Königsberg | Im Sonderzug nach Ostpreußen |
Er hat den anspruchsvollen Namen „Classic Courier“ und fährt die Route München-Berlin-Königsberg und zurück zweimal jedes Jahr.
Mit dem Sonderzug durch Ostpreußen: Veranstalter DNV-Touristik hat den Nostalgiezug aus den 1960er Jahren mit allen Bequemlichkeiten für eine angenehme Expeditionsreise ausgestattet. www.dnv-tours.de
Sonderzug nach Ostpreußen im Reisezug Classic Courier
München-Berlin-Königsberg
Mein später Zustieg in Berlin trifft auf schon voll besetzte 4- und 6 Personen-Abteile. Die 300 Reisenden verteilen sich auf 11 Waggons. Sehr gefragt die drei Speisewagen und der Piano, der Salonwagen. Um dort keine Wartezeit aufkommen zu lassen, hat die Reiseleitung alles gut organisiert. Gegessen wird für die verschiedenen Gruppen in mehreren Durchgängen. Hochbetrieb für das Bordpersonal. Da es durch Ostpreußen geht, gibt es auch ein entsprechendes kulinarisches Angebot. Viele Mitreisende kennen sich damit aus, haben doch einige von ihnen ihre Wurzeln in Danzig, MASUREN oder sogar in Königsberg.
Der Sonderzug hat nicht immer freie Fahrt. Selbst die kurze Etappe bis zur Grenze in Frankfurt/Oder dauert seine Zeit. Fahrplanzüge haben Vorfahrt. So komme ich schnell mit den Mitreisenden ins Gespräch und treffe auch auf Profis von Schienenkreuzfahrten. Alle loben die Bequemlichkeit, den Bordservice und das betreute Reisen. Diese Erfahrung mache auch ich gleich beim ersten Stop in Posen/Poznan. Am Abend erreichen wir planmäßig die historisch erste polnische Hauptstadt an der Warthe. Am Bahnhof stehen moderne Reisebusse bereit für den Transfer ins Hotel Poznanski zur ersten Übernachtung.
Stop Posen Poznan
Nach frühem Frühstück steht ein Altstadtrundgang auf dem Programm. Besichtigt werden Dom, Kaiserschloss Wilhelm II. und das legendäre Rathaus mit der Legende von den Ziegenböcken. Das bekannteste Denkmal der Renaissance-Architektur in Polen. Daneben die bunten Krämer-Giebelhäuser. Alle neu erstanden mit viel Einfallsreichtum und Liebe zum Detail von den polnischen Erbauern. Bleibt noch etwas Zeit für Geldwechsel und einen Espresso im Café Wedel am Altmarkt. www.poznan.travel
Gegen Mittag wird wieder der CC bestiegen und wir rollen Richtung Thorn/Torun. Gerade mit dem Essen an Bord fertig, erreichen wir die Stadt an der Weichsel. Der Geburtsort von Nikolaus Kopernikus lädt ein zu einem Bummel durch die Altstadt in ihrer mittelalterlichen Pracht. Vom Krieg verschont, besichtigen wir in der Hansestadt einige der 200 gotischen Gebäude, das mächtige Rathaus und den St. Johannes-Dom. Unvergessliche Eindrücke deutscher Geschichte.
Gegen Abend sitzen alle wieder im Zug und die Fahrt geht weiter nach Allenstein/Olsztyn.
Bei Ankunft in der vom Deutschen Orden gegründeten Stadt ist es draußen bereits dunkel. Busse fahren uns ins Omega Hotel, schön gelegen am See Jezioro Ukiel. Diesmal haben wir zwei Übernachtungen und freuen uns auf einen langen Ausflug nach Masuren. Der beginnt per Bus gleich nach dem üppigen Frühstück und macht den ersten Stop bei der barocken Wallfahrtskirche „Heilige Linde“.
Ihr Orgelspiel wurde berühmt durch ihr beweglichen Figuren. Blieb auch noch Zeit für den üblichen polnischen Souvenirmarkt, der hier durch Holzschnitzereien glänzt. Nach der Kirchenmusik ertönen beim nächsten Ziel andere historische „Melodien“.
