Venedig

Die Biennale ist eine zeitgenössische Ausstellung bei der sich das Schreckliche, Hässliche und der Weltuntergang mit dem Schönen im Kontrast gegenüber stehen. Das Thema in diesem Jahr auf der Biennale war „May You Live in Interesting Times“.

Marathon für die Kunst: Am besten reist man am Montag an, denn dann ist die Biennale geschlossen und man kann am Dienstag gleich im Arsenale starten. Der künstlerische Leiter ist 2019 Ralph Rugoff. Bei seinem Konzept werden die Künstler auf der Biennale an zwei Orten - im Arsenale und im zentralen Gebäude - präsentiert. Dadurch, dass die Künstler zweimal ausgestellt werden, gibt es weniger ausstellende Künstler als bei den vorhergehenden Biennalen, wo jeder nur einmal ausstellen konnte. Die Biennale ist ein Kunstmarathon, man schafft es einfach nicht, alle Ausstellungen in Venedig anzusehen.

Arsenale

Biennale di Venezia by ReiseTravel.eu

Das erste Kunstwerk, das einem ins Auge fällt, ist das Gemälde „Double Elvis“ von George Condo. Zwei witzig gemalte Männer prosten sich zu. Beeindruckend sind die Portraits von Zanele Muholi, der in Johannesburg, Durban und Kapstadt lebt und arbeitet. Die Installation „Old Food“ mit Opernkostümen, Materialien und Videos von Ed Atkins aus Großbritannien schwelgt in Kleidern aus Tüll. Yin Xiuzhen hat mit „Trojan“ eine übergroße Puppe mit Stoff geschaffen: Sie sitzt im Sessel, nach vorne übergebeugt, um etwas zu schützen. Mit lautem Getöse kündigt sich der tanzende Schlauch auf der Nachbildung des Stuhls vor dem Lincoln Memorial in Washington an. Die Arbeit ist von Sun Yuan und Peng Yu. Von Rosemarie Trockel aus Deutschland ist eine mehrteilige Arbeit „Eye too Many“ von 2019. Ideal für Selfies ist der von Anthea Hamilton aus Großbritannien „This New Life“ mit kariertem Muster dekorierte Raum mit einem großen Schmetterling und drei schwarzen Skulpturen. Zwei Marktstände laden zum Einkaufen ein, die Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst und Käse sind künstlich aus Keramik, Zement und Natursteinen hergestellt und nicht zum Verzehr geeignet. Zhanna Kadyrova aus der Ukraine hat „Market“ kreiert. Mark Justiniani von den Philippinen ruft zu einer Mutprobe. Man kann über Glas gehen, Spiegel vermitteln dabei den Eindruck einer unendlichen Tiefe. Wer Höhenangst hat, schaut den Mutigen lieber zu. „Island Weather“ ist der Titel und soll den Klimawandel darstellen. Ghana zeigt mit El Anatsui wieder eine seiner großen Arbeiten aus Flaschenverschlüssen und Kupferdraht.

Christoph Büchel aus der Schweiz appelliert mit „Barca Nostra 2019“, dem rostigen Wrack eins 2015 gesunkenen Flüchtlingsschiffes, an die Flüchtlings-Politik. Indien zeigt Hunderte von Flip Flops aus Holz an einer Wand von Gr Iranna, dass die Menschheit gemeinsam den Weg zum Frieden gehen sollte. Saudi Arabien präsentiert mit Zahrah Al Ghamdi „After Illusion“ aus Leder. Sie erinnern an organische Formen von getrockneten Kürbissen, Muscheln, Seeigeln und Gefäßen, die an beleuchteten Stoffen drapiert sind und damit wieder ein Gesamtkunstwerk bilden.

