Berlin

Festtagsknüller, Überraschung zum Fest, Show am Montagabend – Was war das?

Show Bühne Action: In den Jahren ab 1974 wurden Schlagerprogramme auf zahlreichen Bühnen in unterschiedlichen Orten aufgeführt. „Überraschung zum Fest“, in der Stadthalle Görlitz, „Schlagerparade“, im Capitol Jena, „Schlagerauslese“ oder „Gala“, in Bischofswerda, „Show am Montagabend“ in Löbau und die „Montagsknüller“, um nur einige Show Acts zu Erwähnen. Auch die „Festtagsknüller“ in der Stadthalle Cottbus waren immer restlos ausverkauft und jeweils Standing Ovation. Populäre Spitzeninterpreten begeisterten die Zuschauer. Die Idee zu diesen Shows hatte Gerald H. Ueberscher der zugleich als Redakteur den bunten Mix arrangierte und Regie führte.

Historie & Memoires sind nachgefragte Themen – Erinnern Sie sich noch?

In den Feedback Mails an die ReiseTravel Redaktion lautet oft die Frage:

Wie war das damals, wer machte wann was?

ReiseTravel bat den Autor und Regisseur Gerald H. Ueberscher um nähere Informationen:

Wie lautete die Grundidee?

Im Monat Dezember, mit seiner Nähe zum bevorstehenden Weihnachtsfest, sind viele Menschen auf diese besinnliche Jahreszeit erwartungsvoll eingestellt. So mancher lässt das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren und freut sich auf den Start in das Neue Jahr. Dies war ein Ausgangspunkt. Ein Programm mit Top-Interpreten, in einer „weihnachtlichen Atmosphäre“ und damit verbundenem Bühnenbild, ein bunter Mix, voller Besinnung auf die Bühne zu bringen. Kurz vor Weihnachten lief seit 1969 die TV-Sendung „Einmal im Jahr“ und darin traten die jeweils populärsten Interpreten mit ihren aktuellen Song auf. Am Ende wurde der Hit des Jahres gekürt und eine After-Show-Party ging dann bis weit nach Mitternacht.

Fast alle dieser mitwirkenden Interpreten wurden von mir angesprochen. Bereits am nächsten Tag standen sie wieder auf der Bühne des jeweiligen Ortes, unter dem Motto: „Gestern Abend im TV – heute hier im Saal“, war das immer ein grandioser Erfolg.

Die Premiere unter dem Titel „Überraschung zum Fest“ – Eine bunte Schlagerrevue – erfolgte übrigens am Sonntag 22. Dezember 1974 um 10.00 und 13.30 Uhr in der Stadthalle Görlitz. Damalige Mitwirkende: Berlin Sextett, Günther Kleinschmidt, Andreas Holm, Aurora Lacasa, Thomas Lück, Uwe Jensen, Dina Straat, Peter Albert, Jürgen Erbe Chor, Hans-Jürgen Beyer, Dida Dragan, Monika Hauff und Klaus–Dieter Henkler.

Ein Jahr darauf am Sonntag 21. Dezember 1975 um 10.30, 14.30, 18.00 Uhr, waren es bereits drei Veranstaltungen, mit den Mitwirkenden: Berlin Sextett, Wolfgang Reichardt, Jürgen Erbe Chor, Peter Albert, Marita und Rainer, Petra Böttcher, Britt Kersten, Michael Hansen und die Nancies. 

Deen Reed in der Show: Überraschung zum Fest in der Stadthalle Cottbus

Deen Reed in der Show: Überraschung zum Fest in der Stadthalle Cottbus, mit Sängern, Tänzern und Artisten!

Wie war die Resonanz?

Super und absolut gut. Wir trafen den Nerv der Zuschauer und lagen somit inhaltlich immer vor dem jeweiligen aktuellen Trend. Hier ein Auszug aus einer der zahlreichen Rezensionen, vom 20. Dezember 1976:

Einen Tag nach dem Gala-Abend des Fernseh-Schlagerstudios „Einmal im Jahr“ kamen am Sonntag 19. Dezember 1976 auch 6.000 Besucher der Görlitzer Stadthalle in den Genuss eines repräsentativen Schlagerprogramms: „Überraschung zum Fest“ hieß diese dreistündige Mammutveranstaltung, die insgesamt drei Mal, nämlich um 13, 17, und 21 Uhr über die Bretter der Stadthallenbühne ging.

Als Co- Produktion des Kreiskulturhauses Löbau und der Stadthalle Görlitz wurde diese Veranstaltung bereits zum dritten Mal durchgeführt. Die Karten waren über Wochen im Voraus bereits restlos ausverkauft, denn auch in den vergangenen zwei Jahren waren diese musikalischen und artistischen „Überraschungen“ in Quantität und Qualität auf einen Nenner zu bringen.

