Bernau | Bauhaus in Brandenburg |
„Bauen, wohnen und leben ohne Firlefanz“ - das war der Anspruch der Bauhaus-Gründer vor 100 Jahren in Weimar.
Ornamente, Schnörkel, Firlefanz: galten den Gestaltern der modernen Bauschule als altbacken und überholt. Der Berliner Architekt Walter Gropius und sein Team trat an, um Architektur und Kunst neu zu denken.
Auch in Brandenburg schrieben die Bauhäusler eine Erfolgsgeschichte nach der anderen: Geblieben sind z. B. die Bauhaus-Ikone Designhochschule in Bernau, heute Bundesschule, 2017 zum Unesco-Weltkulturerbe gekürt. Die von Hannes Meyer und Hans Wittwer konzipierte und im Mai 1930 fertiggestellte Bundesschule des ADGB in Bernau bei Berlin ist ein Werk des berühmten Bauhauses in Dessau. Das Bauhaus wird noch heute weltweit als die bedeutendste Kunstschule des 20. Jahrhunderts geschätzt. Ihre Initialwirkung für eine neue Sicht auf künstlerische und pädagogische Prozesse in Kunst, Architektur und Design reicht bis zur Gegenwart.
Bauhaus Bundesschule Bernau
Die Bundesschule Bernau ist nach dem Bauhaus-Gebäude in Dessau von 1925/26 (Architekt Walter Gropius) das zweite Schulgebäude aus dem Wirkungsfeld des Bauhauses. Sie wirkt bis heute als ein Beispiel für eine gegliederte bauliche Anlage, die frei und einfühlsam in den naturbelassenen Landschaftsraum komponiert wurde. Historie zur Nutzung Die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) wurde als erste zentrale gewerkschaftliche Bildungsstätte 1930 feierlich eröffnet. Sie bot 120 Lehrgangsteilnehmern Platz. So konnten gleichzeitig drei Lehrgänge der verschiedenen Verbände mit je 40 Teilnehmern stattfinden. Nach der Machtergreifung der Nazis musste die Schule schließen.
In Anwesenheit von Adolf Hitler wurde am 16. Juni 1933 die Anlage mit großem propagandistischen Aufwand als Reichsführerschule der NSDAP und der DAF eingeweiht. In dieser „Hochschule des Nationalsozialismus“ erfolgte die Schulung von Spitzenfunktionären der NSDAP, der DAF und der NSBO. Neben fest angestellten Lehrkräften referierten hier führende NS-Vertreter wie Joseph Goebbels, Alfred Rosenberg, Julius Streicher und Robert Ley. Der Unterricht war militärisch geprägt. Auf dem Schulgelände wurden ein Schießstand und wehrsportliche Anlagen errichtet. 1936 übernahm die Reichsführung der SS die Schule, die in „SD-Schule Bernau bei Berlin“ umbenannt wurde.
Nach dem Weltkrieg eröffnete 1947 das Areal als FDGB-Bundesschule „Theodor Leipart“, gedacht als Ausbildungsstätte für Gewerkschafter aus allen vier Besatzungszonen. Im Januar 1952 bekam die Bundesschule den Status einer Hochschule (Gewerkschaftshochschule „Fritz Heckert“).
In den Jahren 1947 bis 1990 erhielten über 15.000 deutsche und etwa 5.000 ausländische Gewerkschafter eine Ausbildung an der Bernauer Gewerkschaftsschule.
Die "Bundesschule Bernau" war lange Jahre hinter An- und Umbauten verschwunden. Nun erzählt die vorbildlich restaurierte Schule von der Vision der Bauhaus-Architekten, dass mit einem Gebäude das Leben besser und schöner werden kann.
Eine weitere Spur des Bauhauses findet sich in Rathenow.
Hier zur entdecken eine sonnendurchflutete Wohnsiedlung mit 260 Wohnungen, die Haesler-Bauten am Friedrich-Ebert-Ring. Eine charakteristische Lösung des bedeutenden Architekten: dreigeschossige Zeilenbausiedlung mit eingeschossigen Ladenbauten. Als Neuerung wurden Durchfahrten für die ost-westlichen Erschließungsstraßen angelegt, die eine stärkere Abgrenzung des siedlungsprivaten Raumes bewirkten. Dies macht auch den besonderen Charakter der Siedlung aus: Aufgrund des gebogenen Straßenverlaufs war keine parallele Ausrichtung der Blöcke zur Straße möglich, sodass sich durch unterschiedliche Frontlängen ein abwechslungsreiches Bild ergibt.
Haesler selbst beurteilte diese Siedlung im Rückblick als eine seiner besten: „Diese Siedlung betrachte ich in ihrer gelockerten Bauart, in ihrem glücklichen, Licht und Sonne atmenden Ausdruck – der Stadtwald tritt hier bis dicht an den breiten Ebertring heran – als eine meiner besten“. Bauherr des Wohnensembles war der kommunale Rathenower Bauverein.
Auch in Neuruppin finden sich Spuren der Bauhauskultur. Die Freilandsiedlung Gildenhall nach den Plänen von Max Eckhardt war einst mustergültig: kleine, standardisierte Häuschen mit allem nötigen Komfort für Familien, die nicht viel Geld haben. Die Uniformität hatte Eckhardt in seinen Plänen für die Wohnsiedlung Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts zum Ideal erhoben. Ein Modell, das damals, vor 100 Jahren viele Anhänger fand. Aus ganz Deutschland kamen Handwerker und Künstler in die kleine Siedlung am Ruppiner See. Sie brachten die Ideen des Deutschen Werkbundes mit und die der Bauhaus-Bewegung. Gildenhall ist bei Experten weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Doch wer sich heute dort umschaut, braucht Fantasie dafür, wie es einmal war. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich viele Häuser verändert: Manche haben glänzende Dachziegel, andere mattgraue oder rote mit einer Schicht Moos.
Viele Fassaden tragen Dämmschicht aus Kunststoff. Auch Fenster und Türformen voll verändert. Aber immerhin - die Originalsubstanz ist noch da. In Brandenburg steht die Frage, wie leben wir mit dem Erbe der Moderne? Wie kann man es für die Gegenwart nutzen - und es gleichzeitig bewahren und erhalten? Nur 14 Jahre existierte das Bauhaus, bis heute inspiriert es Architekten, Designerinnen und Künstler weltweit.
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Günter Knackfuß.
Freier Journalist in Berlin.
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