Giardini – National Pavillons

Biennale di Venezia by ReiseTravel.eu

Über dem Eingang des Hauptgebäudes der Giardini steht eine Nebelmaschine von Lara Favaretto „Thinking Head“, die vorsichtige Nebelschwaden ausspuckt, die der Wind aber sofort verteilt. Im grellen weißen Gang muss man blinzeln oder die Augen schließen. Ryoji Ikeda hat mit „spectra III“ mit LED-Licht diesen grellen Gang geschaffen. Nicole Eisenmann hat mit Öl auf Leinwand das Gemälde „Morning Studio“ kreiert. Es ist immer ein Genuss, Gemälde zwischen den Installationen und Skulpturen zu sehen. Die Gemälde von Henry Taylor „Elan Supreme“, George Condo „Facebbook“ und Handiwirman Saputra „Today Tommorows’s Yesterday“ gehören auch dazu. Die Installation „Can’t help myselt” von Sun Yuan und Peng Xus ist ein Roboter, der Blut mit einem Gummischaber aufwischt. Der Deutsche Pavillon hat eine Mauer und ein Baugerüst im Inneren aufgebaut. Das schrille intensive Pfeifen hält keiner lange aus, es waren auch nur sehr wenig Besucher im Pavillon. Vor dem britischen Pavillon muss man anstehen: Die Präsentation ist eine Einzelausstellung von Cathy Wilkes. Bei getrockneten Pflanzen auf einer Gaze-Konstruktion und Alltagsgegenständen kommt ein Gefühl von Stillstand im Leben auf. Der französische Pavillon hat seinen Eingang in den Keller verlegt. Ein großer Haufen Bauschutt liegt dort - die Frau, die Aufsicht macht, erklärt, dass sie einen Tunnel von Frankreich nach Großbritannien graben und lacht dabei. Vom Dach des Pavillons, wie auch am Zentralpavillon, spuckt eine Maschine Nebelschwaden aus. Im Innern kann man banale Dinge entdecken, die durchaus fotogen sind, wie Äste, Eierschalen, Latexhandschuhe und Steine. Im belgischen Pavillon sieht man lebensgroße, bewegliche Figuren in nostalgischer Kleidung, die ihrer Arbeit nachgehen. Sie backen Pizza, töpfern und schleifen Messer. Hinter Gitterstäben sieht man Behinderte, Künstler und religiöse Menschen - diese Menschen passen nicht in die Vorstellung von Rechten. Jos de Gruyter und Harald Thys haben die Installation „Mondo Cane“ als Kampf gegen den Rechtspopulismus geschaffen.

In der Cafeteria im Gardini Zentralpavillon, die von dem Künstler Tobias Rehberger entworfen wurde, ist das Design auch nach Jahren immer noch beeindruckend. Das Chaos aus Punkten, Streifen und Spiegeln ist positiv und belebend. Auf der anderen Kanalseite, im hinteren Teil der Giardini, sind die 312 Rosen aus Muranoglas im österreichischen Pavillon von Renate Bertlmann fotofreundlich dargestellt. Im serbischen Pavillon sind die ausgestellten Gemälde und Skulpturen eine Augenweide. Hier wird noch Kunst gemacht, da zeigt Djordje Ozbolt einen nostalgischen Mix aus Wandmalerei, Gemälden und Skulpturen. Im Venezianischen Pavillon heißt es, Schuhe ausziehen und in die Hand nehmen. Dann geht es über Wasser, dass von einer Plastikfolie abgedeckt ist, mit dem Thema „Agua Alta“ durch einen Tunnel, zur anderen Seite. Die Füße sind an einem warmen Tag danach angenehm gekühlt. Ägypten vermittelt mit seiner Präsentation den Eindruck, dass man sich im Inneren einer Pyramide befindet. Die Sphinx-Figuren tragen Bildschirme statt Gesichter.

Punta della Dogana

Die Ausstellung zum 40-jährigen Bestehen der Punta della Dogana 2019 ist nur etwas für Puristen und Minimalisten.

Palazzo Contarini Polignac

Der Künstler Günther Förg wird vom Dallas Museum of Art im Palazzo Contarini Polignac am Canal Grande mit 30 Werken ausgestellt. Der Rückblick über seine Schaffensperiode und der Einblick in die Architektur und die Möbel des Palazzos aus der venezianischen Frührenaissance ist grandios.

Gallerie dell’Accademia di Venezia

Georg Baselitz ist der erste lebende Künstler, dem das Museum, die Gallerie dell’Accademia di Venezia, eine Einzelausstellung gewidmet hat. Der Retrospektive ist beeindruckend und spannend.

Palazzo Grassi

Luc Tuymans, der große zeitgenössische belgische Künstler, überzeugt mit seiner Retrospektive mit zumeist in zarten Pastellfarben gemalten Gemälden, die fast transparent wirken.

Galleria Franchetti im Ca’d’Oro

Die Galerie Carpenter Workshop stellt im Museum Galleria Franchetti im Palazzo Ca‘ d’Oro – das goldene Haus – Design aus. Im gotischen Innenhof des Palazzos sehen die mit Netzen überzogenen Lampen eindrucksvoll aus. Im ersten Stock sind kleine Spiegel aufgestellt, die sich mit der Bewegung des Besuchers bewegen. Auf der Terrasse gibt es große Seifenblasen aus Glas, in denen sich der Canal Grande und die Häuser von gegenüber farblich spiegeln.

