Volker Tschapke | König Friedrich II. |
König Friedrich II.
Liebe ReiseTravel User, verehrte Freunde und Förderer: Das neue Jahr steht für die Preußische Gesellschaft selbstverständlich im Zeichen unseres großen Königs: Am 24. Januar 1712 kam der Kronprinz und spätere König Friedrich II. zur Welt und wir können in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag feiern. Für die Zeitgenossen war die Geburt des Thronfolgers ein Wink des Schicksals. Noch regierte mit Friedrich I. derjenige, der sich 1701 in Königsberg selbst zum König in Preußen gekrönt hatte. Er war ein Freund der rauschenden Feste und der reichen Darstellung seiner neu erworbenen Würde.
Sein Nachfolger, Friedrich Wilhelm I., der spätere Soldatenkönig, sollte seinen Vater dadurch erfreuen, dass er die Erbfolge sicherstellte. Ihm waren bereits einige Kinder geboren worden, die jedoch entweder noch im Säuglingsalter verstarben oder es handelte sich um Mädchen, die von der Erbfolge ausgeschlossen waren. Insofern war die Geburt Friedrichs ein Signal, dass die Dynastie gesichert ist.
Es herrschte dennoch zunächst Unsicherheit, ob Friedrich das Kleinkindalter überleben würde. Diese Sorge teilte damals das ganze Volk, da es in diesem noch kleinen Preußen durchaus ein persönliches Verhältnis zwischen Herrscher und Volk gab. Deshalb ging man auf die Suche nach Zeichen, die in die Zukunft weisen könnten. Da es sich bei einem Thronfolger um einen von Gott zur Herrschaft berufenen Menschen handelte, durfte man erwarten, dass sich Gott in irgendeiner Weise bemerkbar machen würde.
Das wichtigste Ereignis in diesem Zusammenhang dürfte folgendes Naturschauspiel gewesen sein, von dem Franz Kugler in seiner berühmten Friedrich-Biographie berichtet: „Einige Monate nach der Geburt des Prinzen, im Frühjahr und Sommer 1712, erblühte im königlichen Lustgarten zu Köpenick, in der Nähe von Berlin, eine amerikanische Aloe, welche daselbst schon vierundvierzig Jahre ohne zu blühen gestanden hatte, zu ungemeiner Größe und Fülle. Sie trieb einen Stamm von einunddreißig Fuß Höhe, an welchem man 7.277 Blüten zählte. Tausende strömten von nah und fern herzu, um dies Wunder der Natur zu sehen; in Druckschriften, in Gedichten und Kupferstichen wurde die Pracht der Riesenblume verkündet. Man betrachtete sie als ein Sinnbild jenes Glanzes, zu dem das preußische Königshaus emporsteige, und wusste ein solches Gedankenspiel in kunstreich gebildeten Denksprüchen durchzuführen. Den Hoffnungen, welche die Geburt des künftigen Thronerben belebt hatte, schien hier eine neue Bestätigung gegeben.“
Was allerdings nachdenklich stimmte, war die Tatsache, dass die Pflanze, bei der es sich nach heutiger Klassifikation um eine Amerikanische Agave handelte, überhaupt nur einmal blühen kann und danach abstirbt. Diese Zusammenhänge waren damals durchaus bekannt und man wusste aus anderen Gärten, welcher Aufwand betrieben werden musste, um möglichst oft eine solche Pflanze in Blüte präsentieren zu können. Die Aufzucht war kostspielig und das Ereignis der Blüte wurde oft in Flugblättern festgehalten.
Volker Tschapke Präsident Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg
Damals scheint man den Zusammenhang zwischen Blüte und Tod auf den bevorstehenden Tod des Königs bezogen zu haben, wie Kugler weiter schreibt: “Eine solche Deutung war freilich so verwegen nicht, da der König, überhaupt von schwächlicher Körperbeschaffenheit, schon längere Zeit kränkelte. Die Geburt eines Enkels war der letzte freudige Glanz seines Lebens gewesen. Am Geburtstag desselben im folgenden Jahre, bei dem Fest, welches der Kronprinz zur Feier des Tages veranstaltet hatte, erschien er zum letzten Male öffentlich. Bald nahm seine Krankheit eine drohende Wendung. Schon am 13. Februar berief er seine Familie und die höheren Staatsbeamten vor sein Lager, um Abschied von ihnen zu nehmen. Er erteilte dem Kronprinzen seinen Segen, ebenso seinen Enkeln, dem einjährigen Prinzen Friedrich und dessen Schwester, der vierjährigen Prinzessin Wilhelmine, die mit ihren Eltern am Bette kniete. Am 25. Februar verschied der König.“
Damit war der Zusammenhang von Tod und Geburt offensichtlich und die Deuter der Agaven-Blüte konnten sich bestätigt sehen. Im Rückblick bieten sich allerdings noch andere Deutungen dieses Ereignisses an. Immerhin erlebte Preußen unter dem gerade geborenen Friedrich seine höchste Blüte, um dann zwanzig Jahre nach dessen Tod den bis dahin größten Tiefpunkt seiner Geschichte hinnehmen zu müssen. In der Rückschau ist man immer schlauer, zumal es etwas verwegen scheint, das ganze Schicksal Preußens am Blühen einer Pflanze festmachen zu wollen.
