Bonn | Big Band der Bundeswehr - BW Big Band |
BW Big Band: Erstes Konzert nach der Einheit in Deutschland Ost
24. Oktober 1990: Die Big Band der Bundeswehr trat drei Wochen nach der Einheit Deutschlands erstmals in den Neuen Ländern auf. Um 19.45 Uhr startete im Klubhaus der BUNA AG die Show. Die Solisten Kareena Dyhr, Rose Tabesch, Patricia Randwuist begeisterten mit der Big Band und natürlich seinen Bandleader Heinz Schiffer.
Das Show Orchester der Bundeswehr wurde 1971 auf Initiative von Verteidigungsminister Helmut Schmidt gegründet. Ihren Sitz hat die Band in Euskirchen und Günter Noris war bis 1983 der erste Band Leader, ein perfekter Entertainer. Oberstleutnant Heinz Schiffer (Jahrgang 1938) folgte als Dirigent und musikalischer Leiter.
Historie & Memories sind nachgefragte Themen – Erinnern Sie sich noch?
In den Feedback-Mails an die ReiseTravel Redaktion lautet oft die Frage:
Wie war das damals, wer machte wann wo was?
ReiseTravel bat den „Macher“, Autor und Regisseur Gerald H. Ueberscher im Gespräch um detaillierte Informationen:
Sie hatten die Idee?
Natürlich, dies war meine Idee. Mehrfach hatte ich damals im „Westfernsehen“ die „Big Band der Bundeswehr“ gesehen. Der Auftritt, vor allem deren Sound, alles inspirierte mich. Als TV-Zuschauer war ich einfach hingerissen, für mich war diese Big Band ein Show Orchester der Spitzenklasse, aber es war eine Band der Bundeswehr.
Am 6. Januar 1990 fuhr ich nach Bonn. Auf der Harthöhe befand sich das Verteidigungsministerium der Bundesrepublik, das Ziel meiner Reise. Die trennende Mauer war gerade vor acht Wochen gefallen. Mit meinem Auto und DDR-Kennzeichen fuhr ich direkt vor, zeigte an der Wache meinen DDR-Pass und trug mein Vorhaben einen diensthabenden Offizier vor. Ein Problem sah ich nicht, man konnte mich nur abweisen. „Bitte das Auto auf dem Parkplatz abstellen“, so die Begrüßung. Dieser Diensthabende telefonierte, begleitete mich in eine obere Etage und stellte mich dort in einem Vorzimmer vor. An der Anmeldung abgegeben hatte ich lediglich meinen DDR-Pass.
Warum unternahmen Sie das?
Mein Anliegen, meine innere Einstellung, alles war mir völlig klar: Ueberscher wollte der Erste sein, der Konzerte mit der Big Band der Bundeswehr, aus der Bundesrepublik Deutschland, auf dem Gebiet der DDR inszeniert. Mein Vorhaben war mir politisch völlig bewusst und hieß am Ende: Die Bundeswehr zu Gast in der DDR und diese Big Band tritt in Uniform auf. „Die BRD ist unser Klassengegner“, lautete noch vor gut zwei Monaten die DDR-Parole in den damaligen Medien.
Sie wurden im Ministerium empfangen?
Ja. Oberst Andreas Lukácsy war Leiter des Militärmusikdienstes der Bundeswehr beim Streitkräfteamt Rosenburg in Bonn. Der Oberst war mein Ansprechpartner, mein erster Oberst der Bundeswehr überhaupt mit dem ich ein Gespräch führte. In Vorbereitung meines Besuches hatte ich mich, auf einem nahen Parkplatz, umgekleidet, Anzug und Krawatte angelegt. Nun war ich über mich froh, hatte ich doch meine richtige „Kleiderwahl“ getroffen.
Dezidiert und umfassend trug ich mein Anliegen vor: Mit der Big Band der Bundeswehr mehrere Konzerte, im Saal oder Open Air, auf dem Gebiet der DDR, zu inszenieren! Der Oberst hörte interessiert zu, war sehr aufmerksam und stellte Fragen an mich.
War solch Konzert in der DDR möglich?
Ideen sollten immer realistisch und realisierbar sein. Unter der Hand hatte ich mich im Vorfeld bei "meinen" Veranstaltern informiert, ob Interesse besteht und auch die „Bezahlung“ angesprochen. Jahrelang habe ich ja große Veranstaltungen und Shows auf zahlreichen Bühnen sowie open Air Konzerte in der DDR inszeniert. Von etwa fünf dieser Partnern erhielt ich ein OK, darunter auch der „Club am See“, das Zentrale Kulturhaus der NVA, in Strausberg bei Berlin.
Zwei Monate nach dem Fall der Mauer?
Als denkender Mensch, natürlich auch zu politischen Themen, hatte ich für mich die Zeichen der Zeit erkannt, auch blickte ich dabei in meine eigene Zukunft. Seit dem Fall der Mauer pendelte sich vieles auf eine Art „Gemeinsamkeit“ ein. Nun wollte ich in Form von Konzerten diese Gemeinsamkeit angehen.
Leider waren die „politischen“ Gegebenheiten Anfang Januar 1990 noch nicht überall klar. Viele Menschen, besonders in führender Position, fühlten sich unsicher oder schwankten in ihrer Einschätzung, wie läuft der Hase und wohin geht die Richtung. Auch in Bonn bei der Bundeswehr war es leider so, dies stellte ich sofort und nicht nur dort fest.
