Neuhaus Rennweg

3 Etappen auf der Deutschen Spielzeugstraße: Puppen, Teddybären, Baukästen, Modellbahnen, Panoramen, Plastikfiguren, Murmeln, Miniaturraritäten

Eine Reise zu den Orten entlang der Deutschen Spielzeugstraße führt zugleich zu den Träumen der eigenen Kindheit. Rund 300 km verläuft die Traditionsroute des Spielzeugs von Erfurt bis Nürnberg zu Museen, Schauräumen und Erlebnisparks.

Von Neuhaus über Lauscha bis Steinach

Ganz bewusst haben wir für unsere Kurzreise die interessantesten Stationen im Freistaat Thüringen ausgewählt. Vom Stammquartier im Porzellanort Lichte (Hotel am Kleeberg) starten wir zu unserem täglichen Erlebniswunder.

Bis Neuhaus am Rennweg sind es knappe sechs Autokilometer. Ziemlich neblig hier auf 835 m Höhe. Vorbei am Wahrzeichen der Stadt, der Holzkirche nach dem Vorbild der englischen Gotik von 1892. Im Museum (Haus des Gastes) dann unsere erste Begegnung mit Spielzeug. Wir treffen die Märchengretel in ihrer Schachtelmacherstube. Am Schluss des Rundgangs wird Neuhaus/Rwg aus der Vogelperspektive erlebbar.

Für Technikinteressierte empfiehlt sich das Geisslerhaus. Gewidmet dem Begründer der modernen wissenschaftlichen Glasinstrumentetechnik und des Glasapparatebaus. Im musealen Haus zusätzlich dargestellt historische Zeugnisse der Wirtschaftsgeschichte der Stadt Neuhaus mit Glas- und Porzellanherstellung, Porzellanmalerei und Schachtelmacherei. Übrigens kreuzt sich hier oben am Rennsteig die “Deutsche Spielzeugstraße“ mit der „Porzellanstraße“ https://www.neuhaus-am-rennweg.de

Deutsches Spielzeugmuseum

Deutsche Spielzeugstrasse

Nächstes Etappenziel wird der Glasbläserort Lauscha, der als „Wiege des gläsernen Christbaumschmucks" gilt. Etwa um 1847 entstand hier aus Glas der erste Christbaumschmuck, in Form von Früchten und Nüssen, vermutlich als Vorreiter der heutigen Christbaumkugeln. Wir wollen uns im Museum für Glaskunst umschauen und die Glasvorführwerkstätten besuchen.

Beim Eintritt ins Familienunternehmen Farbglashütte Lauscha GmbH strenge Coronakontrolle. Trotz Gesichtsmaske überwältigt uns eine bunte Welt von gläsernen Formen und Farben. Beeindruckend und einmalig. Mit ihrer über 165-jährigen Geschichte ist die Farbglashütte gewissermaßen das glühende Herz von Lauscha.

Seit 1853 wird manuell auf traditionelle Weise Glas hergestellt und gehandelt. Auch heute noch - wir erleben es live - werden in spektakulärer Handarbeit Röhren und Stäbe für das weiterverarbeitende Gewerbe produziert – und das in einer ungewöhnlich hohen Qualität und exquisiten Farbenvielfalt. Die Eindrücke werden noch einmal getoppt beim Besuch der Weihnachtsausstellung, einer ganzjährigen Dauerbrennerin der ELIAS Glashütte. Hinzu kommt eine Erlebniswelt auf zwei Etagen: Kunstwerke des Glasstudios, gläserne Pracht im Glasmarkt, filigrane Arbeiten der Kunstglasbläser.

Spielzeugmuseum

Deutsche Spielzeugstrasse

Zu DDR-Zeiten waren die kleinen Ziergegenstände beliebt und nur schwer zu ergattern. Denn was da an durchsichtigen Pferdchen, schillernden Vögeln und bunten Kugeln von Hand oder auch maschinell gefertigt wurde, war für die DDR vor allem willkommenes Exportgut. 1983 arbeiteten über 500 Menschen im Glas. Heute sind es bei ELIAS 38. Mittlerweile gibt es wieder mehr als 80 Familienwerkstätten, in denen übers Jahr "verzaubertes Glas" geblasen wird. Rückbesinnung auf Lauschaer Traditionen.

