Ralswiek | Auf Leben & Tod |
Störtebeker Festspiele Ralswiek auf Rügen
Piratenkapitän mit neuem Look: Ja, ist er’s nun oder ist er’s nicht? Ein schneller Blick auf die Besetzungsliste im Programmheft löst das Rätsel. Auch heuer reitet Bastian Semm als Klaus Störtebeker in der Eröffnungsszene wieder über die Ralswieker Freilichtbühne auf der Insel Rügen. Wie in den letzten drei Jahren auch. Andere schneiden alte Zöpfe ab. Aber unser Lieblings-Ostsee-Pirat beugt sich keinem Mainstream. Er legt einen Zopf zu. Und verunsichert seine Fans mit neuem Look.
Auf Leben & Tod
Die „Störtebeker Festspiele sind eröffnet und die Vitalienbrüder kämpfen von Gotland aus gegen Dänemark und das norddeutsche Hanse-Establishment. Das Stück ist auch für Landratten geeignet, die mit der Historie an Nord- und Ostsee wenig bewandert sind. Regisseur Thomas Schwendel beleuchtet mit Schwertern, Kartaunen und Pyrotechnik den geschichtlichen Hintergrund und die Figurenvielfalt echt toll.
Dass Semms neuer Haarschopf eine große Vergangenheit hat, erzählt er uns nach der Vorstellung in der Gaststätte „Zum Störti“ auf dem Festgelände. „Wir fanden’s gut“, sagt er im netten Plauderton. „Ich hab mir wie immer die Haare etwas wachsen lassen. Dann haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, ob man sie nicht vielleicht abschneiden sollte. Klar doch!“
Natürlich habe man in alten Büchern geblättert. „Der moderne Look, den ich heute präsentiere, ist durch viele Jahrhunderte und Kulturen gegangen.“ Semm: „Ob’s ein Samurai ist, ein Irokese, ein Mohikaner, ein Wikinger oder eben ein Pirat.“ Alle hatten diese Dinger am Kopf. Wetterfest sei er jedenfalls, der neue Störtebeker-Haarstyle. Egal ob bei Wind oder Regen: „Die Frisur sitzt“, verzieht Semm den Mund zu einem breiten Grinsen.
Der Deutsche Ritterorden greift Visby an
Eine politische Geschichte: „Auf Leben & Tod“ ist eine politische Geschichte. „Ihr drückt die Preise bis unsere Bauern nicht mehr von ihrer Saat leben und ihre Familien ernähren können“, wirft Störtebeker einem Unterhändler des Deutschen Ritterordens an den Kopf. Der schüttelt sich ab. Wird hier die Hanse als Vorreiter der Globalisierung vorgeführt?
Auch der Glauben spielt eine große Rolle, ausgedrückt durch die Frömmelei Konrad von Jungingens. Der Hochmeister des Deutschen Ritterordens, gespielt von Marco Bahr, der zum ersten Mal auf der Ralsieker Bühne steht, betet mit seiner Nonne Tag und Nacht und macht letztendlich Religion verantwortlich für das, was er tut. Er geht so weit, dass er den Papst gegen die Piraten und Gotland aufbringt.
Balladensänger Wolfgang Lippert ist seit 15 Jahren dabei und anders als Semm, der ja in Berlin wohnt und sich noch nicht mit einem Umzug auf die Insel angefreundet hat, längst ein echter Rügener. „Eigentlich hab ich mal so angefangen“, erzählt der ehemalige „Wetten, dass …?“ Moderator. Und deshalb gefällt seine Arbeit auch. Bei den Störtebeker-Festspielen gebe es jedes Jahr ein neues Drehbuch mit neuen Liedern. „Und es gibt da diesen Rhythmus, dass alle fünf Jahre geköpft wird.“
Bastian Semms Kopf fällt im kommenden Jahr
Semms Kopf wird im nächsten Jahr rollen. Das Stück wird dann „Im Schatten des Todes“ heißen. Braun, der den ersten Klaus Störtebeker in Ralswiek verkörperte und die Figur von 1993 bis 2001 spielte, erinnert sich an seinen eigenen „Tod“, damals noch mit einem Feuerschwert. „Recht einfach, der Kopf fiel in einen Korb.“ Dann lacht er. „Wir haben damals 63 Vorstellungen gespielt und für die Henkerszene hatte ich 63 Doubles.“ So konnte er bis zum Schluss durchhalten und sich sogar in zwei Durchgängen enthaupten lassen.
Inzwischen sei die Technik weiter fortgeschritten und das Schafott wirke wirklich echt. „Ich mag den Trick aber nicht verraten. Mein Tod hatte einen großen Schauwert wegen des brennenden Schwerts. Heute ist die Szene vom Effekt her einfach genial.“ Braun spielt heuer den Johann von Pfirt, die rechte Hand von Störtebekers Widersacher Konrad von Jungingen.
Tolle Kulissen und ritterliche Reiterszenen auf der Freilichtbühne, die hier die Stadt Marienburg darstellt. Inzwischen sei die Technik fortgeschritten und das Schafott wirke wirklich echt. „Ich mag den Trick aber nicht verraten. Mein Tod hatte einen großen Schauwert wegen des brennenden Schwerts. Heute ist die Szene vom Effekt her einfach genial.“ Braun spielt heuer den Johann von Pfirt, die rechte Hand von Störtebekers Widersacher Konrad von Jungingen.
Wolfgang Lippert: Ein zeitloses Abenteuer. Auch Wolfgang Lippert spürt den politischen Hintergrund des Stücks. Sein zweiter Song, „Eine Frage des Glaubens“, dessen Text Störtebeker-Intendant Peter Hick geschrieben hat, habe sehr viel mit der aktuellen Weltsituation zu tun. Man sieht, Störtebeker ist zeitlos, wie Robin Hood. In der Geschichte dreht sich viel um Glauben. „Man kann aber hinter dem Glauben auch sehr viel verstecken. Andere Interessen kaschieren. Darum geht’s im Stück. Im Namen des Glaubens werden hier Kriege geführt.“
ReiseTravel Fact: Die Handlung dreht sich um ein riesiges Piratennest in Visby auf Gotland, in dem Störtebeker und seine Kameraden gestrandet sind. Ein päpstlicher Bann macht sie vogelfrei. Was die Bande nicht hindert, Hanse-Schiffe zu entern. Dem Hochmeister des Deutschen Ritterordens ist die Insel ein Dorn im Auge, weil von dort aus der gesamte Handel der Hanse blockiert wird, indem die Piraten von Gotland aus auf „Jagd“ gehen. Der Deutsche Orden startet zur Attacke gegen Gotland. Ob er es schafft Störtebeker und dessen Freunde zu vertreiben, soll hier nicht verraten werden. www.stoertebeker.de
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Helmut Kunz.
Unser Autor wohnt in Weiden.
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