Lima | Abenteuer Peru |
Ceiba Tops Lodge bei Iquitos im Amazonas-Regenwald: Reise Reportage!
Action & Piranhas: Die Stirnlampe richtet sich auf die helle Rinde, die sich im Mondlicht vor dem dunklen Dickicht abzeichnet, huscht kreuz und quer über den Baumstamm, bleibt dann an einer schwarzen, gepanzerten Kontur hängen. Zwei große Zangen und ganz deutlich zu erkennen, ein weit nach vorne gebeugter Stachel mit wohl giftigem Inhalt. Ein Skorpion. Der nachtaktive Jäger wirkt teilnahmslos, als wenn er schliefe. Langsam hebe ich die Kamera. Fokus, Belichtungszeit, Auslöser. Das schwarze Spinnentier, keine drei Zentimeter groß, ist abgespeichert.
Unser Guide drängt mich, einen Schritt zurückzutreten. Percy ist am Amazonas geboren, rund 350 Kilometer von Iquitos entfernt. Er kennte den Regenwald. Seit rund zwölf Jahren arbeitet er als Fremdenführer in der Ceiba Tops Lodge in Peru. Blitzschnell senkt er seine Taschenlampe. Im Waldboden, keine zehn Zentimeter vor meinem Schuh, ist schemenhaft ein rund 15 Zentimeter breites Loch direkt an der Baumwurzel zu erkennen. Eine Spinnenhöhle. Percy findet einen Stock, stochert hinein und lockt eine haarige Tarantel aus ihrem Versteck.
Bis zu einer Höhe von 35 Metern führen 14 schwankende Hängebrücken über den Urwald.
Unter Vogelspinnen
Percy ist der Einzige von uns Vieren, der die nötige Erfahrung mitbringt und weiß, wie und wo man Riesenspinnen anpacken muss, ohne dass man sich oder das Tier verletzt. Holger, der bereits zum dritten Mal in einer südamerikanischen Urwald-Lodge gastiert, Christoph, der Hobby-Biologe, und ich weichen zurück und verfolgen aus sicherer Entfernung, wie Percy die Tarantel mit seinem Stöckchen nach unten drückt, wie er sie in der Mitte packt und mit Daumen und Mittelfinger die Hinterbeine wegspreizt.
Deutlich sind jetzt die Greifzangen zu erkennen. „Sie ist zwar giftig, aber nicht tödlich für Menschen“, beruhigt uns Percy in seinem gebrochenen Deutsch. Wir sollen die Wirkung mit der Dosis eines kräftigen Wespenstichs vergleichen. Aber wir ersparen uns den Test. Die Spinne wird fotografiert und dann sachte von Percy wieder vor ihrer Schutzhöhle abgesetzt.
Schrille, pfeifende Schreie aus den Baumkronen. Es raschelt. Der Dschungel lebt. Nie hätten wir gedacht, dass eine Nachtwanderung durch den Amazonas-Urwald so wahnsinnig aufregend sein kann. Wir bleiben dicht beieinander. Obwohl Vollmond und wir uns allerhöchstens in einem Radius von 500 Metern um das Hauptgebäude unserer Lodge bewegen, hätten wir auf uns allein gestellt, die größten Schwierigkeiten, wieder zum Ausgangspunkt zurückzufinden.
Im Lichtkegel unserer Lampen entdecken wir riesige Ameisen, deren Biss absolut schmerzhaft sein soll und der das menschliche Opfer wenigstens einen Tag lang außer Gefecht setzt, wie uns Percy eintrichtert. Aufpassen also. Bei diesen Ameisen ist selbst unser Führer höchst vorsichtig. Eine Stabwanze häutet sich. Weiter unten schläft ein Schmetterling.