Preußen hat es noch auf einige andere Blüten gebracht, nicht zuletzt die geistige Blüte, die unmittelbar nach den schrecklichen Ereignissen um 1806 begann. Sie manifestierte sich unter anderem im Bildungsideal Wilhelm von Humboldts und der Gründung der Berliner Universität. Die geistige Kraft trug Preußen lange und wurde in den Zeiten des 1871 unter preußischer Führung gegründeten Kaiserreichs fortgeführt, als Deutschland zur unangefochtenen Bildungsmacht in der Welt aufstieg. Auch machtpolitisch war die Zeit nach 1871 eine Blüte: Ein mehr als vierzig Jahre anhaltender Frieden war auf die Macht gegründet, seine Interesse notfalls mit Gewalt durchsetzen zu können, um auf diese Weise für keinen Gegner als leichte Beute zu erscheinen. Aber, das wollen wir nicht vergessen, auch Tiefpunkte hat es nach 1806 noch gegeben. Wir müssen nur an die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Auflösung Preußens 1947 durch die Alliierten denken.
Die größte Blüte erlebte Preußen zweifellos unter Friedrich dem Großen. Bei keinem anderen deutschen König der Neuzeit würde wohl solch ein Jubiläum in ähnlicher Weise begangen werden. Ihm kommt als einem der Letzten selbstverständlich der Titel „der Große“ zu, der ihm erstmals nach seinem Sieg im zweiten Schlesischen Krieg beigefügt wurde. Nicht von seinen Lakaien, sondern von seinem Volk.
Ihm diesen Titel heute zuzuschreiben, fällt vielen Menschen vermutlich nicht schwer. Einige Journalisten haben da schon eher ihre Probleme. Der Spiegel eröffnete den Reigen der Friedrich-Titel bereits im letzten Jahr und hat kaum ein gutes Haar an ihm gelassen. Das ließ Schlimmes befürchten, doch in all dem Relativieren und Aufrechnen gab es hin und wieder auch erfreuliches zu lesen. Berthold Seewald nennt auf weltonline.de drei Gründe, warum Friedrich ein Großer war, ist und bleibt. „Zum Ersten reicht die contrafaktische Kontrollfrage, wo wir denn ohne ihn stünden. Ohne Friedrich keine preußische Großmacht und ihre Reformen, kein kleindeutscher Nationalstaat und dessen Katastrophe, keine Wiedervereinigung. Von Preußen führt keine direkte Linie zu Hitler. Aber der Staat, den sich der Gefreite aus Österreich unterwarf, ist ohne das Erbe Friedrichs des Großen nicht denkbar.“
Das ist zwar ein anderes Verständnis von Größe als das, was damals für die Zuschreibung verantwortlich war. Aber immerhin, das Argument sticht: Groß sind die Unersetzlichen. Das, das, laut Jakob Burckhardt, kaum jemand ist, gibt es davon nur wenige. Seewald fährt dann auch mit Burckhardt fort: „Zum Zweiten gibt Jakob Burckhardt noch einmal das Stichwort: Die großen Männer geben ihren Nationen einen hohen Maßstab der Dinge. Wenn wir in diesen Monaten über demokratische Politiker lamentieren, die ihre Doktorarbeiten abgeschrieben haben oder sich bei Freunden billige Kredite für Häuser verschafften, dann schöpft unsere Empörung auch aus einer politischen Kultur, in der Arbeitsethos und Askese, Unbestechlichkeit und intellektueller Glanz noch eine wichtige Rolle spielen.
Kein Geringerer als Goethe bekannte: Wir waren alle fritzisch gesonnen.“ Das ist für unsere Zeit der entscheidende Punkt, den Friedrich auch heute noch groß macht. Als letzten Punkt nennt Seewald das Interesse, das Friedrich bis heute bei den unterschiedlichsten Menschen, auch solchen die sich eigentlich nicht für Geschichte interessieren, weckt.
