Dr. Ernst Messerschmid | Aufbruch zum Mond |
Vor 50 Jahren landeten die Amerikaner auf dem Erdtrabanten. Gespräch mit dem Astronauten, Physiker und Raumfahrtexperten Dr. Ernst Messerschmid.
Raumfahrt: Der ehemalige deutsche Astronaut Dr. Ernst Messerschmid (74) glaubt, dass sich die Menschen in drei, vier Jahren wieder aufrappeln und zum Mond zurückkehren werden. Zumindest in einem ersten „Swing-by-Manöver“.
Wie der Physiker und langjährige Universitätsprofessor für Raumfahrttechnik am Rande der Eröffnung des 360-Grad-Filmabenteuers „Mission Astronaut“ im Europa Park Rust erklärte, wo er sich mit seinen Handabdrücken verewigte, arbeiteten derzeit weltweit 15 Raumfahrtagenturen in einer Koordinierungsgruppe eng zusammen.
Astronaut Dr. Ernst Messerschmid
„Die haben die nächsten Ziele, in einer Art Roadmap schon definiert.“ Die „Fahrzeuge“ seien fast fertig, erklärt der Raumfahrtexperte. „Das ist zum einen das ILS, das International Launch System, eine Rakete, die fast so ähnlich aussieht, wie die alte Apollo, allerdings mit zehn Prozent mehr Schubkraft.“
Zum anderen das „Orion Modul“, das schon fertig sei. „Damit kann man mit vier Astronauten zum Mond fliegen.“
In Mondnähe, im Orbit des Trabanten, werde man dann eine Station, die „Lunar Gateway“ heißen wird, errichten. „Dort kommen die Astronauten an, um dann mit einem anderen Fahrzeug runter zum Mond und wieder zurückzufliegen.“ Messerschmid: „Das sind sogenannte Librationspunkte, die dazu dienen, die Raumfahrzeuge in Ruheposition zu halten.“
„Dann wird man wohl in der Nähe des Mondpoles, beim Shackleton-Krater eine Station errichten und dort Forschungen betreiben.“
Warum am Pol? „Weil man dort immer Licht hat.“
Messerschmid, der 1985 mit der Raumfähre „Challenger“ von Kap Canaveral aus zum Raumlabor Spacelab abhob, um dort eine Woche lang wissenschaftlich zu arbeiten, definiert das so: Forschung auf dem Mond, über den Mond und vom Mond. „Zum Beispiel Radioastronomie auf der Rückseite.“
Um die Forschungsstation vor Strahlenbelastung zu schützen, die auf dem Erdtrabanten doppelt so stark ist wie auf der Erde, immerhin sollen die Astronauten sechs Monate vor Ort bleiben, werde Mondsand Regolith über die komplette Anlage geschüttet, damit die Astronauten wenigstens innerhalb der Station vor den Strahlen bewahrt würden.
Vorschläge für Forschungstätigkeiten auf dem Mond gebe es zuhauf. Allerdings würden solche Programme immer wieder verschoben und verändert. Allein schon aus Sicherheitsgründen. Um Bodenschätze gehe es den Betreibern nicht. „Es geht um Ressourcen, die man braucht, um weiter ins All hinaus zu fliegen.“
Die Mondbasis solle einmal Sprungbrett ins All sein, zum Beispiel zum Mars. Auf dem Mond werde etwa Energie gespeichert und zwischengelagert. „Energie, die aus Regolith gewonnen wird, das man energetisch umwandelt." Man wolle verhindern, Treibstoff von der Erde zu nutzen. Wer sich bereits auf einer Umlaufbahn in Erdnähe befinde, habe den größten Energieaufwand – nämlich das Verlassen der Anziehungskraft der Erde - schon hinter sich gelassen.
Vieles, was man zum Raumflug brauche, könne man dann auf dem Mond oder auf Asteroiden erledigen. „Rohstoffe, die so wertvoll sind, dass man sie vom Mond zur Erde transportieren müsste, gibt es dort nicht." Es gehe um die Raumfahrt selbst und um Stoffe, die man zum Raketenantrieb und zum Leben benötige: Atemgase zum Beispiel, die man teilweise vor Ort erzeugen könne.
Warum das zwischen 1969 und 1973 angeworfene Schwungrad - das war der Zeitraum der NASA-Mondmissionen - nicht am Laufen gehalten habe, um heute schon viel weiter zu sein - begründet der Astronaut mit der politischen Wetterlage damals. „Es war erstaunlich genug, dass man mit analoger Technik solche Missionen überhaupt hatte fliegen können."
„Da war vielleicht in einer kurzen Zeitspanne zu schnell etwas Großartiges geleistet worden."
Alle Ziele der Apollo-Mission hätten geklappt. Man hatte den Russen gezeigt, dass der Westen die bessere Technologie und ein gutes politisches System hatte. „Vorher hatten die Russen ja immer die Nase vorn: Der erste Mensch im All." Messerschmid. „Damals hatten die Amerikaner vier Prozent ihres Bundeshaushaltes in die Raumfahrt investiert.“
Nachdem die Amerikaner den Russen ihre Überlegenheit vor Augen geführt hätten, sei das Wettrennen eingestellt worden. Die Luft war raus. „Fortan ging es nur noch um die gemeinsame Nutzung des Weltraums.“ Es sei doch erstaunlich, „dass wir trotz eines Putins heute immer noch sehr kooperativ mit den Russen und all den anderen Partner zusammenarbeiten."
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Helmut Kunz.
Unser Autor wohnt in Weiden.
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