Keine zehn Meter vor uns fixiert uns ein leuchtendes Augenpaar, was bedrohlich wirkt in der Dunkelheit. Percy leuchtet mit seiner Halogenlampe die Richtung ab. Ein Opossum schreckt auf – nur ein Opossum - und schlägt sich blitzartig seitwärts in die Büsche. Langsam erreichen wir den mächtigen Amazonas, der in einer Breite von knapp anderthalb Kilometern rechter Hand an uns vorbeizieht. Flies-Richtung: Brasilien, wo er sein Bett später bis auf 20 Kilometern ausbreitet. Wir erkennen in der Ferne die Lichter unserer Lodge.
Schon am Nachmittag waren wir auf Dschungelwanderung zum Ceiba-Baum unterwegs. Das Quecksilber leckte an der 34-Grad-Marke. Der Ceiba ist ein Riesenbaum, dessen mächtige Krone schon von der gegenüberliegenden Amazonasseite weithin erkennbar ist. Der Baum hat der Ferienanlage ihren Namen gegeben. Cynthia hat uns bei dieser Tour begleitet, die üppige, prächtig gefütterte Tapir-Dame, die seit Jahren in der Anlage wohnt und die mit ihrer langen Stupsnase liebevoll die Gäste begrüßt.
Sogar die Frauen bei den Yagua-Indianern verstehen es, mit dem Blasrohr umzugehen.
Ein Whirlpool im Dschungelcamp
Die Ceiba Tops Lodge liegt 40 Kilometer oder 50 Minuten mit dem Schnellboot, in östlicher Richtung der 400.000 Einwohner-Stadt Iquitos. Sie ist für Naturliebhaber ein Traumziel im Regenwald und kann nur mit dem Boot erreicht werden. Wunderschöne Häuschen, Hängematten, ein Restaurant mit Bar sowie ein blitzsauberer Pool mit Whirlpool und Rutsche.
Sie ist geradezu der ideale Ausgangspunkt für Exkursionen in die weitere Umgebung. Mit etwas Glück ziehen graue und rosa Flussdelfine vorbei, die anders als ihre Artgenossen im Salzwasser nicht springen, sondern nur majestätisch alle drei Minuten ihre Rückenflossen zeigen. Für Ausflüge in die Umgebung stehen Schnellboote bereit, die mit 50 Stundenkilometern über den braunen Fluss brettern.
Der Bootsführer muss scharf aufpassen, damit sich die Schiffsschraube nicht an einem der zahlreichen Baumstämme verbiegt, die im Fluss treiben. Einmal schwimmt sogar ein ganzes Hausdach vorbei. Unser Boot jagt den Fluss hinauf in einen Seitenarm. Weiße Blüten auf dem Wasser, die unseren Seerosen ähneln. Ein Vater hat mit seinem Sohn einen 70 Zentimeter langen Wels gefangen, hievt in gerade ins Boot. Gerne dürfen wir das Prachtexemplar fotografieren. Der Fischer ist sogar stolz darauf, freut sich aber auch über einige Dollar, die wir ihm für die Fotoaufnahmen schenken.
Der Amazonas ist reich an Fischen und beste Nahrungsquelle für die Indianer.
Indianer-Folklore
Die Anlegestelle ist nur ein zusammengenagelter schwankender Steg aus Baumstämmen. Hundert Meter weiter hinter dem Schilfgras am Ufer öffnet sich eine Lichtung mit runden Lehmhütten. Der Häuptling des Dorfes empfängt uns in Kriegsbemalung. Sein Blasrohr überragt den Körper um mindestens eine Kopflänge. Alles sieht täuschend echt aus. Natürlich wissen wir, dass sich die Yagua-Indianer nur für die Touristen herausputzen. Diesmal sind auch unsere Frauen Brigitte und Anja dabei, die sich aus Angst vor wilden Tieren nicht auf die Nachtwanderung einlassen wollten.
Eine Folkloreveranstaltung ist der Besuch im Dorf aber dennoch nicht. Denn die Großfamilie lebt keine 50 Meter hinter dem Hüttendorf auf einem Pfahlbau, den sie als Schutz rund anderthalb Meter über dem Boden vor dem Amazonas-Hochwasser errichtet haben. Der offene Ofen, die Hühnerschar und die Arbeitsgeräte unterscheiden sich von nichts vom Leben im Touristendorf. Was den Unterschied ausmacht: In ihrer Freizeit trägt die Familie Jeans.