Im 2021 neu gestalteten „Museum für Glaskunst Lauscha“ ist die einzigartige Sammlung Thüringer Glases vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart nun modern zugänglich geworden. Das Museum sammelt, dokumentiert und präsentiert das Thüringer Glas vom frühen Waldglas über höfische und bürgerliche Prunkgefäße, Glasperlen, Glasaugen und Christbaumschmuck bis zum Kunsthandwerk und zur Glaskunst der Gegenwart http://www.glasmuseum-lauscha.de/

Im Museum

Deutsche Spielzeugstrasse

Weiter geht es auf der Deutschen Spielzeugstraße nach Steinach, der kleinen Stadt im Thüringer Schiefergebirge. Hier erwartet uns Sigrid Lorenz vom Tourismusbüro und führt uns durch das Spielzeugmuseum mit über 1000 Ausstellungsstücken im Schloß. Vor allem geht es um die Steinacher Schachtel, den Griffelkasten mit den Stiften für die Schul-Schiefertafel. Wer die noch kennt, hat schon ein gutes Rentenalter erreicht. Ca. 30 Milliarden Griffel wurden in Steinach gefertigt und in alle Welt verschickt. In den Ausstellungsetagen wird vor allem Spielzeug aus der Region gezeigt. So z. B. Holzeisenbahnen, bunte Tiere auf Rädern, Meister Hämmerlein, Puppen, Holzschiffchen, Krippenfiguren. An einem Ort die gesamte Geschichte der Südthüringer Holzspielwarenindustrie. Wir können nur staunen und auch in Erinnerungen kramen. Besonderen Besucherandrang gibt es immer am Internationalen Museumstag (19. Mai) und zum Jährlichen Bildhauersymposium, veranstaltet seit 16 Jahren (http://steinach-thueringen.de/tourismus-und-freizeit

Von Sachsenbrunn nach Sonneberg

Ein Ferngespräch mit dem Hüter des Murmelmuseums in Sachsenbrunn hatte bereits erste Probleme mit den aktuellen Projekten unabhängig von Corona angedeutet. Umso erfreuter waren wir, Museumsleiter Axel Trümper optimistisch zu begegnen. Seit 1995 hat der Berliner, studierter Bildhauer, Restaurator und Kunstmaler, die alte marode Wassermühle an der Werra restauriert und ihr nachhaltiges Leben eingehaucht. Das neue Motto für die ehemalige Märbelmühle: „Von der Munition zum Spielzeug“. Ursprünglich hatte man im Mittelalter hier Kalksteinkugeln für Vorderlader

(Gewehre und Pistolen) gefertigt. Erst später wurde daraus die Spielzeugmurmel. Trümper organisiert das gefragte Museum ehrenamtlich, geht an die Schulen und veranstaltet jährlich einen Denkmal- und Mühlentag. Stark unterstützt von seiner Frau Moni, Kindergärtnerin und Kreativpädagogin. Ein Rundgang durch die wieder intakte Mühle wird zur Geschichtsstunde der besonderen Art. Wir besichtigen Kugelmühle und Mühlrader, rasten in der Museumsstube und bestaunen Murmeln, Murmeln, Murmeln. Lange schon streiten die Murmelfreunde für eine offizielle Anerkennung ihrer „Murmelregion“.

Inzwischen haben die Tourismusoberen aber die Gegend zur Region „Coburg-Rennsteig“ deklariert. www.murmelmuseum.info  

Nach dem dörflichen Idyll nun zum absoluten Höhepunkt unserer Tour: die Weltspielwarenstadt Sonneberg am Südhang des Thüringer Waldes.