Ruinen: Führerhauptquartier Wolfsschanze
Wir erreichen bei Rastenburg die Wolfsschanze, das Führerhauptquartier im 2. Weltkrieg. Die polnische Lehrerin Iwona Krzyszkowska führt uns durch das 10 ha große Gebiet. Nach 75 Jahren hat die Natur alle Bunkerbauten überwuchert. Von der abziehenden Wehrmacht gesprengt, werden die Reste der Wolfsschanze heute als museales Mahnmal und Symbol des Widerstandes erhalten. https://www.polish-online.com/
Nach so viel zweifelhafter Historie entspannt uns die freundliche Reiseregie. Unser Bus fährt zum Lucknainer See bei Mikolaiken. Wir gehen an Bord des Fahrgastschiffes Classic Lady und kurz nach dem Ablegen steht die Zander-Mahlzeit auf den Tischen. Vorher kommt niemand an der typisch polnischen Beetenbartsch-Suppe vorbei.
Eine erholsame und erfrischende Schiffstour in einem gefragten Segelrevier, in unberührter Natur der masurischen Seenlandschaft. Zurück zum Hotel in Allenstein wird für die Weiterfahrt nach Königsberg am nächsten Tag ein kleines Gepäck empfohlen. Überhaupt klappt der Gepäckservice perfekt. Die Koffer reisen reibungslos immer parallel zum nächsten Ziel und stehen bei Ankunft im Hotel bereit. Mit dem Blick zur russischen Grenze nach Königsberg, nähern wir uns einem der Höhepunkte der Ostpreußentour. Jedoch hier erfährt die Schienenkreuzfahrt einen Bruch.
DNV-Touristik, Bolzstr. 126, D-70806 Kornwestheim, Tel.: 07154 1318-30, info@dnv-tours.de Carola Seidel,
Weiterfahrt nach Königsberg
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Günter Knackfuß.
Freier Journalist in Berlin.
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Aktuell
Bitte beachten sie die aktuelle Lage in Russland und informieren sich über die Reisehinweise vom AA unter Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung) https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536
Vielen Dank sagt Ihr ReiseTravel Team
Sonderzug durch Ostpreußen Teil II
Im 1. Teil wurde über die Fahrt im 400 m langen Nostalgiezug „Classic Courier“ Richtung Posen-Thorn-Allenstein und Masuren berichtet. Jetzt geht die Reise weiter zur russischen Grenze in Richtung Königsberg. Gegen alle Logik erleben wir die angekündigte Schienenkreuzfahrt nur noch auf Strassen im Bus. Der Sonderzug ist in Russland nicht willkommen.
Ab Allenstein sind wir zeitig losgefahren (Bus aus Litauen, Fahrer Russe) und stecken jetzt im Abfertigungsstau am Kontrollpunkt Bagrataniowsk. Der Rückstau von Pkw, Lkw und Bussen auf der DK 22 beginnt bereits bei unserer Annäherung an die polnischen Kontrolleure.
Reiseleiterin Aldona Monieta hatte als Limit maximal 2 Stunden angedeutet. Nach Gepäck-, Pass- und Gesichtsmusterung schleicht der Bus nach geschlagenen 150 Minuten durch den letzten Schlagbaum auf russischer Seite. Kaum hörbares Aufatmen von allen kopfschüttelnden Senioren. Dann geht es weiter auf der alten Reichsstrasse Nummer 1 (früher ab Aachen durchgängig) nach Königsberg. Die moderne Fernstrasse hat hier die Nummer A194.
Kurz hinter dem Tor zur Enklave Oblast Kaliningrad ist die sympathische Reiseleiterin Larissa zugestiegen. Sie begrüßt uns mit ostpreußischen Versen und Anekdoten im Land der dunklen Wälder und kristallnen Seen: „Ostpreußen hat unsere Seele geprägt, uns Beständigkeit in die Wiege gelegt. Wir wanderten auf vertrauter Spur, das Tun bestimmte die Jahresuhr“. Wussten wir damals, wie reich wir waren?