San Georgio Maggiore

Sean Scully aus Irland ist mit seinem farbigen Turm aus Filz in leuchtenden Farben eine Überraschung beim Eintritt in der Basilika gelungen. Mehr als zehn Meter ist der farbige Turm hoch, er unterstreicht die gewaltige Kirche, die von Andrea Palladio von 1610 geschaffen wurde. In der anschließenden Ausstellung sind die für Scully so bekannten Streifenbilder zu sehen. Neu sind seine figurativen Gemälde.

Ausstellungen zur Biennale auf Guidecca

Zur Insel Guidecca vor Venedig kommt man mit dem Vaporetto. Im Kommissar Centre of Contemporary zeigt in einer Fabrikhalle Kris Lemsalu aus Estland einen Brunnen mit zwölf Vaginas „Birth V – Hi and Bye2“ mit laufendem Wasser. Von der Isländerin Hrafnhildur Arnaróttir, mit dem Künstlernamen Shoplifter, ist die kuschelige weiche Höhle „Chromo Sapiens“ eine Installation aus Licht, Kunst- und Echthaar. Das ist eine gewaltige farbliche Explosion. Anfassen, hinsetzen und rumkriechen ist erwünscht.

Jörg Immendorf in der Fondazione Querini Stampalia

Die Ausstellung in der Fondazione Querini Stampalia zeigt in einer Retrospektive Jörg Immendorf, der 2007 gestorben ist, mit dem Titel „Ichich, Ichihr, Ichwir/We All Have to Die“ mehr als zehn Werke.

Der Goldene Löwe

Der Litauen Pavillon mit der Opern-Performance am Strand mit dem Sommer-Sonne-Gefühl wurde mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Vaiva Grainyte und Lina Lapelyté haben die Performance am Rande der Arsenale inszeniert. Sänger liegen auf Handtüchern oder in Liegestühlen auf dem mit Sand aufgeschütteten Boden und singen Arien.

Palazzo Mora, das European Cultural Centre – ECC-Italien  

Im Palazzo Mora, im roten, gotischen Palast in der Nähe der Rialtobrücke, gibt es mit dem Thema „Personal Structures“ unter dem Schwerpunkt Identity eine weitgefächerte Ausstellung. Die Länder Seychellen, Kiribati und Mosambik präsentieren ihre Projekte. Auch namhafte Künstler wie Hermann Nitsch und Arnulf Rainer sind präsent. Martin Praska, ein deutsch-österreichischer Künstler, der in Wien lebt, zeigt seine in Öl gemalten figurativen Frauenbilder.

Fondazione Prada

Im Palazzo Ca‘ Corner der Fondazione Prada gibt es eine Retrospektive aus Stahl, Jute, Blattgold, Altkleidern, Stein und Sperrmüll von Jannis Kounellis aus Griechenland, der 2017 starb. Kontrastreicher kann die Installation zum prunkvollen Palazzo nicht sein.

Venezianische Küche

Nach der Kunst in Venedig kommt die Küche. So kann man auf Brunetti und Donna Leons Spuren in der Trattoria da Remigio typisch venezianisch speisen. Im Al Giardinetto da Severino sitzt man im Sommer in einem von Wein überwachsenen Patio und kann frittura mista genießen. Das Ristorante Bacarandino ist ein weiteres Restaurant in einer ruhigen Seitenstraße für venezianische Küche. Zum Restaurant gehört auch gegenüber mit gleichem Namen eine Pizzeria. Eine edle venezianische Küche bietet das Ristorante Al Covo. Die Lagune von Venedig, die Inseln und das umliegende Festland liefern die Produkte für die Küche. Cesare Benelli, der Chefkoch und Besitzer kreiert die Gerichte mit Paolo Semeraro.

Biennale di Venezia by ReiseTravel.eu

ReiseTravel Service

Venedig Tourismus www.venedig.net - La Biennale di Venezia www.labiennale.org - Palazzo Mora www.ECC-Italy.eu,

Restaurant Tipps: Ristorante Al Gardinetto da Severino www.algiardinetto.it - Trattoria da Remigio Tel. 041-5230089

Ristorante Bacarandino www.bacarandino.it - Ristorante Al Covo www.ristorantealcovo.com

Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.

Gabi Draeger by ReiseTravel.euUnsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Reise. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu

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