Reutberg

Kloster Reutberg

Die Franziskanerinnen von Reutberg: Das Kloster bildet eine eigene Welt, in der sich die franziskanische Tradition der Einfachheit und Frömmigkeit bewahrt hat. Abgeschlossen von der Außenwelt leben hier in alten Mauern, doch aufgeschlossen für Gegenwart und Zukunft, die Schwestern dem Gebet und der Arbeit im Haus und Garten. Die vielen Besucher der Kirche lassen sich bei kurzer Rast vom Geist stiller Besinnlichkeit berühren.

Auf einer kleinen Anhöhe zwischen Holzkirchen und Bad Tölz liegt in der ehemaligen Hofmark Reichersbeuren und Sachsen kam das Franziskanerinnenkloster Reutberg. Graf Johann Jakob Papafava und seine Frau Anna von Pienzenau wählten diesen im frühen 17. Jahrhundert noch nicht erschlossenen Ort in der Moorgegend um den Kirchsee für die Errichtung einer „Santa Casa", dem Nachbau des Wohnhauses Mariens in Jerusalem, nach dem italienischem Vorbild in Loretto. Die Idee war während einer Wallfahrt nach Loretto entstanden, wo das adlige Paar eine Kopie der „lauretanischen" Marienstatue hatte anfertigen lassen. Auf dem gerodeten Berg - nichts anderes bedeutet der Name Reutberg - ließen die Stifter am 31. Juli 1606 mit Erlaubnis des Freisinger Fürstbischofs und des bayerischen Herzogs Maximilian I. den Grundstein für die Kapelle legen. Bereits am 26. November 1606 konnte der Bau geweiht werden.

Die Gründung des Klosters erfolgte 1618 durch Gräfin Anna. Ihr war ein Streit zwischen dem Ehepaar vorausgegangen, der in einem Mordanschlag gegen die Gräfin gipfelte. Graf Papafava war anschließend mit Schmuck und Edelsteinen seiner Frau nach Padua geflohen. Dort konnte er verhaftet werden, sodass Anna den gestohlenen Schatz zurückerhielt. Der Legende nach soll sie für diesen Fall zuvor die Stiftung eines Klosters für Kapuzinerinnen gelobt haben.

Der Plan von 1610 zur Klostergründung konnte wegen der Bestimmungen für die Ortswahl, die eine Errichtung von Nonnenklöstern nur innerhalb von Städten oder Dörfern gestattete, nicht verwirklicht werden. Erst 1615 gab es neue Überlegungen zum Bau und der finanziellen Ausstattung eines Klosters. 1618 wurde dann die Lorettokapelle um zwei Seitenkapellen erweitert und es entstand ein Gebäude für den Konvent. Die Schwestern kamen aus dem St. Maria-Kloster im St. Galler Pfanneregg. Das Kloster konnte bereits am 19. Dezember 1619 eingeweiht werden.

Reutberg war das erste Kapuzinerinnenkloster in Bayern. Unter seinem Einfluss entstanden die Konvente in Landshut und in Salzburg. Die wirtschaftliche Lage des Klosters Reutberg war in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens schwierig. Es war lediglich für sechs Schwestern geplant worden, doch bald lebten schon 14 Frauen im Kloster. Hinzu kamen die Bedrängnisse des Dreißigjährigen Kriegs, die 1631 die Nonnen zur Flucht veranlassten.

Auch im Bereich der Seelsorge gab es Schwierigkeiten. Der Konvent Reutberg war weder der Kapuziner- noch der Franziskanerprovinz eingegliedert. Mit den von der Stifterin, dann ihren Erben ernannten Beichtvätern gab es wiederholt Auseinandersetzungen. Die Schwestern bemühten sich deshalb um eine Eingliederung des Klosters in den Franziskanerorden, die 1651 vollzogen wurde. Damit verbunden waren die Einführung der strengen Klausur sowie des schulterlangen, schwarzen Schleiers als äußerem Zeichen der Ordenszugehörigkeit. Mit der Aufnahme in den Franziskanerorden war das Kloster exemt geworden, es war also nicht mehr dem Diözesanbischof, sondern dem Ordensoberen unterstellt. Die Seelsorge wurde fortan von zwei beim Kloster in einem kleinen Hospiz lebenden Patres übernommen. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Konvent, nach der Abtretung des vormaligen Sammelbezirks an das Franziskanerkloster in Tölz, aus Almosen und aus Erträgen aus der eigenen Landwirtschaft.

