Vatikan | Castel Gandolfo |
Die Sommerresidenz des Papstes ist für Besucher geöffnet
In den Albaner Bergen rund 20 km von Rom entfernt liegt oberhalb des Albaner Sees die Gemeinde Castel Gandolfo. Die Region war bereits in der Antike ein beliebter Wohnort, um dem sommerlich heißen Rom zu entfliehen. Um Castel Gandolfo zu erreichen, brauchte man in früheren Zeiten von Rom einen halben Tag. Heutzutage dauert die Fahrt mit der Eisenbahn nur 90 Minuten. In Castel Gandolfo befindet sich die 400 Meter hoch gelegene Sommerresidenz des Papstes, der sie von Rom mit dem Hubschrauber in 12 Minuten erreicht.
Papst Urban VIII. (1568 bis 1644) kam schon als Kardinal oft nach Castel Gandolfo, wo er sich als Papst im Mai 1626 zum ersten Mal aufhielt, um dem heißen Vatikan zu entgehen, der damals ganz Mittelitalien mit den Regionen Latium, den Marken, Umbrien und Romagna umfasste. Die heutige Sommerresidenz umfasst 55 Hektar und ist damit um 11 Hektar größer als der heutige Staat Vatikanstadt. Damit ist Vatikanstadt der kleinste Staat der Welt, dessen Territorium erst 1929 durch die Lateranverträge zwischen dem Heiligen Stuhl und dem damaligen Königreich Italien fest vereinbart wurde.
Papst Pius XI. ließ 1934 auf dem Gelände in Castel Gandolfo einen Bauernhof einrichten, auf dem nach wie vor in traditioneller Weise mit den „vatikanischen Kühen“ Milch produziert wird. Die 25 Friesen-Kühe gelten als sehr widerstands- und ertragsfähig. Auch Hühner werden hier gehalten, sodass der Papst jeden Tag ein frisches Ei essen kann. Wie alle anderen landwirtschaftlichen Produkte auch, wird die Milch für die päpstliche Küche nach Rom geliefert. Natürlich ist die Sommerresidenz des Papstes mit ihren ausgedehnten und sehr gepflegten Gärten, den Villen und dem Palast exterritorial. Aus Angst vor den Deutschen brachten sich hier nach dem 8. September 1943 viele Frauen aus der Umgebung in Sicherheit. An diesem Tag schloss Italien mit den Alliierten einen Waffenstillstandsvertrag und die Deutschen besetzten daraufhin ganz Norditalien. Vor den Bomben der Alliierten flüchteten sich im Jahr 1944 etwa 10.000 Menschen in die päpstlichen Gärten und Gebäude.
Seit 1596 ist das Areal bereits im Besitz der Kirche. Ursprünglich hatte hier die Familie Gandolfi aus Genua ein festungsähnliches Schloss erbaut, von dem heute noch ein Hof existiert. 1596 kam das Areal in den Besitz der Kirche. Urban VIII. begann sein Pontifikat 1623 und übte es bis zu seinem Tode 1644 aus. Er war ein baufreudiger Papst. Während seiner Amtszeit wurde das Schloss umgebaut und der Flügel des Palastes zum See hin sowie die linke Seite der heutigen Fassade bis zum Eingangstor gebaut. Seine Privatkapelle ist mit Fresken von Simone Lagi geschmückt. In ihnen spiegelt sich die Verbindung von Natur und Kultur. Urban VIII. ließ damals den Palastgarten anlegen, der durch Myrtenhecken in regelmäßige Vierecke unterteilt ist. Aus seiner Amtszeit stammen auch die mit Bäumen bestandenen Straßen, die an der Villa Barberini vorbei führen und Castel Gandolfo mit der Gemeinde Albano verbinden.
Die Residenz des Papstes in Castel Gandolfo umfasst den Palast, die Villa Cybo, den Palazzo Barberini, die Gärten des Belvedere sowie den Gutshof. Außerdem gibt es seit 1930 im Ostflügel der Anlage die Vatikanische Sternwarte. Jeder Papst hat seinen eigenen Geschmack und seine besonderen Vorlieben. So hielt sich Benedikt XVI. ebenso wie sein Vorgänger Johannes Paul II. gern in den päpstlichen Gärten auf. Wo heute der Papst spazieren geht, stand einmal der Palast des Kaisers Domician. Einige Zeugnisse aus der Antike sind noch vorhanden, so ein gut erhaltener Kryptoportikus, ein Gewölbe, in dem früher verderbliche Waren kühl gelagert wurden.
Unter Papst Alexander II. wurde die Pfarrkirche San Tomaso da Villanova in der Zeit von 1658 bis 1661 als Kapelle des Papstpalastes von Gian Lorenzo Bernini erbaut. Sie gehört zum exterritorialen Gebiet des Vatikans und ist eine sehr beliebte Hochzeitskirche, die 2011 renoviert wurde. Meist kommt der Papst im Juni in die Sommerresidenz, zusammen mit Schweizergarde und vatikanischer Gendarmerie, wo er dann auch hochrangige Besucher empfängt. Unter anderen waren dort schon der Kaiser von Japan, der König von Jordanien, der König von Spanien und der Präsident der USA zu Gast. Auch die Amtsgeschäfte laufen in Castel Gandolfo normal weiter. Die Mitglieder der Kurie kommen aus Rom und berichten dem Papst. Jedoch fallen die wöchentlichen Generalaudienzen aus. Dafür betet der Papst sonntags um 12.00 Uhr im Innenhof des Palastes das Angelus und spendet seinen Segen. Im Laufe der Jahrhunderte residierten einige Päpste ganzjährig in Castel Gandolfo; einige kamen nie. Bisher hat sich auch der derzeit amtierende Papst Franziskus nicht in Castel Gandolfo aufgehalten.
Aber die Päpste, die die Sommerresidenz nutzten, setzten auch eigene Akzente. So ist die Biene überall im Palast zu sehen. Sie geht zurück auf Papst Urban VIII., der aus dem Adelsgeschlecht der Barberini stammte, deren Wappentier die Biene war. Benedikt XVI. ließ eine Statue des Heiligen Wolfgang, dem Schutzpatron der Diozöse Regensburg aufstellen.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Edelgard Richter / Dela Press
Edelgard Richter berichtet aktuell zum Thema: Berlin & Brandenburg intern.
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