München | Englischer Garten München |
Eine Rikschafahrt im Englischen Garten ist lässig, macht Spaß und dabei erfährt man alles über die Geschichte des Englischen Gartens: Der Garten wurde von Menschenhand gestaltet, aber der wirkt ganz natürlich
Englischer Garten: „Die Natur drückt sich nur zufällig bildlich aus, die Kunst tut dies mit Vorsatz“, beschreibt der Schöpfer des Englischen Gartens, Friedrich Ludwig von Sckell, sein Werk. Eine inszenierte, künstliche Natur, die bis ins kleinste Detail geplant wurde, und doch wirkt diese Parkanlage auf den Betrachter und Spaziergänger sehr natürlich.
Den Englischen Garten per Rikscha erkunden. Die E-Rikscha hält abrupt vor dem Haus der Kunst in München. Agnes Burger, die Rikscha-Fahrerin trägt Kopfhörer und natürlich eine Maske. Und schon geht es los zur klassischen Rikscha-Tour durch den Englischen Garten. Es gibt viel zu erkunden, denn der Garten ist 375 Hektar groß, das sind etwa 525 Fußballfelder. Es ist lässig und so bequem in der Rikscha zu sitzen und den Englischen Garten vorbeiziehen zu lassen.
Japanisches Teehaus und die Wiese der Nackten
Zuerst geht es leicht bergab zum Schwabinger Bach und dann noch ein Stück am Bach entlang bis gegenüber auf einer Insel das Japanische Teehaus liegt. Agnes stoppt und erklärt, dass das Teehaus ein Gastgeschenk Japans war. Die Olympischen Sommerspiele fanden 1972 in München statt und die Winterspiele in Sapporo in Japan. Das Geschenk sollte ein Zeichen setzen für die Völkerverständigung und den Frieden. Ein Ginkgobaum neben dem Teehaus, der 1972 angepflanzt wurde, ergänzt die japanische Kulisse perfekt. Nach ein paar kräftigen Tritten in die Pedale breitet sich die große Wiese, die Schönfeldwiese, mit Blick auf den Monopteros aus. Am Rand der Wiese entlang führt eine Pferdeausritt-Spur und innerhalb der Wiese ist ein Teil für die Nackten bestimmt, die sich dort schon seit der Hippiezeit treffen. Diese Wiese ist für viele Touristen ein Anziehungspunkt, denn wo kann man in einer Stadt schon Nackte anschauen? Agnes weiß alles über den Englischen Garten, schließlich ist sie geprüfter Rikschaguide.
Monopteros
Die Fahrt geht weiter zur Karl Theodor Wiese, die vom Rundtempel Monopteros überragt wird. König Ludwig der I. von Bayern ließ ihn 1836/37 von Leo von Klenze im griechischen Stil entwerfen. Der künstliche Hügel ist 15 Meter hoch und wurde innen mit Backsteinen stabilisiert. Der Tempel selbst ist auch noch mal 15 Meter hoch. Ein großer Pinienzapfen schmückt sein Dach. In der Hippiezeit war hier der Treffpunkt der Kiffer. 2016 wurde der Monopteros restauriert. Vom Monopteros sieht man über den Englischen Garten bis hin zu den zwei Türmen der Ludwigskirche an der Ludwigstraße.
Wasserfall und Eisbachwelle mit Surf-Feeling
Ein Rauschen ist zu hören, der kleine Wasserfall kündigt sich an. Einige Erfrischungssuchende kühlen sich im Wasser ab, das direkt aus dem Karwendel-Gebirge kommt. Hier zweigt der Schwabinger Bach über einen kleinen Wasserfall vom Eisbach ab. Der Hofgärtner Ludwig Friedrich Sckell hat den Wasserfall nach Bildern des holländischen Landschaftsmalers Jakob van Ruisdeal entworfen. Der absolute Highpoint im Englischen Garten ist jedoch die Eisbachwelle. Der Vorteil des City-Surfens in München ist, dass man die „stehende Welle“ in der Stadt nicht wie im Meer lange anpaddeln muss. Der geübte Surfer wirft sein Board ins Wasser, springt drauf und losgeht es. Lautstark schießt das Wasser mit immenser Kraft durch das schmale Flussbett unterhalb der Brücke und baut eine etwa einen Meter hohe Welle auf. Es gehört viel Mut dazu, auf einem Surfboard die Kraft der Welle zu nutzen. Für Anfänger ist die Welle nicht geeignet, hier surfen nur Experten. Abends werden Scheinwerfer aufgebaut und im Winter tragen die Surfer Neopren-Anzüge. Die Feuerwehr hält gerade eine Übung im Englischen Garten ab, viele Feuerwehrautos stehen auf den Radwegen und Feuerwehrleute laufen geschäftig herum.