Ab den 1660er-Jahren wurden die Kirche und die Klostergebäude wegen starker Beschädigungen mit finanzieller Unterstützung des Kurfürsten Ferdinand Maria renoviert. Auch neue Einrichtungen kamen hinzu, wie die 1688 eingerichtete und bis heute erhaltene Klosterapotheke. Durch das Anwachsen der Mitgliederzahl des Konvents und das erneute Auftreten von Baumängeln wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein kompletter Neubau der Klosteranlage notwendig. Die Finanzierung sicherte eine großzügige Stiftung des kurfürstlichen Hofkammerrats Christian Raßveldt, der als zweiter Stifter in die Klostergeschichte einging; nach seinem Tod 1746 wurde er im Chor der Klosterkirche beigesetzt. Die Bauarbeiten gingen zügig voran und trotz eines Brandes im Januar 1731 konnten die Nonnen im Oktober 1731 das neue Gebäude beziehen. Die Klosterkirche ist nach franziskanischer Tradition ein einfacher Bau. In die 1735 fertig gestellte barocke Kirche ist das Lorettohaus mit dem Hochaltar, auf dem das Gnadenbild thront, integriert. Die Fresken zeigen die Anrufungen der Lauretanischen Litanei. Besondere Schätze des Klosters sind zudem seine barocke Krippe und das „Reutberger Christkindl", eine Statue des Jesuskindes, die 1743 in das Kloster gelangte und zuvor angeblich ein Jahrhundert lang in der Geburtsgrotte in Bethlehem ihren Platz hatte.

Im Zuge der Aufklärung geriet der Franziskanerorden in Bayern unter Druck. Der Kurfürst schränkte das Betteln ein, forcierte die Reduzierung der Anzahl der Ordensmitglieder und versuchte die Niederlassungen des exemten Ordens unter bischöfliche und staatliche Kontrolle zu stellen. Von 1769 bis 1772 wurde den Franziskanermönchen sogar untersagt, die von ihnen seelsorgerisch betreuten Nonnenklöster wie Reutberg zu betreten. Diese Entwicklung gipfelte schließlich unter Kurfürst Max IV. Joseph in der Aufhebung der Klöster. 1802 wurden das Frauenkloster und das Hospiz der Franziskaner auf dem Reutberg geschlossen und gingen in Staatseigentum über. Die Schwestern erhielten jedoch die Erlaubnis bis zu ihrem Tod im Kloster zu bleiben. Außerdem fungierte Reutberg als Zentralkloster, das Münchner Klosterfrauen aus dem Pütrichkloster und dem Ridlerkloster beherbergte.

1831 sahen sich die verbliebenen 14 Schwestern wegen finanzieller Nöte nicht mehr in der Lage, die Wirtschaft weiter zu führen. Sie wandten sich an König Ludwig L, der 1832 das Kloster versteigern ließ unter der Bedingung, dass die Schwestern bis zu ihrem Lebensende im Kloster wohnen konnten. Als das Kloster 1835 erneut zum Verkauf stand, gelang es den Schwestern die Kaufsumme von 30.000 Gulden aufzubringen und ihren ehemaligen Besitz zurückzuerlangen.

Das Klosterleben blühte nach 1835 schnell wieder auf. Wie andernorts bei den bayerischen Frauenklöstern üblich wurde 1837 auch in Reutberg eine Mädchenschule für umliegende Orte eingerichtet. 1854 gehörten schon wieder 30 Nonnen dem Konvent an, die nach den Regeln strenger Klausur ein kontemplatives Leben führten. Zu ihnen zählte auch Schwester Fidelis Weiß. Die Tochter eines Schneidermeisters aus Kempten hatte intensive mystische Visionen und starb 1923 im Alter von 40 Jahren im Ruf einer Heiligen. Bis heute ist die kontemplative Tradition auf dem Reutberg erhalten und nur wenige Schwestern arbeiten außerhalb der Klausur.

Besonders wertvoll ist die alte Klosterapotheke, die 1688 dem Kloster von dem Benefiziaten Dietenhauer im Hl. Geist-Spital in München, einem geborenem Sachsenkamer, geschenkt wurde. Durch eine Stiftung von 1000 Gulden durch Christian van Raßveldt konnte sie in der Mitte des 18. Jahrhunderts zur jetzigen Größe erweitert werden. Sie ist wohl die best erhaltene aus ihrer Zeit und bildet, da sie noch in den ursprünglichen Räumen steht, ein geschlossenes Ganzes, das pietätvoll und Dank der Schwestern bis zum heutigen Tag liebevoll gepflegt und erhalten wird. Ein Bild stellt Christus als Apotheker dar, eine sich im 17./18. Jahrh. öfter findende Symbolik. Die Klosterapotheke befindet sich im Klausurbereich und kann deshalb nicht besichtigt werden. 

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Von Hedwig Hiber.     

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