Wie war er, Ihr "Oberst"?
Höflich, freundlich, ein Aristokrat alter Schule und er residierte in einem gut eingerichteten Bürozimmer, so wie zu Hause ein Wohnzimmer sein könnte. Nun stellte er Fragen zu meiner Person, zu meinen bisherigen Programmen und noch manches andere Detail. Natürlich beantwortete ich alle seine Fragen.
Der Oberst Andreas Lukácsy war etwa 60 Jahre alt und sprach mit Akzent, kein Deutscher. Rumänien, dachte ich und erwähnte meine Reisen in das Land. Ich hatte recht, er kam aus Brasov Kronstadt und war seit Jahren Bürger der Bundesrepublik.
Nach einer Stunde verabschiedete ich mich, er werde meine Anfrage prüfen und mir antworten. Beim Gehen hatte ich nicht unbedingt ein gutes Gefühl: Ob das wohl klappt?!
Im Gespräch hatte er sehr oft „politische Umstände“ angeführt und diese Verbesserung und Annäherung wird noch viele Jahre andauern. Auf alle Fälle überreichte er mir die direkte Adresse der Big Band, Erich Baron war Ansprechpartner und deren Geschäftsführer.
Wie ging es weiter?
Ein einmal gesetztes Ziel sollte man zielstrebig verfolgen. „Der Weg ist das Ziel“, wäre korrekt richtig, aber ich wollte Konzerte. Nichts klappte. Noch im Mai brachte ich einen „Offiziellen Brief der NVA“ auf den Weg, dem folgte ein weiteres Gespräch in Bonn. Endlich erreichte mich mit Datum 4. Oktober 1990, einen Tag nach der Einheit Deutschlands, und per Kurierpost aus Westberlin kommend, ein Schreiben: „Sehr geehrter Herr Ueberscher, wie am 26. September 1990 in Berlin besprochen, bitte ich Sie, die Konzerte am 24. und 25. Oktober in Buna und Bitterfeld vorzubereiten“.
Dann kam der 24. Oktober 1990?
Nun konnte ich endlich starten, zum „Ersten Konzert mit der Big Band der Bundeswehr in der DDR". Mein gestelltes Ziel hatte ich erreicht und ich setzte dieses gut in Szene. Doch leider ein paar Tage zu spät, die DDR gab es seit drei Wochen nicht mehr.
Die Konzerte selbst wurden ein super Erfolg, Applaus und Standing Ovation. Ende gut alles gut und: „BUNA im Glenn-Miller-Takt“, titelte die Presse: „Big Band der Bundeswehr – das ist Showbusiness der Extraklasse mit internationalem Zuschnitt. Von null auf Hundert explodierte die Musik, Show und Stimmung, ein musikalisches Raumschiff hob ab. Ein geballtes Bündel Musikalität beherrschte die Bühne“. Mit der Big Band hatte ich Erfolg, im nun vereinten Deutschland. Ein super Ereignis.
Im Rückblick?
Zum Auftaktgespräch Anfang Januar 1990 sagte Oberst Andreas Lukácsy: "Die politischen Verhältnisse, das wird noch sehr lange Zeit dauern". Damit hatte er keinesfalls recht. „Zeit ist Geld“, traf hier keineswegs zu, es waren „Benefiz“ Veranstaltungen. Nach den Konzerten in BUNA bei Halle fuhren wir nach Berlin. Korrekter nach Strausberg in das TAZ, ehemaliges Tagungszentrum der NVA. Hier residierten ein paar Wenige aus der NVA übernommene Soldaten und Offiziere, nun in der Uniform der Bundeswehr.
Generalleutnant Jörg Schönbohm eröffnete die abendliche Veranstaltung, seit 3. Oktober war er Befehlshaber und zeichnete verantwortlich für Auflösung der NVA und die Überleitung vereinzelter NVA Angehörige in die Bundeswehr. Wieder ein super Konzert und die Big Band erhielt mächtigen Applaus.
Ihr Fazit?
Am Ende war ich froh: Ueberscher war der Erste Redakteur und Regisseur, der Konzerte mit der Big Band der Bundeswehr aus der Bundesrepublik auf dem Gebiet der DDR inszeniert hatte. Viele Fahrten, zahlreiche Gespräche und ein gefüllter Aktenordner. Meine selbst gestellte Zielmarke war erklommen und meine Zielstrebigkeit zahlte sich aus.
Vielen Dank für das Gespräch!
Video Aufnahme 1990 in Bonn: Die Big Band der Bundeswehr trat drei Wochen nach der Einheit Deutschlands erstmals in den Neuen Ländern auf. Am 24. Oktober 1990 um 19.45 Uhr startete im Klubhaus der BUNA AG die Show. Die Solisten Kareena Dyhr, Rose Tabesch, Patricia Randwuist begeisterten mit der Big Band und natürlich seinen Bandleader Heinz Schiffer.
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Mit diesem Video präsentierte sich die Big Band der Bundeswehr in Buna zur Show: Als „Vorspann“ zum Beginn der Show!
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Ein Betrag von Su Kramer, im Gespräch mit Gerald H. Ueberscher.
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