Fräulein Grüneis und echter Münchner Honig
Das frühere Toilettenhaus im Englischen Garten wurde zum Kiosk „Fräulein Grüneis“. Agnes gibt den Tipp dort einzukehren. Es gibt Frühstück, leckere Mittagsmenüs, Kaffee und Kuchen und Getränke. Außerdem kann man dort echten Münchner Honig kaufen.
Rumford-Denkmal
Sir Benjamin Thompson und Reichsgraf von Rumford wurde schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt, das auf der linken Seite des Weges auftaucht. Er war britisch-amerikanischer Physiker und Erfinder, zeitweise im Dienst des bayerischen Monarchen und gilt als der Begründer des Englischen Gartens in München. Er hat neben vielen Erfindungen auch die Espresso-Maschine entwickelt. An seinem Denkmal sieht man die Bavaria, die Schutzheilige Bayerns und Abundantia, die Heilige für Wohlstand, die sich die Hände reichen.
Die steinerne Bank
Die halbrunde Steinbank ist ideal zum Picknicken. Die Aufschrift an der Bank lautet: „Hier wo ihr wallet da war sonst Wald nur und Sumpf.“ Der Entwurf der Bank ist von Leo von Klenze, der den Königsplatz in München gestaltet hat. Früher war das Gebiet hier sumpfig und das Jagdgebiet der Wittelsbacher.
Chinesischer Turm und Biergarten
Agnes radelt direkt zum Wahrzeichen des Englischen Gartens, zum Chinesischen Turm, der 1790 erbaut wurde. Sie parkt unter der Robinie, die gerade blüht. Unzählige Bienen schwirren in der Baumkrone herum und sammeln Nektar. Im Englischen Garten gibt es mehr als 40.000 gelistete Bäume, die einmal im Jahr überprüft werden. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Chinesische Turm zerstört und in den 1950er Jahren wieder aufgebaut. Der Biergarten unter mächtigen Kastanienbäumen ist in München sehr beliebt: Er ist mit 7.000 Plätzen der Zweitgrößte in der Stadt. Bei Kindern dagegen ist das alte Karussell im Biedermeier-Stil und der Spielplatz daneben sehr beliebt.
Kocherlball
Als der Englische Garten gerade gebaut war, haben die Münchner die Anlage nicht besucht, sie waren arm und mussten arbeiten. Das Wort „Freizeit“ gab es noch nicht. Erst als der Chinesische Turm gebaut und Bier ausgeschenkt wurde, kamen die Münchner. Sie waren neugierig, wollten etwas Asiatisches sehen und konnten dabei das Bier genießen. Heute findet einmal im Jahr der Kocherl Ball, eine Volkstanzveranstaltung, ganz früh morgens statt, zu der man in Tracht oder in der Kleidung, der damaligen Dienstboten kommt. Um 1880 trafen sich an jedem Sonntagmorgen von fünf bis acht Uhr im Sommer bei schönem Wetter bis zu 5.000 Hausangestellte, Köchinnen, Laufburschen, Kindermädchen, Hausdiener usw. zum Tanzen am Chinesischen Turm. Sie mussten sich so früh treffen, da sie anschließend arbeiten mussten. Im Jahre 1904 wurde die Veranstaltung aus „Mangel an Sittlichkeit“ verboten. Im Corona-Jahr wurde die Veranstaltung auch abgesagt.
