Gößweinstein | Der starke Hans |
ARD verfilmt Grimms-Märchen “Der starke Hans” in der Fränkischen Schweiz
Vorsicht! Wer jetzt in der Fränkischen Schweiz unterwegs ist, kann am Druidenhain bei Muggendorf Luftgeistern und anderen finsteren Kräften begegnen. Die Gefahr ist allerdings sehr gering, weil das Gelände weiträumig abgeriegelt ist.
In den Wäldern bei Gößweinstein laufen die Dreharbeiten für „Der starke Hans“. Die ARD produziert in Franken für die Reihe „Sechs auf einen Streich“ unter der Regie von Matthias Steurer ein Märchen nach den Motiven der Gebrüder Grimm. Gedreht wird auch im Freilandmuseum Bad Windsheim.
Hauptdarsteller Lucas Reiber kannte die Geschichte nicht, als man ihm die Hauptrolle antrug. „Ich habe sie erst übers Drehbuch kennengelernt.“ Der 26-jährige, ist dem deutschen Kinopublikum als „Ploppi“, als der Schüler mit dem Asperger-Syndrom aus „Fack ju Göhte 2“ bekannt. 2016 erhielt er dafür zusammen mit der Schülergruppe den Bayerischen Filmpreis. Wenn er sich auf eine Rolle vorbereitet, überlegt er sich, wie seine Rollenfigur die Welt sieht, erzählt er am Rande der Dreharbeiten.
„Ploppi war ganz auf sich fixiert, lebte in seiner eigenen Welt. Hans ist das genaue Gegenteil. Er hilft allen, alle mögen ihn, nur er selbst kennt sich nicht.“ Deshalb gehe er auf Wanderschaft. „Um zu sich selbst zu finden.“ Welche Rolle schwieriger zu spielen sei? „Kann man nicht sagen. Man kann die beiden nicht miteinander vergleichen. Beide machen unheimlich viel Spaß", sagt der Schauspieler, der gerne mal einen fieseren Charakter, eine Zauberer zum Beispiel, spielen würde. Aber Türen geöffnet habe ihm die Schüler-Rolle an der Seite von Elyas M’Barek allemal.
Vor der mystischen Kulisse des Druidenhains in der Fränkischen Schweiz:
Mit Prinzessin Sarah (Bianca Nawrath) verbindet den starken Hans (Lucas Reiber) eine tiefe Freundschaft.
„Der starke Hans“ wird vor allem in der Natur, im Wald, gedreht. „Deshalb ist die Stimmung am Set so gut“, beschreibt Reiber die Dreharbeiten. Prinzessin Sarah, die weibliche Hauptrolle, spielt Bianca Nawrath, die in "Six Minutes To Midnight" neben Judi Dench zu sehen ist. Dass das etwas angestaubte Grimms-Märchen von Drehbuchautor Su Turhan einen zeitgemäßen Touch bekommen hat, hält die 22-jährige für einen Gewinn.
„Im Original wird die Prinzessin am Ende abgeschleppt. Unsere Prinzessin kämpft aber für sich selber und klärt ihre Probleme. Dazu braucht sie keinen Hans und keinen Prinzen.“ Gleichzeitig stehe sie zu den Menschen und zur Hüterin des Waldes. Die wird von Jeanette Hain dargestellt und haust in einer Felsspalte im Druidenhain. „Das Thema ist ganz aktuell und betrifft und alle." Fridays for Future lasse grüßen. "Dass ich kämpfen darf, das mag ich so an dieser Geschichte." Bianca hat sogar gelernt, mit dem Degen zu kämpfen.
Aber auch sie kannte das Märchen vorher nicht. Beim Nachlesen: „Wirkte auf mich so, als wäre es aus vielen Märchen zusammengewürfelt.“ Eine unbekannte Geschichte also. Sind der ARD die Märchen ausgegangen? „Nein“, sagt Redakteurin Birgitta Kaßeckert. Der Sender befürchte zwar jedes Jahr neu, dass es keine Märchen mehr gebe. "Aber es gibt sie." Auch im elften Jahr der Reihe.
„Am starken Hans hat uns interessiert, dass es sich um ein Märchen handelt, das heute nicht mehr erzählt wird. Im Ur-Märchen ist Hans eine faszinierende Figur mit außergewöhnlichen Kräften, der durch die Welt zieht und alles kaputt haut und am Ende qua seiner Kraft eine hilflose Frau heiratet.“ Starke Bilder zwar, die aber so nicht mehr ins Jahr 2019 passten. „Wir haben Hans, der rohe Gewalt verkörpert, Herz und Hirn gegeben.“
Dazu habe man eine starke, junge Prinzessin entwickelt, die dem Hans in großer Freundschaft verbunden sei. „Wir thematisieren Standesunterschiede, die überwunden werden.“ Hier werde kein Märchenprinz geheiratet. „Nein, unsere Prinzessin sagt, dass sie sich ihren Mann selber sucht.“ Für die Natur – „wieder ein aktuelles Thema“ - stehe mit Jeanette Hain eine recht bedrohlich wirkende Hüterin, die den Leuten das Wasser abgrabe und die Quelle im Dorf versiegen lasse. „Und dann gibt es noch den Herzog Egbert, der nicht einsehen will, dass sich eine Frau nicht beugen will, ihn zu heiraten. Die schicken wir alle in ein großes Abenteuer."
Die Geschichte räume mit Klischees auf, bleibe aber inhaltlich in einer märchenhaften Welt behaftet. In jedem Märchen stecke ein Kernchen Wahrheit. "Egal wann es geschrieben wurde." Das habe viel mit Freundschaft und Loyalität zu tun. "Auch hier. Aber bei uns hat es auch mit Diversität zu tun." Die Hüterin werde aus ihrem Lebensraum gedrängt, habe so etwas Verletzliches. Auch die wüsten Gesellen im Wald seien zwar brachial, aber auch naiv und zerbrechlich. Am Ende werde deutlich, dass zwar jeder seine eigenen Interessen verfolgen dürfe, dass sich aber keiner verbiegen lassen müsse. "Unsere Welt kann nur dann weiter bestehen, wenn sich alle aufeinander einlassen." Das Erste zeigt "Der starke Hans" im Weihnachtsprogramm 2020.
Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Helmut Kunz.
Unser Autor wohnt in Weiden.
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