

ReiseTravel Fact: An seinem 90. Geburtstag gibt sich Hans Modrow kämpferisch. Er will mit einer Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Einsicht in seine Geheimdienstakten erzwingen. Diese ist ihm bislang von der Bundesregierung verwehrt worden. „Ich möchte vor meinem Tod wissen, was sich gegen mich abgespielt hat!" Es geht um Akten, die westdeutsche Geheimdienste über ihn anlegten. Der Buchautor trägt unbekannte und wieder vergessene Fakten zusammen, suchte in Archiven und sprach mit Beteiligten. So wie mit dem prominenten DDR-Politiker wurde auch mit Zehntausenden anderen Ostdeutschen verfahren. Robert Allertz berichtet in seinem Buch minutiös über die Salamitaktik, mit der BND und Verfassungsschutz versucht haben, Modrow hinzuhalten. So habe es zum Beispiel zunächst angeblich nur ganze neun Seiten Akten gegeben, in denen aber so gut wie alles geschwärzt war. Dann seien angeblich weitere 14 Seiten wie aus dem Nichts aufgetaucht usw. Kurios sei dabei das Argument des Quellenschutzes gewesen, mit dem die Dienste Auskünfte darüber verweigerten, wer Modrow seinerzeit bei den Diensten anschwärzte. Der Vorgang Modrow ist exemplarisch, die Geheimdienste und damit der Staat wehrt sich, die Akten offen zulegen. Spannend aufgeschrieben, sehr informativ und vor allem lesenswert. Leider begnügen sich, vor allem, Ostdeutsche vorrangig mit Einblick in die Stasi-Unterlagen.

Ich will meine Akte von Robert Allertz. Das Neue Berlin. Wie westdeutsche Geheimdienste Ostdeutsche bespitzeln. 224 Seiten, 12,5 x 21,0 cm, Paperback, mit Abbildungen, ISBN 978-3-360-01303-3, www.eulenspiegel.com

Das Buch kostet im Buchhandel 14,99 Euro.

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