Alte deutschstämmige Ostpreußen beklagen ihre versunkene Kindheit: „Viele Dörfer sind verschwunden, Schul´ und Kirche gibt’s nicht mehr – wo einst Roggenfelder wogten, liegen Äcker distelschwer.“
Der Dom von Königsberg
Königsberg - die Hauptstadt des Bernsteinlandes liegt an beiden Ufern des Pregels. Heute ein Wohnort für fast eine halbe Million Kaliningrader. Eine europäische Stadt mit einer stürmischen Geschichte.
Im Frühjahr 1255 entstand die Burg Königsberg auf den Ruinen der preußischen Festung Twangste. 1724 erhielt diesen Namen die Hauptstadt des Königreichs Preußen. Das von britischen Bomben zerstörte Königsberg fiel im April 1945 nach dem Angriff der Roten Armee. Der nördliche Teil des ehemaligen Ostpreußens wurde zum Königsberger Gebiet der Russischen Föderation.
Am 4. Juni 1946 wurde Königsberg in Kaliningrad umbenannt. Von diesem Zeitpunkt an begann das russische Kapitel der Geschichte dieser Stadt. An die deutsche Vergangenheit erinnern der wieder errichtete Dom, das Grabmal von Immanuel Kant, alte Stadttore und der Bunker des letzten Kampfkommandanten Infanterie-General Otto von Lasch.
Wehrmachtbunker als Museum
Das unterirdische Bunker-Museum auf dem alten Paradeplatz präsentiert den Führungspunkt der Festung Königsberg bis zum 9. April 1945, dem Tag der Kapitulation. In den 21 kleinen Räumen erklären grafische Dioramen das Kriegsgeschehen an der Ostfront.
Selbst das Arbeitszimmer des Kommandeurs wurde nachgestaltet. General Lasch kam in sowjetische Kriegsgefangenschaft und durchlebte mehrere Gulags. Ende Oktober 1955 kehrte er mit dem Amnestiertentransport nach Deutschland zurück. Der Ritterkreuzträger starb 1971in Bonn.
Mit dem Namen Königsberg verbinden sich historisch viele bekannte und vedienstvolle deutsche Persönlichkeiten. Dazu gehören neben Kant, dem berühmtesten Sohn der Stadt z. B. die Nobelpreisträger Lipmann und Wallach, Gräfin Dönhoff, Käthe Kollwitz, E.T.A: Hoffmann, der Komponist Heymann oder Herta Heuwer, die Erfinderin der Currywurst.
Inzwischen zählen nach 75 russischen Jahren auch bekannte Kaliningrader aus der Sowjetzeit zur Königsberger Historie, darunter die Kosmonauten Alexei Leonow, Juri Romanenko und Alexander Wiktorenko. Schließlich der Musiker Arkadi Feldmann und der Architekt Arthur Sarnitz, erfolgreiche Sportler und Schauspieler sowie Ljudmila Putina, die Exfrau von Putin.
Kaliningrad von heute – das sind entzückende von der Natur geschaffene Ecken zur Erholung, goldene Ostseestrände, die Dünen der Kurischen Nehrung, das Land des weltweit größten Vorkommens an erstklassigem Bernstein – Succinit.
Für den Touristen auch interessant die Christ-Erlöser-Kathedrale. Ein aktueller Geheimtip ist das Restaurant Tante Fischer (тетя Фишер), gleich neben dem Hotel Kaliningrad. Dort werden die uroriginalen Königsberger Klopse serviert. Das bekannte einzigartige Marzipan kauft man in der Mall, die sich hier Plaza nennt und ein Besuch lohnt sich beim Königsbäcker, überall in der City.
Unseren Schlussakkord erleben wir in Rauschen/Swetlogorsk, dem angeblich „schönsten und belebtesten Badeort der Region, der den Charme des alten Rauschens erhalten hat“.
