Kufstein | Hans-Berger-Haus |
Wandern, frische Bergluft sowie gute Küche von Silvia Huber im Hans-Berger-Haus
Die kleine Marie aus Kufstein ruft: „342 Stufen, ich habe mich nicht verzählt. Sie ist stolz auf ihre Zählkunst, denn ihr kleiner Bruder konnte nicht so weit zählen. Als Erwachsener ist man nicht bereit die Stufen zu zählen. Ja, ein bisschen Kondition wird für den Aufstieg auf den gut ausgebauten Treppenstufen schon gebraucht. Startplatz der Wanderung ist der große Parkplatz in Ebbs bei Kufstein. Und wenn man die Stufen geschafft hat, folgt noch ein steiles Wegstück bis zur Neapelbank, hier kann man verschnaufen und Kufstein mit seiner Festung aus der Vogelperspektive bewundern. Der Name der Bank kommmt daher: Wenn die Alpen nicht wären, könnte man bis nach Neapel sehen, so sagen die Einheimischen. Kirchenglocken und Blasmusik tönen vom Tal herauf. Eigentlich hat man hier schon die Wanderung in der Tasche, denn man hat die Höhe fast erreicht und der Rest der Strecke zieht sich nur noch fast eben dahin. Nach ein paar Schritten folgt schon die erste Einkehrmöglichkeit, der Veitenhof, und einen Steinwurf weiter zeigt eine kleine Hauskapelle am Weg an, dass der Pfandl-Hof nicht mehr weit ist. An steilen Wiesen wird gerade das Heu ganz traditionell mit einem Holzrechen zum Trocknen gewendet. Der Weg zieht sich manchmal direkt neben und manchmal oberhalb des Sparchen Bachs genütlich im Wald dahin. Manchmal ist der Bach so nah am Weg, dass man Mal die Füße im Wasser abkühlen kann. Das kräftige Blau des Stengelenzians leuchtet oft am Wegesrand an sonnigen Plätzen auf. Im Anton-Karg-Gartl, das dem Erschließer des Kaisertals gewidmet ist, laden zwei Holzbänke zur Pause ein. Nur das Rauschen des Sparchen Bachs und Vogelgezwitscher sind zu höhen. Weiter geht’s. In der Hauskapelle von Hinterbärenbad kann man sich eine paar Minuten der Stille gönnen. Das Anton-Karg-Haus ist die letzte Einkehrstation vor dem Ziel. Hier fühlen sich Kinder wohl, sie können am Bach und auf dem Spielplatz rumtoben. Erwachsene schätzen dagegen etwas mehr die Liegestühle. Neben dem Haus gibt es einen Gedenkstein, mit vielen Tafeln, die an Bergsteiger erinnern, die beim Klettern in den umliegenden Bergen abgestürzt sind.
Weiter geht’s. Es gibt zwei Möglichkeiten, um zum Hans-Berger-Haus zu gehen. Eine Variante ist der Forstweg, der ist länger und einfacher, die andere ist kürzer und geht über Stufen leicht ansteigend durch den Wald. Plötzlich sieht man zwischen den Bäumen einen Teil des Hausdaches und die gelben und weißen Sonnenschirme. Es sind dann nur noch ein paar Schritte zum Hans-Berger-Haus. Geschafft. Zweieinhalb Stunden hat die Tour gedauert. Das Naturfreundehaus von 1932 strahlt Gemütlichkeit aus, hier fühlt man sich gleich wohl. „Griaß aich“, begrüßt Silvia Huber, die Hüttenwirtin, die neuen Gäste auf der großen Terrasse unterhalb der markanten Kulisse der „Kleine Halt“. Schon als sechsjähriges Kind war sie gerne bei ihrem Vater, der Hüttenwirt und Bergführer im Hans-Berger-Haus war. Seit 1990 führt sie schon in der zweiten Generation das Haus. Das Gefühl für die Berge ist ihr in die Wiege gelegt worden. Im Hans-Berger-Haus hilft immer ein Sherpa aus Nepal, um Deutsch und die Eigenheiten der Gäste zu erlernen. Nach Abschluss der Saison fährt Silvia auch immer für einen Monat nach Nepal. Ihr Sohn besucht sie gerne, wenn sie im Hans-Berger-Haus ist. „Er wurde als Kind nie gezwungen in die Berge zu gehen und wurde auch nicht als Billigarbeitskraft versklavt“, erklärt Silvia, „deshalb kommt er heute gerne.