Insofern dürfen wir uns glücklich schätzen, dass sich die Feierlichkeiten zum 300. Geburtstag sich nicht lediglich auf uns als unverdrossene Verteidiger des preußischen Ansehens in Welt beschränken. Auch das offizielle Deutschland ehrt Friedrich; mit vielen Veranstaltungen, vor allem aber mit einer Sonderbriefmarke und einer Gedenkmünze. Die Briefmarke ist bereits erschienen, der Erstausgabetag war der 2. Januar. Sie zeigt einen Ausschnitt aus dem berühmten Gemälde von Anton Graff aus dem Jahre 1781. Wenn man sich die entsprechenden Konkurrenzentwürfe anschaut, ist eine gute Wahl getroffen worden, sodass dem großen König eine würdige Briefmarke zum Geburtstag beschert wurde. Für philatelistische Preußenfreunde besteht damit die Möglichkeit, ihre Friedrich-Sammlung zu erweitern, denn nahezu jeder deutsche Staat der letzen hundert Jahre hat Friedrich auf diese Weise geehrt.
Anfang Februar erscheint dann auch eine 10-Euro-Gedenkmünze, die sowohl in einer Kupfer-Nickel-Legierung als auch als Silbermünze, dann allerdings nur als Sammleranfertigung in polierter Platte, erscheint. Der Silbergehalt ist im Vergleich zu Gedenkmünzen früherer Jahre herabgesetzt worden. Für diesen Schritt könnte sich die Bundesbank durchaus auf den großen König berufen, der in Kriegszeiten ebenfalls zum Mittel der Münzverschlechterung griff, um mit dem Gewinn den Krieg zu finanzierten. Der entscheidende Unterschied besteht allerdings darin, dass Friedrich diese Münzen alsbald wieder einziehen und gegen hochwertige austauschen, ließ. Dass dies mit den Euro-Münzen jemals passieren wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Nichtsdestotrotz ist es eine schöne Münze geworden, die ein Friedrichportrait nach dem Gemälde von Johann Georg Ziesenis aus dem Jahr 1763 zeigt. Es ist eines der wenigen, für das der König Modell saß.
Auf den Münzrand ist folgender Satz geprägt: „Mich meinen Mitbürgern nützlich erweisen.“ Auf der Vorderseite findet sich der berühmte Ausspruch „In meinem Staate kann jeder nach seiner Facon selig werden“, den Friedrich 22. Juni 1740 an Rand eines Schreibens bezüglich eines evangelischen Vorstoßes gegen die katholische Schule in Glogau schrieb. In voller Länge lautete die Notiz: „Die Religionen müssen alle toleriert werden, und muss der Fiskal nur das Auge darauf haben, dass keiner der anderen Abbruch tue, denn hier muss ein jeder nach seiner Fasson selig werden.“
Der Satz, den wohl fast jeder unterschreiben würde, hat seine Tücken. In der Kurzform auf der Münze ist der religiöse Hintergrund ausgeblendet, der einschließt, dass die Sache in staatlichen Dingen ganz anders aussieht.
Wer sich die Rechtfertigungen des Bundespräsidenten angeschaut hat, wird den Denkfehler leicht erkennen: Die eigene Facon wird gern als Gutdünken missverstanden. Dass dem nicht so ist, dafür hat Friedrich, wie oben bereits erwähnt, den Maßstab geschaffen. Wer sich mit seinem Spruch schmückt, muss immer mit bedenken, in welcher Zeit und unter welchen Voraussetzungen er geschrieben wurde. Sich heute unter dem Banner der Toleranz zu versammeln, kostet nichts und ist oft nicht mehr als ein Bekenntnis zur Mehrheitsmeinung.
Wir sollten es uns mit Friedrich in seinem Jubiläumsjahr nicht zu leicht machen. Er ist weder der Kriegstreiber, als der er gern verteufelt wird, noch derjenige, der auf dem Wege der Toleranz unsere Demokratie begründet hätte. Er ist gleichzeitig ein zeitloser Großer und ein konkreter König unserer preußischen Geschichte. Sich zu ihm zu bekennen, heißt, seine Widersprüche nicht zu vergessen, ohne die es keine Größe geben kann.
Zitat des Monats: Sie können sich nicht vorstellen, wie das Volk sich freute, den König zu sehen. Alles Klubgeschwätz von einem Lande, das unter dem Druck seiner Lasten stöhnt, von einer Nation, die mit eiserner Rute beherrscht wird, verschwand vor dem aufrichtigen Zuruf aller Stände, die einmütig ihre Begeisterung für ihren großen Monarchen bezeugten. (Hugh Elliot: Bericht des englischen Gesandten in Berlin, 1777)
„Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir einen Freistaat Preußen errichten müssen.“
Sehr geehrte ReiseTravel User, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Den Geburtstagskindern preußisches Fortune und alles Gute im neuen Lebensjahr, den Erkrankten baldige Genesung
Pro Gloria et Patria
Gott befohlen
Volker Tschapke
Präsident Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg
Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg e.V. c/o Hilton Berlin
Mohrenstrasse 30, D-10117 Berlin, Telefon: 030 – 2023 2015, www.preussen.org
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