Rust | Objektkünstler Ottmar Hörl |
“Europa ist für mich ein Selbstverständnis”: Objektkünstler Ottmar Hörl stellt 100 Europa-Skulpturen aus
Zu Ehren von Europa-Park-Gründer Franz Mack, der im letzten Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, glänzen 100 goldfarbene „Steh auf Europa“ - Skulpturen, aufgereiht im Park vor „Schloss Balthasar“. Die Installation wurde von Ottmar Hörl geschaffen, der zu den bedeutendsten Konzeptkünstlern Deutschlands im öffentlichen Raum zählt. Seine Arbeiten finden sich im In- und Ausland. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Euro-Skulptur vor dem Eurotower in Frankfurt, „Mr. Quick“ vor dem Gebäude der dpa oder die Aktion „Eulen nach Athen tragen“, anlässlich der Olympischen Spiele in Athen.
Hörl, ein bekennender Europäer, dozierte von 1999 bis 2017 als Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, wo er auch Präsident war. Er wohnt heute in Wertheim.
Ottmar Hörl mit dem geschäftsführenden Gesellschafter des Europa-Parks, Jürgen Mack
Warum er seine leuchtende Figur als Stehaufmännchen entworfen hat?
„Das soll nicht bedeuten, dass Europa wankelmütig ist, sondern flexibel.“ Dies sei auch der Hintergrund, wieso er überhaupt auf die Idee gekommen sei, Europa in Form eines Kinderspielzeugs zu gießen. „Als Stehaufmännchen bringt es sich immer wieder in eine stabile Position.“
„Ich finde Europa unverzichtbar. Dass ein Staatenverbund mit so vielen Kulturen und unterschiedlichen Denkweisen nicht statisch ist, das ist doch die beste Voraussetzung, dass es funktioniert.“
Europa sei in ständiger Bewegung, nehme immer wieder neue Konturen an. „Der eine fliegt raus oder geht, man ist unterschiedlicher Meinung, man streitet sich. Aber die Idee bleibt.“
Dies sei sein ganz persönlicher Eindruck von Europa. „Nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Das Konstrukt kann sich nach allen Seiten hin bewegen. Und letztendlich merken wir, dass es gar keine Alternative zu Europa gibt.“
Dafür kämpfe er und das unterstütze er auch. „Europa bekommt man nicht umsonst. Das ist Arbeit. In Demokratien muss gearbeitet werden. Das nenne ich Gestaltung.“
Ob man in den als Kugel geformten Unterbau auch ein Stück weit Globalisierung hineininterpretieren könne?
„In ein Kunstwerk kann man alles hineininterpretieren.“ Der Künstler gebe nur den Anstoß. „Was ich denke, ist erst einmal uninteressant. Viel interessanter ist, wie Menschen eine Figur annehmen, wie sie sie für sich neu gestalten.“
Ob ein Betrachter in der Skulptur eine Weltkugel sehe oder das Runde nur als eine flexible Idee verstehe, bleibe jedem selbst überlassen. Am schlimmsten sei es doch, wenn eine Skulptur überhaupt keine Reaktion auslöse, wenn sie so belanglos sei, dass keiner Notiz nehme von ihr. Dann nämlich sei der Künstler mit seiner Arbeit gescheitert und habe Fehler gemacht. „Solange Aufmerksamkeit vorhanden ist, denken die Menschen nach.“
„Europa ist für mich ein Selbstverständnis. Als Deutscher für Europa zu sein, ist eine Verpflichtung. Wir sollten darum kämpfen, dass es immer interessant bleibt und wirkt. Deshalb beschäftige ich mich aber nicht nur mit Arbeiten über Europa.“
Seine „Steh auf Europa“-Figur sei keine Einzelkonzeption, sondern das Ergebnis eines gruppendynamischen Prozesses. „In diesen Prozess sind unterschiedliche Menschen mit ihren Gefühlen und Meinungen eingebunden.“
Die „Europa“-Skulptur, wie er es schuf – „ich habe sie dreimal geändert“ - mit all ihrer Instabilität, passe exakt in diesen „Europa-Park“ mit seiner liberalen Haltung.
Die Figur besteht aus Kunststoff und wurde zweiteilig in einem komplexen Verfahren in Coburg gegossen. „Ich will meine Figuren ohne Naht haben und hier gibt es in Deutschland nur zwei Unternehmen, die das können. Und die sitzen in Coburg.“ Der Kunststoff komme in eine geschlossene Form, werde im Schleudergussverfahren gehärtet und mit Vakuum aus der Form herausgeholt. „Das ist wie ein Geburtsvorgang.“
Die Skulpturen-Installation bleibt bis Ende Oktober im Europa-Park. Anschließend können die vom Künstler signierten Stehaufmännchen über die Galerie Friese in Berlin bestellt werden.
Ein Beitrag für ReiseTravel von Helmut Kunz.
Unser Autor wohnt in Weiden.
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