Der internationale Sommerschlager dieses Jahres, „Let your love Flow“ oder auch „Ein Bett im Kornfeld“, war der stimmungsvolle Auftakt, interpretiert von Peter Albert. Bekannte Schlagerinterpreten gehörten auch weiterhin zu den Gästen dieses Gala-Programms: Marita und Rainer, Jens Heller, der Jürgen Erbe Chor. Vor allem diese acht Damen und Herren des bekannten Schlagerchores wussten mit einem profilierten Vortrag zu gefallen. Rhythmus und Melodie wechselten einander ab, harmonischer Satzgesang und solistische Leistungen beweisen Spitzenkönnen. Neben der Interpretation des Welterfolges „Proud Mary“ war es vor allem ein dramaturgisch wie musikalisch gut gewähltes Weihnachtslieder-Medley, das in seiner Vortragsart an die „Singers Unlimited“ erinnerte. Der Jürgen Erbe Chor bewies neuerlich, dass er auf unserer Schlagerszene ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Zu den Spitzeninterpreten dieses Jahres gehörte auch das neue Country-Rock-Duo „Peter und Cott´n“, das in Görlitz ebenfalls ihre erfolgreichsten Titel präsentierte „Überraschungen zum Fest“ boten auch bekannte ausländische Interpreten. Große Resonanz bei jugendlichen Besuchern fanden vor allem zwei populäre Interpreten aus Ungarn.

Physische Höchstleistungen vollbrachte die zierliche Magdi Body, die nach nächtlicher Autofahrt von Budapest nach Görlitz, die sich durch schlechte Witterungsverhältnisse auf mehr als 20 Stunden ausdehnte. Trotzdem sang sie mit kraftvoller Stimme und erhielt viel Beifall für ihre Interpretation des Beatles-Oldies „Yesterday“.

Begrüßungsapplaus gab es schon bei der Ankündigung für den singenden Gitarristen oder Gitarre spielenden Sänger Gjon Delhusa, der sich mit seinem Hit „Mein erstes Mädchen“ in die erste Reihe der Erfolgsinterpreten dieses Jahres brachte.

Stimmungsvolumen und sympathische Ausstrahlungskraft sind Merkmale, die zu Bisser Kirow gehören. Der bulgarische Schlagerstar interpretierte in Görlitz drei Titel aus seinem Konzert-Repertoire, mit dem er auch eine Tournee durch das Land unternahm.

Die souveräne musikalische Begleitung aller Interpreten übernahm das „Berlin Sextett“ unter Leitung von Rudi Richter, das in diesem Programm eine große Variabilität, der Interpretationsmöglichkeiten bewies. Ein Lob gilt auch dem Moderator, Wolfgang Reichardt, der diese Aufgabe bereits das dritte Jahr bewältigte. Regisseur Gerald H. Ueberscher inszenierte ein super Programm.

Der Höhepunkt dieses internationalen Schlagerprogramms soll zugleich auch am Schluss dieses Mini-Reports stehen: Wie überall im In und Ausland wurde Frank Schöbel mit der Gruppe „Etc“ auch vom Görlitzer Publikum mit stürmischen Applaus begrüßt. In seinem Programm stimmt einfach alles: Ob sein aktueller Hit „Alles im Eimer“ oder die internationalen Erfolgsschlager „Mandy“ und „River Lady“, ob „Stoney“ oder Titel seiner neuen LP, der elften übrigens, die im März 1977 erscheint. Jeden Titel bringt Frank Schöbel gekonnt und liebenswürdig über die Rampe. Auch der Humor kommt bei ihm nicht zu kurz und so war es klar, dass ihn das Publikum nur schwerlich wieder von der Bühne ließ. Sein letzter Song „Danke schön“ wurde unlängst auf einer Amiga-Single veröffentlicht. Danke schön für diese „Überraschungen zum Fest“, die auch 1977 nicht ausbleiben werden".  

Wurde nur gesungen?

Ja, am Anfang sehr viel. Wir bezogen das Foyer in das Geschehen mit ein und gestalteten auch die Pause und dies nicht nur mit einer „Pausenversorgung“. Für „Überraschungen zum Fest“ in Görlitz wurde ein eigener Song kreiert, der mit Erfolg, jeweils oft als Entree und Finale zum Mitsingen der Zuschauer anregte, von allen beteiligten Solisten interpretiert. Nach einem Text von Bodo Krautz und der Musik von Bernd Wefelmeyer, unter dem Titel: Heut spielt der Mond Saxophon, er trifft den richtigen Ton, er hat den richtigen Takt, der auch die Görlitzer packt! Selbst die Landeskrone, eine von den Schönen, tanzt nach seinen Tönen. 