Kufstein
Der Platz, auf dem das Hans-Berger-Haus steht, soll ein Kraftplatz sein, angeblich hat er ganz besondere Schwingungen, denn die Gäste, die zur Hütte kommen, sind meistens gut drauf. Das Panorama ist beeindruckend, die markante Pyramide, die „Kleine Halt“, ist für Silvia der schönste Berg, den es gibt. Altschneereste kleben noch am Sonneck. Kinder kommen auch gerne zur Hütte, denn es gibt einen Kinderspielplatz und eine Indoor-Kletterwand. „Das Gebiet rings um das Hans-Berger-Haus eignet sich zum Klettern, Wandern und Faulsein und Essen“, sagt Silvia. Genießer können auf der Terrasse wunderbar entspannen. Das Himmelbett ist ein Doppelliegestuhl für zwei mit einem Blick über das ewige Grün des Kaisertals, das so beruhigend ist. Klettern kann man im Scharlinger Boden und dem Hausberg, der Kleinen Halt, es gibt Routen mit Schwierigkeitsgraden von drei bis neun. Außerdem laden unzählige kurze und lange Wanderungen ein. Silvias Lieblingswanderung führt zum Mirakelbrünndl, dort trinkt sie ein paar Schlucke kristallklares Wasser und wünscht sich etwas. Ihre Wünsche gehen oft in Erfüllung, denn sie wünscht sich nur realistische Sachen, die der Brunnen auch erfüllen kann. Dann geht sie über den Scharlinger Boden zurück zum Haus.
Die Speisekarte an der Hauswand des Hans-Berger-Hauses ist verführerisch. Spinatknödel und der Mastochsenbraten mit Rotweinsauce sind die Renner. Das Fleisch kauft Silvia bei regionalen Biobauern und die gute Qualität schmeckt man auch. Sie ist eine temperamentvolle und unkonventionelle Hüttenwirtin, die für ihr Leben gerne kocht. Die Gäste singen Lobeslieder auf ihre Kochkunst. Zum Essen gehört auch ein edler Tropfen, auf der Weinliste stehen viele erlesene österreichische Weine. Oder man probiert einen „Kaiserinnen Spritz“, das ist Weißwein mit Hollersaft und Minze.
Für Baumknuddler gibt es eine Buche neben dem Haus. Hier können die, die daran glauben, den Baum umarmen und Energien auftanken. Und dann gibt es noch etwas Kurioses: Mitten in der Wiese hinter dem Haus steht ein Zeichen für einen Postbus. Auf die Frage, wann der Bus kommt, antwortet Silvia lachend: „Am Ende der Saison“.
Silvias Markenzeichen ist ausgefallen: Sie trägt zwar das gleiche Schuhmodell, aber am linken Fuß in einer anderen Farbe als am rechten Fuß. Nach dem Abendessen greift Silvia zur Gitarre und singt dazu alte Volkslieder. „Wann i auf d’ Olma geh“, ist ihr Lieblingslied. Ja die Silvia ist eine zünftige Hüttenwirtin, sie klettert, kocht, musiziert und ist die einzige weibliche Wirtin ohne Wirt im Kaisertal und gut aussehen tut sie auch noch. Nicht umsonst schwärmen viele von Silvia der „wilden Kaiserin im Kaisertal“.
Kursangebot im Hans-Berger-Haus
Es gibt Ausbildungskurs zum Felsklettern und Klettersteigtraining, Wanderwochen, Seminare für Frauen wie biografisches und literarisches Schreiben, Koch- und Wanderworkshop sowie Eltern und Kind Klettern. Die Kurse leiten Silvia Huber oder Brigitte Weninger, die österreichische Autorin.
