Feldbach | Südoststeiermark |
„I wü ham nach Fürstenfeld“, heißt das bekannteste Lied der steirischen Band S.T.S., und es drückt damit Sehnsucht aus, Sehnsucht nach einer heilen Welt, einer Wohlfühl-Welt: Und meint damit das eigene Dorf!
Heimat: Wir vergrößern das auf die ganze Südoststeiermark, wo Gott ein Stück Paradies geschaffen hat. Mit einer überquellenden Fülle an fruchtbaren Böden in einem mediterranen Klima, dass man meint, bereits in italienischen Gefilden zu sein.
Dieser begnadete Landstrich, der unten an Slowenien und Ungarn angrenzt und nach Norden bis wenige Kilometer vor Graz reicht, nennt sich „steirische Toscana, Vulkanhügelland, Thermenland. Wir taufen es das Land unserer Träume. Mit pittoresken Orten wie Fürstenfeld, Fehring, Kapfenstein, Straden, Gnas und Dörfern an der Klöchener Weinstraße, reich an Kirchen gesät. An nahezu jeder Wegkreuzung eine kleine Kapelle, viele Marterln und Bildstöcke. Hier ist man noch gläubig und pflegt die Traditionen. Alles sauber und einladend, die Häuser oft in sattem Gelb mit grünen Holzfensterläden. Weinreben steigen steil empor, enden vor dichten Buchenwäldern, unten im Tal breiten sich sanfte Wiesen aus, den Horizont formen Vulkanhügel. Während der Fahrt ständig neue Aus-und Einblicke nach jeder Biegung; es ist, als hätte der Schöpfer seine ganze Fantasie ausgebreitet.
Blick von Schloss Kapfenstein
Wir machen Halt in Fehring, sitzen am Hauptplatz, vor uns eine Mariensäule und das gleichnamige Gotteshaus mit einem aufstrebenden schlanken Turm, eingebettet in ein Bürgerhausensemble. Die Suche nach Buschenschenken ist ein Volltreffer, man hat die Qual der Wahl: Kuruzzenschänke, Matzhold oder Kahr, um nur einige zu nennen. Sie liegen alle reizvoll und etwas verborgen, um dann ihren ganz besonderen Charme preiszugeben. Bei Kahr kehren wir länger ein, angetan von der Terrasse, die einen Blick auf ein Stück der mächtigen Riegersburg frei gibt. Die Obstbäume bereits in voller Blüte, das kräftige Pfirsichrosa kontrastiert wunderschön, Magnolienpracht nicht weit entfernt. Martin Kahr, Juniorchef einer alten Winzerfamilie, führt uns durch die Weinberge, in die vier Gästezimmer, in die Küche. Gediegen und bodenständig. Die Buschenschänke- Speisekarte empfiehlt typisch Steiermärkisches: Geselchte Zunge, Leberwurstaufstrich, Käferbohnen, saure Variation von Rindfleisch in Kürbiskernöl und als Dessert Spagatkrapfen, die in einer besonderen Tonform gebacken werden. Zu sehr moderaten Preisen, die auch wegen der Qualität die Nachbestellung leicht machen.
Kahr: „Wir wollen mit der Holzausstattung der Gasträume echte Buschenschenke-Atmosphäre bieten, bei Geselligkeit und einem schnellen Du, vom Wein begünstigt“. Er kommt ohne Umwege von den Reben nebenan ins Glas kommt. Später noch höher hinauf zu Schloss Kapfenstein, Obst und Mosthöfe direkt am Weg, wieder ein Grund für eine Pause zum Energie auftanken. Was uns die letzten Meter zur Hügelkuppe leichter macht.
Das kleine Dorf Straden wird von Kirchen bestimmt
Dann können wir nur noch staunen: Eine bukolische Landschaft tut sich auf, direkt im Blick wieso oft Kirche, Weinhänge, sattes Wiesengrün, gesprenkeltes Feldbraun. Am Horizont verläuft die Grenze zu Slowenien, davor die weichen Schattierungen vom Auf und Ab der Hügelketten. Wir genießen das Unspektakuläre, das sich nach längerem Betrachten zu Spektakulärem formt in berührender Eindringlichkeit. Aber auch Straden, nur ein paar Autominuten entfernt, ist solch ein beschauliches Juwel.
