Zillertal | Und dann spielt die Volksmusik |
In Familienhotels vom Zillertal ist bis heute ein Stück vom Mythos Tirols erhalten geblieben!
Bergwelt: Das Zillertal verdankt seinen Namen dem von Süd nach Nord verlaufenden Fluss Ziller, der in den Inn mündet. Das Tal steht für das größte Kapital des Landes und seiner Menschen - die Berge. Die Talbewohner lieben ihr Bergland mit seinen Gipfeln. Im Sommer gehen sie wandern und im Winter Ski fahren. Und sie können ihr Gefühl für diese Landschaft auch ihren Urlaubsgästen vermitteln. Tirol ist das Bundesland in Österreich mit den meisten Übernachtungen (47,7 Millionen im Jahr 2017) und allein das Zillertal schafft es mit 60.000 Betten immerhin auf 7,3 Millionen Übernachtungen. Der Winter-Tourismus nahm im Zillertal schon im Jahr 1949 richtig Fahrt auf als der erste Schlepplift in Hintertux errichtet wurde, zum Hintertuxer Gletscher, dem einzigen ganzjährigen Skigebiet in Österreich. Solche beeindruckenden Zahlen haben nicht allein mit der einmaligen Natur, sondern auch mit seinen Gastgebern zu tun. Die Globalisierung im Tourismus wurde vielfach vor der Einfahrt in die Tiroler Täler in ihre Schranken gewiesen, denn viele Gäste werden in Familienhotels beherbergt.
Tuxer Voralpen
Lindenbaum auf Hotel-Terrasse: Das Hotel „Waldfriede“ im Örtchen Fügen, mit etwas mehr als 4000 Einwohnern eine der größten Gemeinden im Zillertal, ist auf dem Hang errichtet. Das Hotel schaut über die Dächer von Fügen weit in das Tal. Es ist seit Anfang der 60er Jahre eines von den vielen Familienhotels im Tal. Im Jahr 1982 haben die Familien-Hoteliers noch das Berg-Hotel in Hochfügen erworben. Eigentümer und Manager in einem sind in beiden Hotels die Geschwister Andrea und Ernst Erlebach. Der 16jährige Sohn, der noch drei Jahre die Zillertaler Touristen-Fachschule besucht, steht bereits in den Startlöchern. Er trägt, wie es die Tradition der Familie vorgibt, den Vornamen Ernst seines Vaters.
Mitten auf der mit viel Holz verkleideten Terrasse mit Blick ins Tal inmitten von Tischen und Stühlen steht ein hoch gewachsener Lindenbaum mit kugelförmig geschnittenen dicken Ästen. Der Baum ist umringt von einer Holzbank, ein erklärter Lieblingsplatz der Hotelgäste. Hier erzählt der Hotel-Chef Ernst Erlebach gern über die Anfänge, als der Urgroßvater aus dem Riesengebirge über Zwischenstationen in Venedig und Kufstein ins Zillertal kam. Hier auf der Anhöhe begann alles damit, dass Urgroßvater Erlebach ein Holzhaus mit einem Gasthof und vier Zimmern bewirtschaftete.
Gegenwärtig verfügt das Hotel in Fügen über 40 modern eingerichtete Zimmer. Auch noch heute schwärmt der Hotelier von der Lage. „In der Sommer-Saison“, so Ernst Erlebach, „ist der Gast hinter der Hoteltür gleich auf der Almwiese und da gibt es mehr Rindviecher als Touristen und im Winter kann er sich gleich hinter der Tür auf seine Ski stellen und hat in nur wenigen Metern den Ski-Lift erreicht.“
Parcour für Bogenschützen
Ständig ist die Hotel-Familie dabei, Jahr für Jahr etwas Neues zu kreieren. Der Wellness-Bereich wird immer wieder ausgebaut, die Hallenbäder bieten mehr Service und natürlich ist im Sommer nicht nur das Wandern und das Fahren mit dem Mountainbike angesagt. Seit einigen Jahren ist im Zillertal der Sport Bogenschießen für Urlauber eingezogen. In der Nähe vom Berghotel wurde sozusagen wie beim Golf eine Driving-Range für Anfänger unter den Bogenschützen mit großen bunten Zielscheiben eingerichtet. Wer Spaß daran findet, kann sich dann auf einen Parcours mit insgesamt 18 Stationen begeben, der auf schmalen Pfaden an den Hängen rund um das Hotel führt. Statt der Zielscheiben darf er auf im bergigen Gelände verstreute Hirsche, Hasen und Steinböcke aus Holz schießen.