Wir zücken wieder unsere Kameras, machen wunderschöne Bilder, als wären wir die ersten Weißen, die diesen Indianerstamm entdeckt haben. Die Familie spielt mit. Ein Faultier wird herumgereicht. Fest klammert es sich mit seinen scharfen Krallen an die Besucher. Tänze werden gezeigt und als Höhepunkt des Besuches darf jeder ein paar Pfeile mit dem Blasrohr abschießen. Ziel ist ein abgesägter Baumstamm mit einer Kokosnuss. Und es ist gar nicht so schwer, die Nuss zu treffen. Vier von vier Schüssen sitzen. Nicht bei allen. Natürlich ist der Kauf eines kleinen Blasrohres obligatorisch.
Beim Piranha-Angeln
Bis zur Angelstelle sind wir weitere rund 20 Minuten unterwegs. Das Wasser spritzt. Im Fahrtwind empfinden wir die hohen Temperaturen als angenehm. Wir biegen in einen Seitenarm des Amazonas ein, fahren an kleinen Siedlungen der Einheimischen vorbei. Der Fluss verzweigt sich weiter, wird immer enger. Zwei Hunde schwimmen quer über das Wasser. Warum tun ihnen die Piranhas nichts, die es hier geben soll? „Weil die nur blutende Tiere angreifen“, macht uns Percy deutlich.
Der Motor wird abgeschaltet. Reiher ziehen an uns vorbei. Die Vogelwelt ist bunt, aber keineswegs laut. Eigentlich still. Percy verteilt Angeln. Jeder bekommt eine. Insgesamt machen fünf Stück die Runde. Rustikal sehen sie aus, einen Meter lange Ruten mit Schnur und Haken. In einem Plastikbehälter hat unser Bootsführer klein geschnittenes, blutendes Rindfleisch mitgebracht. Das befestigt er jetzt an den Haken.
Kaum ins grünbraune Wasser hinein getaucht, gibt es ein Ruckeln und Ziehen an der Angel. Blitzschnell geht das. Der ist Köder. Einfach vom Haken gefressen. Schlaue Burschen sind das schon, diese Piranhas. Aber nicht alle. Endlich ein Fang. Der Fisch ist knapp 15 Zentimeter groß. Percy entfernt den Haken, bittet Brigitte um ein dünnes Haarbüschel von ihrem Kopf. Dann setzt er das Piranha-Gebiss an. Das Haar wird durchtrennt, wie von einer Schere. Ähnliches demonstriert Percy am Beispiel eines Blattes.
Wir sind Tierfreunde und lassen den Fisch wieder frei. Immer mehr beißen. Brigitte zieht sieben Piranhas aus dem Wasser. Anja fünf. Auch Holger und Christoph sind recht erfolgreich. Nur meiner Angel zappelt lange nichts. Am Ende sind es zwei. Petri Heil! Bis auf einen Fisch schenken wir allen die Freiheit wieder.
Der von uns mitgenommene Fisch soll abends in der Pfanne landen und insgesamt fünf Mäuler stopfen. Wir hätten doch wenigstens vier Piranhas behalten sollen. Trotzdem genießen wir im Restaurant stolz unseren Fang. Auf unserer Rückfahrt rammt unser Bootsführer ein Stück Treibholz. Der Motor stirbt ab, kann nicht mehr zum Laufen gebracht werden. Der Sonnenuntergang zeichnet sich langsam ab. Percy testet schon mal das einzige Paddel im Boot. Nur gut, dass Handy auch im Urwald funktionieren. Es dauert keine zehn Minuten und der hoteleigene Abschleppdienst ist vor Ort.
Hängebrücken und Schamanen
Ein weiterer Tag im Dschungel. Kurz nach Tagesanbruch benutzen wir wieder das Boot und fahren rund zwei Kilometer flussabwärts nach Indiana. Wir haben noch nicht mal gefrühstückt. Das etwas größere Dorf besitzt einen wunderschönen Markt mit den typischen Angeboten, wie Fisch, Fleisch, Obst und Gemüse. Gegenüber dem Marktplatz nehmen wir eine Fahrradrikscha, die uns in wenigen Minuten zum Napo River transportiert. Der mächtige Seitenfluss mündet in 50 Kilometern in den Amazonas.