Wo gibt es das noch: Vier Kirchen, eine davon unterirdisch, in einem so kleinen Dorf und einer uralten Atlas-Zeder. Wieder überrascht einen die exponierte Lage, dem Himmel ein Stück näher.
Noch eine Steigerung gefällig?
Sie thront im wahrsten Sinne des Wortes auf knapp 500 Metern Höhe, mächtig, trutzig und in den vielen Jahrhunderten uneinnehmbar: Die Riegersburg. Wer nicht gut zu Fuß ist, kann vom Ort Riegersburg den Aufzug nehmen, oben im weiten Rund mit 360- Grad-Blick die Landschaft genießen. Drinnen, in „des Abendlands stärkste Festung“, ein Burgmuseum, Waffenmuseum und Hexenmuseum, das heuer nach 30 Jahren Erfolgsgeschichte ein neues Gesicht erhält. Über 300 Prozesse wurden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts auf der Burg geführt, gleichermaßen gruselig und schrecklich auf den überlieferten Bildern dargestellt.
„Etwa 120.000 Besucher kommen jährlich in der Saison von April bis Oktober zu uns, erleben ein Stück Mittelalter“, erzählt die nette, hilfsbereite Dame. „Sie müssen mal bei der Greifvogelschau zuschauen, dieses majestätische Flügelschwingen um die Burg werden Sie nicht vergessen. Dann wird noch in der Burgtaverne der süffige Burgwein probiert, der von den Reben unterhalb des historischen Gebäudes stammt.“
Wir ziehen leicht beschwingt weiter, begeben uns per Akku-Velo auf einen der vielen Radwege, was etwas Kondition erfordert. Denn Hügel gibt es genug, vor allem auch für Extremsportler. Lassen uns danach von den Thermen regenerieren, nutzen später das gut ausgeschilderte Wandernetz zu weiteren Exkursionen. Besuchen wieder mit unserem Testauto, einem VW up!, das nahe Slowenien mit den Perlen Maribor und Putje an der Drau. Das Fischlokal Ribič direkt am Flussufer tischt köstliche Spezialitäten wie Branzino auf.
Im ungarischen Szentgotthárd, etwa 20 Kilometer von Fehring entfernt, machen wir noch ein Abstecher, ins magyarische Flair in ein Café, wo Espresso und Dessert nur je 90 Cent kosten. Danach zur Czarda in Rönök mit einer schmackhaften Fischsuppe.
Doch die Südoststeiermark lockt schnell wieder mit den Zotter-Schokoladen samt Museum nahe der Riegersburg, zur edlen Schnaps- und Essig-Manufaktur Gölles in Reichweite. Man möchte bei den Kostproben gar nicht mehr aufhören. Es ist eben ein Land der Genüsse. Die Erde geizt nicht: Feigen, Kiwis, Aprikosen, Pfirsiche, Marillen, Äpfel, Quitten und Pflaumen wachsen hier, selbst Bio-Trockenreis hat eine Chance. Nussbäume en masse, Maroni, Hirchbirnen und in der Ebene riesige Kürbisfelder. Wir gönnen uns zum Abschied noch ein steirisches Backhendl beim Kraxner in Hazendorf, ebenfalls eine Spezialität. Sagen, schon ganz einheimisch geworden, „Baba“ (Auf Wiedersehen) und sind uns sicher: „Wir kommen wieder!“.
ReiseTravel Service:
Übernachten in Fehring-Pezelsdorf bei Kahr www.weinbau-kahr.at in schöner Umgebung auf einem der vielen Hügel. Direkt im Zentrum Fehring im Hotel Gasthof Gasslwirt www.gasselwirt.com oder etwa sieben Kilometer entfernt in Mahrensdorf im Gasthof Höfler: Einfach, aber sehr familienfreundlich (Telefon +43(0)3155/2435, www.gasthof-hoefler.at
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Horst Wunner.
Unser Autor arbeitet als Journalist und lebt in Altenplos in Bayern.
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