Viele Menschen haben einen Traumberuf, schreibt die Autorin. Sie war Barfrau im Palasthotel Berlin, ein Luxushotel der DDR, mit zahlreichen Gästen aus dem „Westen“. Das Ministerium für Staatssicherheit interessierte sich für diese schöne und attraktive junge Frau, sie sagte nicht Nein. 
 

Das Wort Stasispitzel traf die Frau wie ein Keulenschlag: Fünfzehn Jahre nach der Wende holte sie die Vergangenheit ein. Ihr ehemaliger Freund und Kollege, der seine „Akten“ eingesehen hat, schreibt: „Hallo Jana, Hab‘ jetzt meine STASIAKTE einsehen können! War ganz schön heftig zu lesen, dass ich 6 IM-Ratten an der Backe hatte“.

Es war nicht der einzige Brief dieser Art. Zwei Jahre lang traktierte Gerry seine ehemalige Arbeitskollegin Jana mit solchen und ähnlichen Zeilen. Als sie nicht reagiert, schickt er ihr jeden Monat eine Postkarte „Meinem Stasispitzel einen Gruß“. Sie spürt, dass kein Weg an einer Auseinandersetzung vorbeiführt. Sie war eine der sechs und konnte die Briefe nur mit rechtlichen Mitteln stoppen.

Jana erzählt im Buch, wie sie Mitte der 80ziger Jahre Servierkraft wurde. Ein Traumjob mit großzügigen Trinkgeldern, auch in harter Währung, viel Sex und Erotik, schicke Männer aus dem Ausland. Wer hier im Palasthotel arbeitete, durfte die Mangelwirtschaft vergessen, aber stand auch unter besonderer Beobachtung. Jana arrangierte sich, lieferte Berichte über Kollegen und Gäste. Ohne viel Federlesens unterschrieb sie eine Verpflichtungserklärung, angeblich ging es dem MfS Geheimdienst um die Aufklärung von Drogengeschichten in Döhrings Umfeld. „Ich war wichtig“, sagte sie zur Buchlesung. „Es war schön, sich besonders zu fühlen“, doch eine Kollegin verlor ihren Job.

Jana Döhring wurde 1961 in der DDR geboren, arbeitetet im Hotel- und Gaststättengewerbe in Potsdam und Ostberlin. Nach der Wende berufstätig in Westberlin, später dann in Köln. Jana Döhring ist verheiratet und hat einen Sohn. Sie lebt heute in Köln.

ReiseTravel Fact: Gerry gibt es wirklich. Und Jana auch. So freimütig sind bekanntlich nicht alle ehemaligen IM. Die Autorin spricht von „Schuld und Scham“ und dem „aufrechten Gang“ der Revolutionäre von 1989, die jenes Regime zum Einsturz brachten. Ein gutes Buch, über eine deutsche Vergangenheit, die leider noch aktuell ist. Ein brisantes Thema, Gut geeignet für junge Leser: So war es einmal! Oder ist der DDR-Alltag vergessen?

Stasiratte von Jana Döhring, Hartriegel Verlag, ISBN 978-3-981-5077-06, www.hartriegel-verlag.de

Das Buch kostet im Buchhandel 13,95 Euro.