Innsbruck | Schloss Ambras |
Schloss Ambras ist das älteste Museum der Welt und ein prachtvolles Renaissanceschloss. In den Rüstungs- und Wunderkammern entdeckt man kostbare und exotische Gegenstände aus der Renaissance – bemerkenswerte Schätze, die Erzherzog Ferdinand II. sammelte.
Wundern & Staunen: Beim Eintritt ins Schloss Ambras in Innsbruck fällt einem sofort die ungewöhnliche Rüstung des 2,60 Meter großen Hofriesen auf. Er hieß Bartlmä Bon, war Bauer und kam aus Riva am Gardasee. Er lebte, neben einem Hofzwerg, im Schloss Ambras und war so ein lebendiges „Wunder der Natur“ Erzherzogs Ferdinand II. Neben der großen Rüstung sehen die Kinderrüstungen daneben winzig klein aus. Erzherzog Ferdinand ließ sie für seine beiden Söhne Ferdinand Karl und Andreas anfertigen. Die Rüstungen waren teuer, der Preis würde heute etwa einem Porsche entsprechen. Das sollte ein Ausgleich dafür sein, dass Ferdinands Kinder von der Habsburger Erbfolge ausgeschlossen waren, da ihre Mutter Philippine eine Bürgerliche war. So wollte der Vater den Makel der Geburt ausgleichen und seinen Söhnen einen standesgemäßen Status verleihen. Die Rüstungen waren nicht für den Krieg, sondern für Turniere angefertigt worden.
Schloss Ambras Innsbruck
Erzherzog Ferdinand II. war Landesfürst von Tirol. Er war 28 Jahre alt, als er heimlich die fast zwei Jahre ältere Philippine Welser, einer Bürgerlichen aus Augsburg, heiratete: Eine echte Liebesheirat des Kaisersohns, der sich damit bewusst ins politische Out setzen, statt sie nur als Geliebte zu haben. Es wird erzählt, dass sie sehr schön gewesen sein soll. Als Wohnsitz schenkte Ferdinand II. ihr das Schloss Ambras, um dort fernab von der Hofburg in Innsbruck mit der Familie zu leben. Der Vorläufer des Schlosses, die Burg, wurde schon im 10. Jahrhundert errichtet, zerstört und wieder aufgebaut. Im 14. Jahrhundert erbten die Habsburger die Burg, Kaiser Maximilian nutzte sie als Jagdschloss. Erzherzog Ferdinand II. ließ die mittelalterliche Burg in ein Prunkschloss der Renaissance ausbauen.
Sammelleidenschaft
Erzherzog Ferdinand II. war eine der größten Sammlerpersönlichkeiten der Habsburger. Extra ließ er das Ambraser Unterschloss für seine berühmten Sammlungen bauen. Er schickte Agenten aus, um ausgefallene Naturgegenstände, Besonderheiten und Kunstschätze aus aller Welt zu sammeln, die im Schloss ausgestellt wurden. Gäste und auch die Öffentlichkeit konnten sich die Exponate ansehen und bestaunen. Er war der erste, der die Idee verwirklichte, seine Schätze nicht einfach in einer Schatzkammer aufzubewahren, sondern alles systematisch nach einem Konzept aufzustellen und zu präsentieren. Die Heldenrüstkammer ist damit der Beginn des modernen Museums, und sein Museumsgebäude mit der Kunst- und Wunderkammer ist heute das älteste Museum der Welt.
Rüstungskammern
In drei Sälen sind Rüstungen für Turniere des 15. und 16. Jahrhundert ausgestellt sowie Waffen aus dem 17. Jahrhundert des österreichischen Kaiserhauses. Gezeigt werden Rüstungen berühmter Feldherren und Rüstungen für Fußturniere oder den Reiterkampf. Die Turniere fanden über mehrere Wochen statt. Als Rahmenprogramm gab es während der Zeit Theater- und Opernaufführungen, Maskenbälle und zum Abschluss immer ein großes Feuerwerk.
Kunst- und Wunderkammern
Das Herzstück des Museums ist die Kunst- und Wunderkammer. Jeder Fürst des 16. Jahrhunderts, der etwas auf sich hielt, musste eine solche modische Universalsammlungen zulegen, um die große Welt im Kleinen darzustellen. Ambras war das Vorbild schlechthin und ist heute die einzige Kunstkammer dieser Zeit, die noch in jenen Gebäuden zu sehen ist, die extra für sie errichtet wurden. Hier findet man kunstvoll gefertigte und reich verzierte Gegenstände aus Gold, Silber, Edelsteinen, Korallen, Elfenbein, Perlmutt, Muscheln, Alabaster, Kokosnüssen, Straußeneiern und Hölzern.
Haifische, Krokodil, Kugelfisch und Straußeneier
Die präparierten Haifische, Echsen und ein Krokodil ließen die Besucher damals erstaunen. Ungewöhnlich sind Spinnwebbilder und ein Pokal aus dem Horn eines Rhinozerosses. Neben Musikinstrumenten der Renaissance wie Flöten, Laute und Schellentrommel sind wissenschaftliche Messgeräte, Automaten und kunstvolle Schlösser mit riesigen Schlüsseln zu sehen: Phantastisches Handwerk, kostbare Materialien, Luxusartikel aus der Neuen Welt, Naturgegenstände die zu Kunstwerken veredelt wurden.