Ivica Serfeci - (1935 bis 2004) Tennislegende und Show Star besang 1973 "Meerblaue Augen" und zelebrierte ein "Showkochen" im Kulturhaus Bischofswerda

Ivica Serfeci - (1935 bis 2004) Tennislegende und Show Star besang 1973 "Meerblaue Augen" und zelebrierte ein "Showkochen" im Kulturhaus Bischofswerda.

Dann folgte Cottbus?

Dort wurde 1975 die neue Stadthalle eröffnet und hier konnte ich die erste Veranstaltung, übrigens die erste Eigenproduktion der Stadthalle überhaupt, inszenieren. Unter dem Titel „Festtagsknüller“ starteten wir am Montag 22. Dezember 1975 um 15.00 und 20.00 Uhr. Auf Anhieb ein Erfolg. Diese Erfolge setzten sich jährlich fort bis zur 6. Folge 1980 und da mit elf Veranstaltungen. Die Größe des Saales mit seinen 1500 Plätzen gestattete den Einsatz von Hochseilartisten und Luftakrobaten. Hier kamen wir ab, vom reinen Gesangsprogramm und die „Festtagsknüller“ wurden als Revue inszeniert.  

Wie waren die Reaktionen?

Hier eine Rezension „Lausitzer Rundschau“ vom 27. Dezember 1980: „Festtagsknüller“ waren ein echter Spaß: Das Programmblatt für die diesjäh­rigen „Festtagsknüller“ der Cottbuser Stadthalle ist besonders originell ge­staltet — als Brief. Wer sich schon vor Beginn der Vorstellung in die Lektüre dieses Schreibens vertieft, dem wird ein nach den bewährten Rezepten der Vorjahre zusammen­gestelltes, schwungvolles Programm versprochen. Wenn sich nach gut zwei Stunden der Vorhang wieder schließt, ist klar: Die Stadthallenmannschaft hat ihr Versprechen, die heitere Muse betreffend, sehr ernst genommen.

Die „Festtagsknüller" bringen wohl­ abgewogen Musik, Artistik, Humor, Stimmungsvolles. Unter der Regie von Gerald H. Ueberscher rollt ein Pro­gramm niveauvoller Unterhaltungskunst ab, das besten Ansprüchen ge­nügt.

Herausragend und an erster Stelle zu nennen die Moderation von Eber­hard Rohrscheidt. Erstaunlich, wie viele Seiten unterhaltsamen Könnens dieser Mann offenbart. Er plaudert charmant und vermittelt wortgewandt seinen Zuhörern Nachdenkenswertes (zum Thema Qualitätsarbeit etwa und zum Handel); er parodiert Oertel und dessen Sportreportergilde eben­so humorvoll und liebenswert wie seine singenden Unterhaltungskolle­gen (und dabei beweist er ein be­achtliches gesangliches und tänzeri­sches Können).

Eberhard Rohrscheidt zur Seite bei den Parodien des Abends steht Uwe Jensen. Ihm ist Gelegenheit gegeben, zu zeigen, dass er viel mehr kann, als nur schmalzig-triviale Heimweh-Seele-Sonne-Süden-Staub-und-Schwüle-Texte zu singen. Er beherrscht das Genre des an­spruchsvollen Kunstliedes; den Tanz und das Metier des Komödiantischen. Für viele, die bisher nur Bildschirm­bekanntschaft mit Uwe Jensen schlie­ßen konnte, eine durchaus ange­nehme Überraschung. Die Ungarin Judit Szücz, Dina Straat und Frank Schöbel tra­gen das ihre zum Gelingen des Abends bei; ebenso das Duo Kondo aus unserer Republik mit atemberau­bender Trapezgymnastik.

Werner Lessings stimmungsvolles Bühnenbild — eine stilisierte Baude frankiert von überdimensionalen Leuchtern — betont unaufdringlich den festlich-winterlichen Charakter der Unterhaltungsveranstaltung; die Beleuchtung unter Hans-Georg Scholl unterstützt besonders die Ge­sangsdarbietungen sehr effektvoll (zum Beispiel bei Judit Szücs Disko­titeln). Die Tontechnik allerdings - so scheint es - tut des guten ein wenig zuviel; manches kommt schlicht zu laut in den Zuschauerreihen an. Interessant und unterhaltsam auch das Geschehen im Foyer der Stadt­halle. In weihnachtlicher Dekoration erklingt Eginhard Fiebigs Drehorgel; es wird Glühwein und anderes Wär­mendes und Anregendes gereicht. Diese Idee - das Foyer des Hauses in die Gestaltung der jeweiligen Ver­anstaltung einzubeziehen - sollte künftig noch öfter praktiziert werden; besonders bei neuen Folgen der „Lausitzer Schlager“ - etwa mit klei­nen Ausstellungen kreistypischer Produkte oder der Vorführung be­sonderer Handwerke. R. Schirmer 

Einmal im Jahr – woher kam die Idee?