Mit der Spieljoch-Bahn hinauf auf die Berge
Die Mehrzahl der Urlauber, etwa 55 Prozent, kommen in der Wintersaison, aber der Sommer hat auch viel zu bieten. Insgesamt warten 1.200 Kilometer Biker-Routen und 1.400 Kilometer Wanderwege mit Gipfeltouren und Almwanderungen darauf, von den Touristen entdeckt zu werden. Zum Ärger von Hotelchef Ernst sind die Liftbetreiber nach wie vor nicht zu bewegen, die Wanderer im Sommer bequem auf die Berge zu bringen. Allerdings sind die Seilbahnen die ganze Saison aktiv. So gelangt man bequem mit der Spieljoch-Bahn zur Seilbahnstation auf den Bergkämmen der Tuxer Voralpen. Hier eröffnen sich viele Wanderwege mit immer neuen Sichten auf die Kitzbühler Alpen und hinunter ins Zillertal. Ein attraktiver Wanderweg führt zum Berghotel in Hochfügen auf 1500 Höhen Metern, dass auch der Familie Erlebach gehört. Eine Zwischenstation auf dem Weg ist für eine zünftige Rast die Ausflugshütte Geols-Alm. Hier steht Tiroler Hausmannskost auf der Speisekarte, also selbstverständlich Kaspress-Knödel mit Weißkraut oder der Knödel wird in einer Suppe serviert und natürlich der legendäre Kaiserschmarrn.
Es ist nicht überraschend, dass die Wanderer auf der Route der Alpenüberquerung, die vom Tegernsee über den Achensee und das Zillertal bis nach Sterzing verläuft, in Hochfügen Station mit Übernachtung einlegen. Im Berghotel können die Wanderer, die zumeist in sechs Etappen über die Alpen Wandern und ihr Gepäck derweil im Fahrzeug „mitwandert“, einen Ruhepunkt finden. Hier wird ihre Wäsche gewaschen, sie stärken sich bei regionaler Kost und im kleinen Hallenbad und dem im Herbst 2017 neu gebauten Sauna-Bereich jeweils mit Panorama-Blick lässt es sich ordentlich ausspannen.
Volksmusikanten im Schloss Fügen
Im Zillertal gibt es eine lange Tradition der Volksmusik. Von Anfang Mai bis Ende Oktober werden Volks- und Kirchtags-Feste gefeiert, etwa das „Zillertaler Gauder Fest“, das zu Österreichs ältestem und größtem Frühlings- und Trachtenfest zählt. Tiroler Händler und Sänger, vorwiegend aus dem Zillertal, verbreiteten Lieder Jodlern und Tänze und begründeten den Mythos Tirol. In einer Sonderausstellung „Klang der Alpen“ (noch bis Anfang Februar 2019 geöffnet) wurde diesen Botschaftern Tiroler Lebensweise ein wunderschönes Denkmal gesetzt. Auf drei Etagen im Barockschloss sowie im Heimatmuseum Fügen können sich die Besucher in 50 Räumen ein Bild von dem Phänomen der Tiroler Nationalsänger vom 18. Jahrhundert bis heute machen. Die singenden Geschwister Rainer aus Fügen haben in der Ausstellung sozusagen ein Heimspiel. Sie musizierten vor Kaiser Franz dem I. und Zar Alexander und unternahmen internationale Tourneen, die sie sogar nach England und bis in die USA führten. Als Ludwig Rainer später zum Hotelbesitzer am Achensee aufstieg, unterhielt er seine Gäste regelmäßig mit Musik und wurde zum Vorbild für eine solche Form von Tourismus.
Abends spielt Hotelier Ernst Akkordeon
Wenn die Hotelgäste auf der Waldfriede-Terrasse am Ende des Urlaubs-Tages beisammen sitzen, mit dem einen oder anderen Mitglied der Familie Erlebach und dem Hotel-Team über ihre Erlebnisse beim Wandern plauschen, dann holt Ernst Erlebach recht oft sein Akkordeon und spielt Tiroler Volksmusik. Und wenn die Stimmung steigt, lässt sich der Hotelier von seinen Gästen auch überreden, den „Anton aus Tirol“ zu spielen. Dann singt er mit Inbrunst und einige Besucher singen mit:
„Ich bin so schön, ich bin so toll Ich bin der Anton aus Tirol. Meine gigaschlanken Wadln san a Wahnsinn für die Madln. Mei Figur a Wunder dar Natur...“ www.waldfriede.at - www.berghotel-hochfuegen.at - www.mk-salzburg.at
Ein Beitrag für ReiseTravel mit Fotos von Ronald Keusch.
Unser Autor ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Tourismus, er lebt und arbeitet in Berlin.
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