Bad Herrenalb | Kein Leben ohne Bienen |
Stolz präsentiert Richard Pfeifer in Bernbach seine Insektenherberge, die direkt vor seinem Wohnhaus ein sonniges Plätzchen gefunden hat.
„Das habe ich alles selbst gebaut und zudem auch noch selbst geschnitzt“, erklärt der geschickte Handwerker, der für den Bezirks-Bienenzüchter Verein in Bad Herrenalb zu einem der ältesten Mitglieder zählt. Seit 63 Jahren ist der 1934 geborene Bernbacher mit der Aufzucht und Pflege seiner Honig-Bienen beschäftigt und beherbergt noch heute 20 Völker im eignen Garten.
„Die Honigbiene ist für unsere Obstbäume besonders wichtig, weil sie beim Bestäuben bei einer Sorte bleiben und damit blütentreu sind“, so sein Tenor, wobei er zudem über die Insekten spricht, die zum Weltbienentag in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt sind. „Viele der Wildbienenarten sind vom Aussterben bedroht, weil man diesen nützlichen Insekten den Lebensraum zum Überleben nimmt.“ Mit leidvoller Miene beschreibt der rüstige Rentner seine Bemühungen zu einem vielseitigen Speiseplan der Insekten: „Ich habe in meinem Leben schon viele Bäume gepflanzt und freue mich durch die Bestäubung von Bienen an den verschiedenen Früchten – aber heute werden von vielen Menschen diese wertvollen Bäume auf Streuobstwiesen einfach abgesägt, weil sich keiner mehr um das Obst kümmern und keinen Aufwand in der Landwirtschaft betreiben möchte.“
Dabei kommt es nicht nur auf den Honig an. Was damit zugrunde geht ist schnell berichtet. Besorgt zitiert der Imker einen Spruch von Albert Einstein: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.“ Insbesondere die Wildbienen, die in der freien Wildbahn als Einzelgänger unterwegs sind haben es schwer, da ihnen der natürliche Lebensraum entzogen wird. „In meiner Insektenherberge kann man das Brutverhalten ganz genau beobachten“, erläutert Pfeifer, der auf die verschlossenen Aushöhlungen im Holz deutet und erklärt: „Hier entsteht erst eine Biene – und dort, wo die Löcher schon wieder geöffnet sind, sind die Jungbienen bereits geschlüpft.“ Während die Wildbienen im Umkreis von lediglich wenigen 100 Metern ihre Pollen sammelt, ist der Flugradius seiner Honigbienen weitaus größer.
Für 500 Gramm Honig müssen die Honigbienen rund 75 Millionen Blüten bestäuben und legen dabei eine Strecke von bis zu 120.000 Kilometer zurück.
Das besondere Arbeitsvolumen ist dem Nachwuchs geschuldet, den Pfeifer in seinem Garten liebevoll hegt und pflegt. Im Winter leben rund 10.000 Bienen im Bienenstock, schlüpft im Frühjahr die Brut erhöht sich die Anzahl im Bienenstock auf bis zu 60.000 Insekten.
Im Januar beginnt die Königin mit der Eiablage für das erste Brutnest mit täglich rund 2.000 Eiern. Für jedes Ei ist eine Wabe voller Futter vorbereitet. Nach 21 Tagen schlüpfen die Arbeiterinnen, die dafür Sorge tragen, dass im Bienenstock eine konstante Temperatur von 36 Grad herrscht. Durch gezieltes Flügelschlagen wird „geheizt“ oder mit eingetragenem Wasser „gekühlt“.
„Daher benötigt die Biene für die Brutzeit pro Tag rund einen halben Liter Wasser“, erklärt Pfeifer, der dafür einen Wassertrog bereitgestellt und liebevoll mit Moos und schwimmenden Elementen bestückt hat, damit die Bienen zwar trinken, aber dabei keineswegs Gefahr laufen zu ertrinken. Mittlerweile sind in seinen Bienenstöcken die einzelnen Völker schon auf 40.000 Bienen angewachsen, so dass eigentlich fleißig Nahrung besorgt werden müsste. Müsste, weil das nasse und kalte Frühjahr bislang diese wichtigen Aktivitäten unterbunden hat.
„So viel wie in diesem Jahr, habe ich in meiner gesamten 63-jährigen Imkerzeit noch nie zugefüttert“, berichtet Pfeifer. Mit rund drei Zentnern Bienenzuckersirup als Futter konnte er die akute Notsituation der Bienen beheben und damit seine Bienenvölker am Leben erhalten. „Bei einer Temperatur von unter elf Grad fliegt keine Biene aus. Wenn das Futter knapp wird und alle Vorräte aufgebraucht sind, sterben die Tiere im Stock“, so seine Informationen zur Honigbiene. Während die Wildbienen bereits bei Temperaturen von acht Grad auf Nahrungssuche sind, fehlt diesen die große Vielfalt an Wildblumen und Kräuterwiesen. „Verschwindet eine Blume, stirbt auch die Biene, die sich davon ernährt.“, so Pfeifer, der dafür plädiert, dass wieder mehr Streuobstwiesen und Wildblumen entstehen, statt steinerne Vorgärten, auf denen noch nicht einmal Unkraut gedeiht. Sein Lebensmotto verrät der rüstige Rentner zum Ende des Gespräches, da dieses fein säuberlich aus Holz geschnitzt in seiner Werkstatt hängt: „Ich danke Gott dass er mir gab die Liebe zu den Bienen, denn alles was ich bin und hab verdanke ich ihm und ihnen.“
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Sabine Zoller.
Sabine Zoller lebt im Schwarzwald. Als freie Journalistin schreibt sie für verschiedene online Portale, Magazine und Tageszeitungen. Kultur, Handwerk und Brauchtum fasziniert Sie ebenso wie gute Küche und Natur. Ihre Berichte beschäftigen sich mit historisch attraktiven Themen, landschaftlich reizvollen Regionen und lukullisch attraktiven Stationen und machen Lust auf Reisen.
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