Die Grundidee stammte von Helmut Kammel. Der arbeitete bis 1971 als Musikredakteur beim Fernsehen und wir waren hier gemeinsam tätig. 1969 wurde das II. TV-Programm eröffnet und diverse Sendungen „in Farbe“ mussten gestaltet werden. Die Planungen begann im Sommer 1969 in der Regattastraße Berlin-Grünau. Das „Farb-Fernsehen“ war damals völlig neu und viele – vor allem technische Probleme – mussten Beachtung finden. Dies war übrigens eine sehr produktive und besonders kreative Tätigkeit. Neuland beschreiten, die Zukunft Gestalten, ist – für mich – immer sehr relevant gewesen. „Einmal im Jahr“ wurde am 25. Dezember 1969 um 20.00 Uhr im DDR-TV II. Programm in Farbe ausgestrahlt. Die Aufzeichnung erfolgte am 21. Dezember 1969 um 19.30 Uhr im Kulturpalast Dresden. Mitwirkende waren: Fernsehtanzorchester Fips Fleischer, Großes Tanzstreichorchester Leitung Jürgen Hermann, Peter Wieland Conférence. Als Solisten traten auf: Dagmar Frederic, Siegfried Uhlenbrock. Regina Thoss, Erhard Juza, Gerti Möller, Michael Hansen, Vera Schneidenbach, Monika Hauff, Klaus-Dieter Henkler, Petra Böttcher, Britt Kersten, Helga Brauer, Gipsy, Edith Haas, Helga Zerrens, Gerd-Michaelis Chor.  

… und das Konzept beinhaltete?

„Mit dieser Produktion soll dem Bedürfnis großer Zuschauerkreise nach einer repräsentativen öffentlichen Veranstaltung Rechnung getragen werden. Im Programm des DFF fehlen Sendungen, in denen in einem glanzvollen Rahmen Interpreten ihre Erfolgstitel zum Jahresabschluss noch einmal vorstellen. Wir knüpfen damit an die positiven Tendenzen in der Massenwirksamkeit solcher Sendungen wie zum Beispiel „Amiga-Cocktail“ und „Schlagerwettbewerb“ an. In einer großen repräsentativen Sendung – Sendetermin 25.12.69 (1. Weihnachtsfeiertag) – bieten die Schlagerinterpreten die besten und erfolgreichsten Titel aus ihrem Repertoire. Wert wird auf einen großen musikalischen Bogen gelegt, wobei es unerheblich ist, ob die einzelnen Titel neuerer oder älteren Datums sind. Kriterium ist allein die Qualität und Massenwirksamkeit", beinhaltete unsere Konzeption.

Einmal im Jahr - Kulturpalast Dresden 1969

Vera Scheidenbach und Michael Hansen ReiseTravel.eu

Vera Scheidenbach und Michael Hansen im Duett

(Die Sendung wurde im Ausland aufgezeichnet. Aus Lizenz Gründen darf ReiseTravel diese nicht ausstrahlen) 

Wie war die Resonanz?

Diese Farb-TV-Sendung „Einmal im Jahr“ wurde ein Erfolg, für alle Beteiligten und mit Standing Ovation vom Publikum aufgenommen. Ein Erfolg auch für Helmut Kammel, der ab 1971 in der Künstleragentur der DDR arbeitete und dort später zum stellvertretenden Generaldirektor avancierte. „Einmal im Jahr“ liefen dann als „Selbstläufer“ noch ein paar Jahre, fast immer in Dresden produziert. Die Inhalte veränderten sich allerdings.

In den Jahren ab 1974 inszenierte ich daraus resultierende „Schlagerprogramme“ auf zahlreichen Bühnen in unterschiedlichen Orten: Ob nun „Überraschung zum Fest“ oder die „Festtagsknüller“ in der Stadthalle Cottbus, immer restlos ausverkauft. Der Auftritt Top-Spitzeninterpreten mit ihren jeweils aktuellen Hit kam beim Zuschauer an. Das lief ein paar Jahre, dann ergaben sich neue Ideen für andere facettenreiche Programme.

Noch heute und immer ganz aktuell, ob auf einer Bühne oder im TV: Ein „Schlagerprogramm“ mit Nonstop Auftritten von Spitzen-Sängern, dies ist garantiert immer von Erfolg gekrönt.  

Vielen Dank für das Gespräch!

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