Bezeichnet auch als das „Sotschi des Nordens“. Für den gefragten Villenort an der Ostsee mag das zutreffend sein – aber der Strandbereich ist weniger einladend. Daran ist nicht nur die letzte Sturmflut schuld, die große Teile zerstört hat, sondern die freie Zufahrt für alle Pkw zur Strandpromenade; katastrophal.
Angenehm für leistungsschwache Urlauber aber ist die zuverlässige Seilbahn am Steilufer. Das kollektive Abschiedsessen im Restaurant Universal selbstverständlich Königsberger Klopse.
Statt Rauschen empfiehlt sich zum Besuch am Meer besser das ehemalige Cranz, heute Selenogradsk. Vor dem 2. Weltkrieg das mondänste Seebad Ostpreußens, liegt es am Zugang zur Kurischen Nehrung.
Es folgt eine kurze Nacht nur für unsere Reisegruppe und nach dem typisch russischen Frühstück mit Kascha und Bliny startet der Bus zur Stadtrundfahrt mit Dombesichtigung. Über Mittag kann Königsberg noch nach Eigeninteresse besichtigt werden. Ich entscheide mich für die Christ-Erlöser-Kathedrale, das erste größere russisch-orthodoxe Kirchengebäude, erbaut 2009.
Nachdem alle wieder pünktlich am Denkmal „Mutter Heimat“ eingetroffen sind, beginnt die Rückreise zur Grenze - diesmal am Übergang Mamorowo. Obwohl mit gemischten Gefühlen im Bus, gestaltet sich der Grenzübertritt ins EU-Land Polen normalno, d. h. nach knapp 60 Minuten fahren wir problemlos Richtung Danzig/Gdansk. Dort wartet für die Schlussetappen dann wieder der CC.
Übernachtet wird im neuen Novotel in der Pszennastr. 1. Eine Empfehlung wert. Nach dem polnischen Frühstück im Hotel unternehmen wir einen geführten Stadtrundgang durch die schöne Danziger Altstadt: Hafenpromenade an der Motlawa mit dem Krantor, Rechtstadt mit Hohem und Goldenem Tor, Langer Markt, Neptunbrunnen, Rathaus und Marienkirche.
Diese wiedererstandene Stadt ist als gesondertes Reiseziel zu empfehlen. Gegen Mittag steigen wir nach Entzugserscheinungen endlich wieder in unseren Sonderzug. In den 3 Speisewagen hat die Restaurantcrew bereits zum Dinner eingedeckt. Fahrt frei zum letzten Programmpunkt nach Stettin/Szczecin an der Oder. Nach Ankunft am späten Nachmittag steht noch eine Stadtrundfahrt auf dem Programm: Rotes Rathaus, Hakenterrasse, Greifenschloß, Westend mit originalen Villen aus der Vorkriegszeit, die neue Altstadt und die Stadttore.
Das Fazit bis hierher: Polen hat dank der EU-Förderung einen gewaltigen Wohlstandssprung gemacht; in der Infrastruktur, in der Wirtschaftsentwicklung, im Leben des Volkes. Selbst die Bevölkerung wächst durch staatliche Anreizprogramme.
Die Schienenkreuzfahrt zu den „Impressionen Ostpreußens“ hat uns Historie und Dimension des alten größeren Deutschlands näher gebracht. Auch wenn wir öfter auf Strassen und Autobahnen gewechselt sind: Wir erlebten ein Land mit einmaligen Landschaften, das sich auf einem guten Weg in die Zukunft befindet. Und die Reise nach Königsberg wird mit Einführung des Online-Visums künftig auch einfacher werden. Seit Juli 2019 können deutsche Staatsangehörige mit einem kostenfreien e-Visum einreisen. Es berechtigt für Aufenthalte von bis zu acht Tagen bei einmaliger Einreise. www.kaliningrad.de
Agentur Nocturne. 236040, Kaliningrad 2g Universitetskaya St. Tamara Torog, Tel.: 007-4012 538 071 . office@nocturne.ru - http://www.nocturne.ru/de/
Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Günter Knackfuß.
Freier Journalist in Berlin.
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