Hier steigen wir wieder ins Boot, fahren knapp eine Stunde lang durch unberührte Natur. Nur einmal fällt uns ein großes Schiff auf. Keines dieser urigen „Amazonas“-Busse, wie wir die Seelenverkäufer an den beiden Vortagen vereinzelt gesehen haben, sondern ein streng bewachtes weißes Schiff. Die bewaffneten Soldaten sind zum Schutz der Lohngelder an Bord.
Wie uns Percy erklärt, verkehr das Boot jeden Monat auf dem Fluss, um den Lehrern, Beamten und Angestellten in den Dschungeldörfern ihren Lohn zu bringen. Es ist so eine Art Bank auf dem Wasser. Auch Indianer und Senioren bekommen auf diese Weise ihre Renten und Sozialleistungen.
Unser Tagesziel ist heute die Explornapo Lodge an einem Seitenarm des Napo River. Der Frühstückstisch ist schon gedeckt. Als wir eintreffen. Die Lodge gehört zwar der gleichen Gesellschaft, scheut aber jeden Vergleich mit unserer Luxus-Lodge am Amazonas. Die Hütten sind primitiv, oben offen und nur mit Moskitonetzen über den tagsüber hochgeklappten Betten erträglich. Die Toilettenanlage ist auf Lehm gebaut. Eine Lodge für eher junge Leute mit schmalem Geldbeutel.
Was wir hier eigentlich suchen, ist eine einstündige Dschungelwanderung zum Canopy Walkway. 14 schwankende Hängebrücken verbinden auf einer Länge von insgesamt 500 Metern die größten und mächtigsten Bäume des regionalen Dschungels. Wir befinden uns teilweise bis zu 35 Metern über dem Boden und genießen atemberaubende Blicke aus Vogelperspektive hinunter in den Regenwald.
Nach dem Mittagessen lädt uns die Lodge-Verwaltung zu einem Vortrag mit einem Schamanen ein. Obwohl wir eine weitere Piranha-Angeltour favorisiert hätten, überrascht uns die Begegnung mit dem Indianer dann doch. Wer Schamane werden wolle, müsse sechs Monate allein im Dschungel gelebt haben, erklärt er uns. Das gehöre zur Ausbildung. Für die Indianer im Dschungel ist der heilige Mann so etwas wie ein Doktor. Das Wissen wird vom Vater an den Sohn weitergereicht. Im vorliegenden Falle will der Schamen seine Kenntnisse an die Tochter weitergeben.
Er zeigt uns Wurzeln, die, wenn sofort eingesetzt, gegen den absolut tödlichen Biss der Buschmeisterschlange helfen. Jeder Jäger, der in den Wald gehe, habe diese Wurzel dabei, sagt er. Er lässt uns an einem braunen Gebräu riechen, das nach dem Einnehmen Halluzinationen hervorrufen soll. Unabdingbar für jeden Schamanen während seiner sechsmonatigen Askese im Regenwald. Das Getränk sorge für wunderschöne Bilder im Kopf, die sich später in schreckliche Ungeheuer verwandelten und den Trinker fast in den Wahnsinn trieben.
Wir lassen lieber die Finger davon. Dafür stellen wir uns für eine Reinigungsritual Verfügung und lassen den Schamanen mit Kräutern, Düften, Rauch, Wedeln und Gesängen an uns ran. Unser spannender Aufenthalt am Amazonas ist nur ein Baustein unserer umfassenden Peru-Rundreise, die wir über Meiers Weltreisen gebucht haben. Was uns an der Ciba Tops Lodge besonders positiv auffällt, ist die Ruhe und Abgeschiedenheit sowie die Freundlichkeit des Personals.
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Helmut Kunz.
Unser Autor wohnt in Weiden.
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