Dracula Vorbild
Ein berühmtes Gemälde stellt Vlad III. Tepes 176 dar: Er war Bram Stokers Vorbild für Dracula. Er war wegen seiner Grausamkeit im Kampf gegen die Türken bekannt, er pfählte die Türken, daher wurde er nur der „Pfähler“ genannt. Eine Mundbirne, ein Folterinstrument, das die Zähne und Kiefer brach, ist ausgestellt. Sie wurde zu Zeiten Ferdinands II. jedoch nicht mehr benutzt. Andere Kuriositäten sind der Fangstuhl, der den darauf Sitzenden mit Eisenstangen festhält, bis der das mit Wein gefüllte Fässchen in einem Zug geleert hatte.
Das „Tödlein“ – die wertvollste Arbeit
Das „Tödlein“ ist aus Birnenbaumholz geschnitzt und ist die wohl wertvollste Arbeit in der Ausstellung. Hans Leinweber hat die Leichtigkeit in der Bewegung der kleinen Skulptur perfekt zum Ausdruck gebracht. Ein weiteres wertvolles Prunkstück, die „Saliera“ – ein kunstvolles Salz- oder Pfefferfass aus Gold von dem italienischen Bildhauer und Goldschmied Benvenuto Cellini – ist heute allerdings im Kunsthistorischen Museum in Wien ausgestellt. 6.000 Dukaten hat Michelangelo für das Ausmalen der Sixtinischen Kapelle erhalten, den gleichen Preis hat damals Scraki für die Anfertigung von zwei Bergkristallgefäßen erhalten, die in der Ausstellung zu sehen sind.
Haarmensch und andere Wunder der Natur
Der Haarmensch Petrus Gonsalvus war über und über mit Haar bedeckt. Er wurde damals mit seiner Frau und seinen Kindern an viele Höfe in Europa eingeladen. Heute ist dieser Gendefekt als „Ambras Syndrom“ bekannt. Ein Hirschgeweih, das von einem Baumstamm umwachsen ist, gibt Rätsel auf. Ein Gemälde zeigt ein Lama aus den Anden Südamerikas, das damals irrtümlich als Bastard einer Hirschkuh gehalten wurde. Ein riesiges Hausschwein wurde für die Kunst- und Wunderkammer in gigantischer Originalgröße porträtiert. Bedeutsam waren Wunder der Natur – seltene, einzigartige und ausgezeichnete Dinge. Erzherzog Ferdinand II. und Philippine liebten Hunde. Ihre Schoßhündchen Regina und Rubino, eine exotische Zwergrasse, die es heute nicht mehr gibt, sind auf Gemälden dargestellt.
Der spanische Festsaal
Einst kam die ganze große Welt nach Innsbruck. Der Spanische Saal zählt zu den schönsten Saalbauten der Renaissance. Philippine und Ferdinand II. liebten es, Feste zu feiern. Bei einem Fest, das ergaben Aufzeichnungen, wurden 1360 Hennen, 3300 Hühner, 430 Kapaune, (kastrierte Hähne), 200 Rebhühner, 200 Steinhühner, 200 Tauben und 300 Wachteln ins Schloss geliefert. Heute werden im Sommer im Spanischen Saal Konzerte der Alten Musik aufgeführt.
Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs
Im Hochschloss ist die Habsburger Porträtgalerie mit 250 Gemälden untergebracht. Beachtenswert sind zwei Gemälde von Lukas Cranach, die den Kurfürsten und die Kurfürstin von Sachsen darstellen. Auffallend viele Kinderporträts sind dort zu sehen.
Im Tod wieder vereint
Als Philippine starb, endete die Blütezeit von Schloss Ambras. Der schwedischen Prinzessin Cäcilia macht Erzherzog Ferdinand II. vergeblich den Hof. Anschließend wollte er Maximiliana, eine Tochter seiner in Bayern verheirateten Schwester Anna heiraten, doch seine Schwester verweigerte ihm die Hochzeit, wegen seiner sittlichen Ausschweifungen, die weit über die Grenzen Tirols bekannt waren. Er war inzwischen 52 Jahre alt und heiratete standesgemäß seine 16-jährige Nichte Anna Caterina Gonzaga, mit der er drei Töchter hatte. Auch hier blieb der erhoffte männliche Erbe aus. Nach seinem Tod gründete seine zweite Frau Ana Catarina mehrere Klöster und trat mit ihrer Tochter Maria und weiteren Frauen in das von ihr gegründete Damenstift „Regelhaus“ in Innsbruck ein. Beerdigt wurde Erzherzog Ferdinand II in der Silbernen Kapelle in der Innsbrucker Hofkirche in der Nähe von Philippine, so sind sie nach ihrem Tode wieder vereint.
Der Schlosspark
Die prachtvolle Gartenanlage ist etwa 20 Hektar groß. Erzherzog Ferdinand und sein Frau Philippine Welser gestalteten den Renaissancegarten: Künstlich angelegte Natur Der Wasserfall und die Bacchusgrotte sind heute noch ein Highlight im Park. Der Paradies- und Arzneimittelgarten wurde schon von Philippine angelegt, sie war sehr erfahren in der Kräuterlehre. Schillernde Pfauen, die sich ihrer Schönheit voll bewusst sind, laufen stolz und frei im Park herum. Nach dem Rundgang im Schloss und Park lädt das Café und Bistro „Ferdinand“ zur Entspannung und zu lukullischen Genüssen in einem stilvollen Gewölbe oder im freskengeschmückten Innenhof im Ambiente wie auf einer Italienischen Piazza ein.
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Ein Beitrag mit Fotos für ReiseTravel von Gabi Dräger.
Unsere Autorin Gabi Dräger zeichnet bei ReiseTravel verantwortlich für die Redaktion Reise. Ihr Thema sind die Berge. Sie lebt und arbeitet in München. gabi@reisetravel.eu
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