Im 1901 gegründeten Deutschen Spielzeugmuseum warten 5.000 Spielzeuge auf uns, entdeckt zu werden. Die älteste Spielzeugsammlung Deutschlands zeigt Spielzeug von den Anfängen bis zur Gegenwart. Vor dem Rundgang bietet ein Einführungsfilm kompakte Information zur Geschichte der Spielzeugherstellung in Sonneberg.

Die Ausstellung seltener und sehenswerter Exponate im historischen Museumsgebäude selbst führt auf eine Zeitreise durch die Kulturgeschichte des Spielzeugs.

Zu den Besonderheiten der Sammlung gehören Sonneberger Holzspielwaren des 18. und 19. Jahrhunderts, Figuren aus Brotteig und Papiermaschee, Spielzeug aus dem alten Ägypten und der klassischen Antike sowie aus Ostasien und Afrika. Übrigens darf im Deutschen Spielzeugmuseum auch gespielt werden. Zwei Spielbereiche sorgen für Entspannung und Spaß.

Das Spiel- und Spielzeugthema zieht sich in Sonneberg gewissermaßen durch die ganze Stadt. Kinder und Jugendliche, alle Besucher werden an 11 originellen Stationen zum Spielen, Entdecken und Erleben der Stadt eingeladen. Diese symbolisieren zugleich die außergewöhnliche Spielzeugtradition von Sonneberg. www.deutschesspielzeugmuseum.de

Die Sonneberger Spielzeugfirmen wie Martin Bären, Piko, Dickie Outlet mit 4000 Artikeln oder volk´s baukasten stehen für Qualität und modernes Design. Einige von ihnen bieten Besuchern neben stimmungsvollem Werksverkauf auch interessante Einblicke in die Handwerkskunst der Spielzeugherstellung.

Leider haben wir es nicht bis zum Deutschen Teddybärenmuseum geschafft. Es befindet sich oberhalb der Manufaktur von MARTIN Bären und zeigt unter anderem den kleinsten und größten Teddybären der Welt. Alle Teddybärenfreunde finden hier eine große Auswahl an modernen und traditionellen Teddybären für Kinder zum Kuscheln oder Erwachsene zum Sammeln. Das traditionsreiche Sonneberg hat seinen Ruf als Spielzeugstadt seit dem 16. Jahrhundert begründet. Vor allem mit der Puppenherstellung – vorrangig in Heimarbeit – hatten die thüringer Vorfahren Weltgeltung erreicht. Heute sind in Sonneberg noch etwa 300 Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen der Spielzeugbranche tätig. Der Tradition getreu wird in Sonnebergs Stadtgrenzen und im nahen Umland noch immer Spielzeug hergestellt - Puppen, Teddybären und Plüschtiere zum Spielen oder zum Sammeln. https://www.martinbaeren.de/teddybaeren-museum/  

Von Neustadt über Coburg bis Rödental

Zur vorläufig letzten Etappe auf der Deutschen Spielzeugstraße starten wir nach Neustadt bei Coburg, der Bayerischen Puppenstadt. Auch hier in Oberfranken blicken die Einwohner auf eine lange Tradition der Puppen- und Spielzeugindustrie zurück.

Ein Museum sowie das jährlich stattfindende Internationale Puppenfestival greifen diesen prägenden Aspekt Neustadts auf. Wir stoppen gleich mal beim Museum der Deutschen Spielzeugindustrie. Es wurde 1958 als Trachtenpuppenmuseum errichtet und 1988 nach umfassender Neugestaltung wiedereröffnet. Gezeigt wird mit nachempfundenen Werkstätten die Entwicklungsgeschichte der Spielzeugherstellung. Die Verarbeitungstechniken von Holz, Pappmache´, Pappe und modernem Kunststoff der vergangenen 250 Jahren sind anschaulich dargestellt. Dem Museum sind eine Trachtenpuppenschau und eine Werkstatt des Weihnachtsmannes angegliedert. Regelmäßig finden hier Sonderausstellungen statt, so z. B. jährlich eine Künstlerpuppenausstellung anlässlich des Puppenfestivals. In ihren besten Jahren bis 1960 hatte die Stadt fast 800 Puppenwerkstätten. Dies dokumentiert heute der Puppenstadtweg in der Innenstadt. Auf einer virtuellen Tour erlebbar sind 24 Stationen historischer Schauplätze der Spielzeugindustrie in interaktiven 360° Panoramen. https://spielzeugmuseum-neustadt.de/

Bis zur Vestestadt Coburg sind es gute 20 Minuten Autofahrt.

