Volker Tschapke | Deutsche Einheit |
Deutsche Einheit
Sehr geehrte ReiseTravel User, verehrte Freunde der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg: „Die Deutschen haben das seltenste aller historischen Geschenke erhalten, eine zweite Chance“ Fritz Stern, Historiker, hat einmal über die Wiedervereinigung Deutschlands geschrieben.
Was mittlerweile ein normaler Feiertag im deutschen Alltagsleben geworden ist und nun mit „traditioneller“ Zeremonie zum zwanzigsten Male begangen wird, ist alles andere als normal und alltäglich. Das die Tatsache der Einheit jedoch mitunter so empfunden wird hat sowohl eine gute, wie eine schlechte Seite.
Das wir seit zwanzig Jahren in einem gemeinsamen deutschen Heimatland leben und wir auf der Autobahn nicht mehr bewegt innehalten, wenn wir von Thüringen nach Hessen, von Sachsen-Anhalt nach Niedersachsen u.s.w. wechseln, ist ein Zeichen von Normalität. Die Gefahr, zu Tode zu kommen, wenn man diese Reisen von Ost nach West antritt, ist (bis auf die Risiken des alltäglichen Straßenverkehrs) gebannt.
Diese Normalität auch als normal zu empfinden, ist Zeichen einer gelungenen Einheit, die in der Folge auch die europäische Einheit und den ungehinderten Transfer innerhalb des Schengenraumes nach sich zog. „Deutschland ist unser Vaterland, das vereinte Europa unsere Zukunft. Gott segne unser deutsches Vaterland.“
Sagte Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl am Ende seiner TV-und Hörfunkansprache am 2. Oktober 1990. Diese damals fast prophetischen Worte sind aber heute die „Normalität“ der Einheit und diese „Normalität“ ein Segen für uns. Helmut Kohl sagte damals auch: „Der 3.Oktober ist ein Tag der Freude, des Dankes und der Hoffnung. ...“ Freude, Dank und Hoffnung, diese Gefühle sind heute leider nicht mehr normal und Bestandteil des bewussten Gedenkens am Tag der Deutschen Einheit.
In vielen Teilen der Bevölkerung ist der Elan und die Art und Weise, sich für die Veränderung von Dingen einzusetzen, erlahmt. Überzeugung, Energie und Tatendrang, die damals den friedlichen Wandel in der DDR ermöglichten und in der Folge bei den politischen Verantwortungsträgern den Weg zur Einheit ebnen halfen, lassen nach.
Wir sollten uns die Leidenschaft und Kraft dieser Zeit in Erinnerung rufen und uns dessen bewusst sein, dass diese Kraft und Leidenschaft in jedem von uns wohnt und nur wieder geweckt werden muss. Auch aus der Erkenntnis heraus ist vor mittlerweile vierzehn Jahren die Preussische Gesellschaft gegründet worden. Vielen Menschen hatten damals im Westen wenig Vertrauen und Zuversicht in den bereits begonnen Prozess der Annäherung und in Folge Einheit Deutschlands:
„Ein wiedervereinigtes Deutschland wäre für unsere Nachbarn (...) nicht akzeptabel. Das Wiedervereinigungsgebot im Grundgesetz wäre in seiner Konsequenz ein Unglück für das deutsche Volk. Ich kann mir nicht vorstellen, welchen Vorteil die Deutschen aus einer Wiedervereinigung hätten.“ So der spätere deutsche Außenminister Joschka Fischer im Interview mit „Bunte“ am 27. Juli 1989.
„Wiedervereinigung wäre Rückkehr zum Alten. Jetzt wird aber ein Zukunftsmodell gebraucht.“ Meinte drei Wochen nach dem Mauerfall am 30. November 1989 gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ der spätere Bundespräsident Johannes Rau.
Auch Oskar Lafontaine darf hier noch kurz zitiert werden, der auf dem Bundesparteitag seiner damaligen Partei SPD am 18. Dezember 1989 zu einer möglichen NATO-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschlands sagte: „Welch ein historischer Schwachsinn“.
Wohlwollend und in Anerkennung späterer Funktionen im Staat darf man Johann Wolfgang von Goethe in diesem Falle nachsetzen: „Es irrt der Mensch, solang er strebt.“
Daher sollten wir den 3. Oktober tatsächlich mit Dankbarkeit, Freude und Hoffnung begehen. Erst recht, wenn man weiß, dass an just diesem Tage erst die letzten Schulden, also Reparationszahlungen, des Ersten Weltkrieges von deutscher Seite bezahlt werden. Der 3. Oktober 2010 ist tatsächlich der Stichtag für die letztmögliche Bedienung der Forderungen, die sich aus dem umstrittenen Artikel 231 des Versailler Vertrages ergeben.
Bedient wurden diese Ansprüche meist privater Investoren seit dem Jahr 1990, also seit mit der Souveränität in Einheit und Freiheit.
Es handelt sich dabei um Zins und Tilgung auf Anleihen, die eine direkte Folge des ersten Weltkrieges sind. Im Vertrag von Versailles wurde Deutschland als allein Schuldiger für den Krieg verantwortlich gemacht. Nachdem 1933 die Zahlungen eingestellt und nach dem zweiten Weltkrieg auf der Londoner Konferenz ein Schuldenabkommen mit Westdeutschland geschlossen wurde, vertagte man einen Teil der noch offenen Forderungen auf einen imaginären Zeitpunkt nach einer möglichen Wiedervereinigung. Als diese dann tatsächlich 1990 folgte, wurden auch die Forderungen wieder fällig und prompt vom deutschen Staat und Rechtsnachfolger der zu belangenden Vorgängerstaaten bedient.
Die Höhe der Reparationszahlungen des Zweiten Weltkrieges sollten übrigens Gegenstand eines zu unterzeichnenden Friedensabkommens zwischen den Siegermächten und „Rest“ Deutschland sein. Der kam in dieser Form nie zustande. An dessen Stelle traten dann die Ergebnisse der „Zwei plus Vier Gespräche“ über die deutsche Einheit und die daraus resultierenden Verträge, die Zahlungen als Kriegswiedergutmachung nicht mehr vorsahen.
Auch diese Tatsache, die unmittelbar mit dem 3. Oktober 1990 zusammenhängt, dessen 20. Jubiläum wir feiern, sollte uns zu Dankbarkeit und Freude motivieren. Das Berlin im Jahre 1760 im Rahmen des Siebenjährigen Krieges ebenfalls am 3. Oktober für neun Tage von russischen Truppen besetzt wurde, ist dagegen allenfalls wissenswert und mitnichten als Analogie zur fast 50-jährigen Besetzung (1945 bis 1994) Ostdeutschlands durch russischen Truppen zu verstehen. Geschichte hilft, Gegenwart zu verstehen und Ereignisse zu relativieren.
Sehr geehrte ReiseTravel User, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Den Geburtstagskindern preußisches Fortune und alles Gute im neuen Lebensjahr, den Erkrankten baldige Genesung
Pro Gloria et Patria
Gott befohlen
Volker Tschapke
Präsident Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg
Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg e.V. c/o Hilton Berlin
Mohrenstrasse 30, D-10117 Berlin, Telefon: 030 – 2023 2015, www.preussen.org
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