Die Rumford-Villa und Fledermäuse
Früher war die viktorianische Villa ein Offizierskasino mit Spiegelsaal für das Militär. Heute ist in dem Haus ein Kindergarten untergebracht. Etwas Besonderes sind die Säulen aus Holz, denn in ihnen wohnen hunderte von Fledermäusen, die nachts ausschwärmen.
Die zweite Welle für Anfänger
An der zweiten Welle im Eisbach gab es früher das Diana-Bad, ein Bad, das damals nur Männer besuchen durften. Heute trainieren hier Surf-Anfänger, da die Welle nicht so hoch ist. Vor der zweiten Welle ist eine Schnur über den Eisbach gespannt, an der können sich die Schwimmer festhalten und an Land gehen, um nicht durch die Surfer zu schwimmen.
Kleinhesseloher See und das Seehaus
Da Agnes eine E-Rikscha hat, sind wir ganz schnell am Kleinhesseloher See. Die Sckell-Statue vor dem Seehaus erinnert an den Hofgärtner Friedrich Ludwig Sckell, der den Englischen Garten gestaltet hat. Ein paar Meter weiter steht die Reinhard von Werneck Statue. Er ließ 1803 den Kleinhesseloher See künstlich anlegen. Neben der Werneck Statue geht es über die Brücke in den nördlichen, den wilderen Teil des Englischen Gartens. Hier übernehmen Schafe das Mähen der Wiesen. Das Restaurant und der Biergarten Seehaus liegen idyllisch direkt am Ufer des Kleinhesseloher Sees. Ein Geheimtipp ist, die Sonnenuntergänge bei einem guten Essen zu genießen. Biber haben sich in der Region des Kleinhesseloher Sees angesiedelt, deshalb tragen wertvolle Bäume Drahthosen als Schutz vor den Bibern.
Geschichte des Englischen Gartens
Als der bayerische Kurfürst Maximilian III. 1777 kinderlos starb, fiel das Land an den pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor. Er wollte Bayer loswerden und es gegen die Niederlande eintauschen, aber das gelang ihm nicht. Im Jahre 1789 ließ Karl Theodor in jeder Garnisonsstadt für die bayerische Armee Militärgärten anlegen. Die Soldaten sollten sich dort selbst ernähren. Die Idee dazu hatte der in Massachusetts geborene Benjamin Thompson, Reichsgraf von Rumford, denn die Soldaten waren damals schlecht bezahlt, schlecht ernährt und auch noch schlecht gekleidet. Es gibt heute noch die preiswerte und doch nahrhafte Rumfordsuppe aus Erbsen und Graupen. Kurfürst Karl Theodor ordnete 1789 an, den Militärgarten in einen Volkspark umzuwandeln - das war der Beginn des Englischen Gartens. Dem Hofgärtner Friedrich Ludwig von Sckell wurde diese Aufgabe übertragen, er prägte bis zu seinem Tod den Englischen Garten. Die Oberaufsicht behielt Benjamin Thompson von Rumford. Als Thompson 1798 München verließ, übernahm Freiherr Reinhard von Werneck seine Arbeit und erweiterte den Englischen Garten.
ReiseTravel Service
Rikscha Agnes Burger, a_burger@gmx.de, Hdy.: 0177-7812953. Die Rikscha ist für drei Personen zugelassen. Die Rikschatouren sind auch mit Frühstück, Picknick und im Winter mit warmen Decken und Glühwein buchbar. Die Rikscha ist auch als Taxi in ganz München benutzbar. www.rikschaguide.com
Englischer Garten www.muenchen.de - Haus der Kunst www.hausderkunst.de - Goldene Bar www.goldenebar.de - Japanisches Teehaus www.englischer-garten-muenchen-infos.de - Biergarten Chinesischer Turm, Restaurant und Biergarten www.chinaturm.de - Fräulein Grüneis www.fraeulein-grueneis.de - Seehaus im Englischen Garten www.kuffler.de
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.
Unsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Reise. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu
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