Kaisertal-Sage
Der Scharlinger Boden im hintersten Kaisertal ist ein verwunschener Ort. Hinter dem Brunnen gibt es einen Eingang zu einer geheimen Schatzhöhle, die sich laut Legende nur einmal im Jahr am Tag der Fronleichnamsprozession öffnet. Dann dürfen gute Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, die Höhle betreten und mitnehmen, war sie zum Überleben brauchen. Wer aber aus purer Habgier in die Schatzhöhle eindringt, wird von wilden Teufeln verfolgt. Ein Mal stieg eine junge Bäuerin am Fronleichnamstag mit ihrem kleinen Sohn zum Brunnen hinauf. Ihr Ehemann war im Winter bei Holzarbeiten verunglückt. Die Bäuerin trank einen Schluck aus der Quelle und als die Glocken vom Tal herauf klangen, öffnete sich ein verstecktes Felsentor. Die Frau ging hinein, setzte ihren Sohn auf den Boden und sammelte Gold in ihre Schürze und trug es ins Freie. In diesem Moment hörten die Glocken auf zu schlagen und mit lautem Krachen schlug das Tor zu und ihr Kind war ihm Berg eingeschlossen. Sie hatte einen Schatz gewonnen, aber einen viel größeren, ihren Sohn, verloren. In ihrer Verzweiflung ging sie zum Pfarrer und klagte ihm ihr Leid. Der Pfarrer versprach: „Deinem Kind wird nichts geschehen, hab Vertrauen und gehe in einem Jahr wieder hin“. Nach einem Jahr öffnete sich das Felsentor unter dem Klang der Fronleichnamsglocken und ihr Sohn kam der Bäuerin munter und lachend entgegen. Er erzählte, dass freundliche kleine Männer ihm Essen gebracht und ihm auch ein Bett und Spielzeug gebaut hatten. Außerdem haben die kleinen Männer versprochen, dass die Mutter bald wiederkäme. Voller Freude kehrten Mutter und Kind nach Hause zurück.
ReiseTravel Fact: Wer die Natur und Berge genießen möchte ohne sich dabei überzustrapazieren, der ist bei der Wanderung zum Hans-Berger-Haus gut aufgehoben.
ReiseTravel Service: Anreise: Mit dem Zug bis Kufstein. Mit der Linie 2 vom Bahnhof zum Kaisertal-Parkplatz. Mit dem Auto über die Inntalautobahn Abfahrt Kufstein Nord, weiter Richtung Ebbs zum Kaisertal-Parkplatz.
Tourismusverband Ferienland Kufstein, Unterer Stadtplatz 8, 6330 Kufstein, Tel.: 0043-5372-622070,info@kufstein.com - www.kufstein.com
Hans-Berger-Haus, Silvia Huber, Kaisertal 24, A-6330 Kufstein. Telefon +43-5372-62575, +43—6765802000, info@bergsteigerschule.at - www.bergsteigerschule.at, www.gipfelbibliothek.com - www.wilde-kaiserin.com, Schutzhütte der Naturfreunde Kufstein, bewirtschaftet von Mitte Mai bis Mitte Oktober. 60 Schlafplätze, es gibt auch Vierer und sogar Zweierzimmer für die man früh reservieren muss. Für Mitglieder alpiner Vereine gibt es eine Ermäßigung für die Übernachtung. Zum Frühstück werden die Plätze mit liebevollen Platzkarten verteilt. Nachschub holt man sich einfach in der Küche. Gepäcktransport.
Veitenhof, Familie Prichmoser, Kaisertal 3, A-6330 Kufsten, Tel.: +43-5372-63415, otto.pirchmoser@aon.at - www.veitenhof.at. Das Thema ist Hausmannskost aus den Produkten der Region wie Gulasch vom Almochsen und Spinatspatzl und Wiener Schnitzel sowieso. Am ersten Sonntag im Monat wird „Frühstück am Berg“ angeboten.
Alpengasthof Pfandlhof, Josef Schwaighofer, Kaisertal 7, A-6330 Kufstein, Tel.: +43-5372-62118, www.pfandlhof.at. Die Speisekarte konzentriert sich auf Wildgerichte wie Rehragout, Wildschweinsülze und Gamsragout.
Anton-Karg-Haus in Hinterbärenbad, Alpenvereinshaus der Sektion Kufstein, Anita Kraisser, Kaisertal 2, A-6330 Kufstein, Tel.: +43-5273-62578, hinterbaerenbad@gmx.at - www.hinterbaerenbad.at. Der Kaiserschmarrn ist göttlich.
Literatur: Tiroler Sagen, Brigitte Weninger und Jakob Kirchmayr, Tyrolia Verlag Innsbruck-Wien, Brigitte Weninger, österreichische Autorin, www.brigitte-weninger.at
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.
Unsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Reise. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu
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