Unser Hauptziel: das legendäre Puppenmuseum in der Rückertstraße, gegründet 1987 von Carin Lossnitzer. Durch einen schmalen Eingang geht’s über eine steile Treppe zu 30 Puppenstübchen aller Jahrhunderte. Faszinierend für Sammler und kleine und große Kinder.

Die Ausstellung zeichnet übersichtlich die Entwicklung der Spielpuppe von der Porzellanpuppe über die Schildkrötpuppe bis hin zur Barbie nach. Charakterpuppen, Modepuppen, Teepuppen und Künstlerpuppen sind ebenso Schwerpunkte der Sammlung. Puppenstübchen und -häuser, Möbel, Porzellanservices, Fahrzeuge und Spiele lassen in liebevoll gestalteten Szenen vergangene Zeiten lebendig werden. Bei einem Rundgang hören wir Geschichten zu den Exponaten und sehen wertvolle Automaten in Funktion. Zahlreiche Elemente laden zum Spielen und Erleben ein. Selbst die Werkstatt des Puppendoktors fehlt nicht. Angenehm nach dem Intensivrundgang: Im Café Dolly Hallo, gleich nebenan, genießen wir einen Espresso und mehr. www.coburger-puppenmuseum.de

Das Stadtmotto von Coburg lautet „Werte und Wandel“, verbindet Tradition und Innovation. Weiter geht unsere Spielzeugreise nach Rödental, der „Stadt der Keramik und der Puppen". Hier ist der Sitz der Firma Hummel Manufaktur GmbH, weltberühmt durch ihre Hummelfiguren.

Seit nun fast 80 Jahren werden die bezaubernden Kinderfiguren, wie zum Beispiel das Geigerlein, der Wanderbub oder die Gänseliesl gefertigt. M.I. Hummel, ein Name, den in aller Welt Millionen Menschen kennen. Als Schwester Maria erlangte sie Weltruhm. Eine in wunderbarer Weise begabte Kindermalerin, deren Skizzen und Bilder die Vorlagen der Figuren wurden. Bis zum heutigen Tage wurden über 1000 unterschiedliche Hummel Figurenmodelle entwickelt, die ausschließlich in Deutschland hergestellt werden. www.hummelfiguren.com

Auch die bekannten Puppenfabriken Zapf und Engel haben in Rödental ihren Sitz. Bei Zapf Creation bestaunen wir die überbordende Kollektion von Babypuppen (BABY born) mit Funktionen sowie das Sortiment lustiger Plüschgestalten in allen Größen. Produziert werden diese Kinderfreuden heute in Fernost. Ideen und Marketing erfolgen am fränkischen Stammsitz mit fast 100 Mitarbeitern.

Und Vorstand Andreas Jansen meint: „Auch im Zeitalter von Smartphone, Tablet und Konsole ist das Puppenspiel bei 4- und 5-jährigen Mädchen die beliebteste Freizeitbeschäftigung. Schön, dass auch immer mehr Jungs gerne mit ihren Puppen spielen und kuscheln“. https://www.zapf-creation.com/

ReiseTravel Fact: Die Deutsche Spielzeugstraße mit insgesamt 300 km führt weiter bis Nürnberg. Große und kleine Besucher, Kultur- und Naturfreunde, Genießer oder Bewegungshungrige können entlang der Deutschen Spielzeugstraße immer wieder Neues erfahren. Das haben auch wir dankbar erlebt in den vielen Museen, von denen jedes ein anderes Kapitel der Spielzeuggeschichte erzählt.

Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Otto Knackfuss.

Otto Knackfuss ReiseTravel.euFreier Journalist in Berlin.

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