Stuckenbusch

Der singende Wirt im Ruhrgebiet ist Autoschlosser, Buchhändler, Entertainer

Noch ein Bier und dazu einen Song: Der Gastwirt und Stimmungssänger Karl Heinz Strangemann kommt aus der Ruhrgebietsstadt Recklinghausen. Im Stadtteil Stuckenbusch, Friedrich Ebert Straße 219, steht das „Haus Strangemann“. Auf dem Schild des gemütlichen westfälischen Gasthofes steht: „Der singende Wirt“. Damit ist eben der singenden Wirt gemeint: Karl Heinz Strangemann.

Als junger Mann erlernte der Recklinghäuser den Beruf des Autoschlossers, später war er Buchhändler. Seit fast 3 Jahrzehnten ist er erfolgreich als Gastwirt tätig und seit über einem Vierteljahrhundert auch als Stimmungssänger. Über 100 Titel gehören zum Repertoire des Künstlers, der im Februar 2015 auf 7 Lebensjahrzehnte zurückblicken kann.

Mit Liedern wie „Dann denk ich an mein Öllerken“, „Drei Tage ohne Alkohol“, „Noch ein Glas Bier“ und „Mädchen vom Westfalenland“ sang er sich in die Herzen seiner Fans.

Sein Haussender ist der WDR, sowohl das Radio als auch das Fernsehen. Gerade in der Karnevalszeit hat Karl Heinz Strangemann in der „Halle Münsterland“ in Münster zusammen mit anderen Künstlern unzählige Auftritte und der Kölner WDR überträgt diese Sendungen.

Karl Heinz Strangemann Singender Gastwirt

Der Recklinghäuser Sänger betont im Gespräch, er „kann sich vor Auftritten in der Karnevalszeit kaum noch retten. „Ich betrachte mich aber als einen Künstler, der in allen Jahreszeiten, nicht nur in der 5. Jahreszeit, also im Karneval, gerne singt“. Seine Lieder haben eine Daseinsberechtigung bei Familien- oder Firmenfeiern. „Ich sage, ich bin ein Stimmungssänger“. Der Komponist Alfred Vey schrieb dem singenden Wirt zahlreiche Lieder auf „den Leib“, nach dem Tod des Liedermachers ist nun der Bochumer Günther Rudkowski für Karl Heinz Strangemann der Komponist.

Es ist filmreif, wie der Gastwirt überhaupt zum Gesang kam, denn diese künstlerische Tätigkeit hatte der Recklinghäuser nie eingeplant. Heute gibt es Castingshows, wo junge Leute vorsingen und eine Jury, die aus Prominenten besteht, entscheidet. Wer darf in den „Re Call“ kommen und irgendwann einmal einen Plattenvertrag in den Händen halten.

Bei dem Westfalen spielte sich die Künstlerkarriere untypisch ab. Im „Haus Strangemann“ fand Ende der 1980er Jahre eine der vielen Feiern statt, die geschlossene Gesellschaft hatte einen Alleinkünstler gebucht. Der Künstler sollte bis Mitternacht die Gäste unterhalten, was er auch tat. Der Alleinunterhalter bat darum, seine Instrumente und Mikrofone stehen lassen zu können und diese erst am Nachmittag abholen zu dürfen. Da er sich völlig verausgabt hatte und nun schnell ins Bett wollte. Da einige Anwesende noch im Restaurant bis weit nach Mitternacht feierten, traten sie mit einem Wunsch an den Wirt heran. Sie fragten nach, ob er nicht für Musik sorgen könne. Die Gäste dachten damals wohl an einen Schallplattenspieler oder an ein Tonbandgerät, bis einer scherzhaft sagte. „Der Wirt kann ja mal musizieren und singen.“ Da viele „Bitte, Bitte Rufe“ erschallten, ging Karl Heinz Strangemann „einfach mal so an ein Mikro“. So sagt er und „ich habe aus dem Bauch heraus gesungen. Die Leute waren angetan. Das Mikrofon legte ich erst nach vielen Zugaben aus den Händen“. Anwesende rieten ihm, doch mal bei Plattenfirmen „anzuklopfen“, denn die Gäste sagten: „Was der Alleinunterhalter uns geboten hat, kannst Du allemal.“ Das ließ sich Karl Heinz Strangemann nicht zweimal sagen und klopfte wirklich bei Plattenfirmen einmal unverbindlich an.

Herausgekommen sind die über 100 Titel des Stimmungssängers. Er trat bereits auf der mit Andrea Jürgens auf - „Und dabei liebe ich Euch beide“. Karl Heinz Strangemann ist in den Karnevalshochburgen wie Münster, Köln und Düsseldorf zu Hause, trat aber auch in Hamburg und auf der Insel Mallorca auf. Mit dem singenden Wirt traten auch Bernd Clüver und Graham Boney auf dieser Tour auf.

Enttäuschen muss Karl Heinz Strangemann heutzutage die Fans, die ihn weit außerhalb seines Gasthofes buchen möchten. Der heimatliebende Westfale ist nicht nur Stimmungssänger und Gastwirt. Er backt auch in Eigenregie gerne Kuchen und Torten und daher kann er sein „Haus Strangemann“ nicht für längere Zeit ohne seine von ihm gefertigten Backwaren allen lassen.

Auftritte im Rheinland, im Ruhrgebiet und im Münsterland sind problemlos möglich, da er schnell wieder zu seinem Arbeitsplatz am Tresen in Recklinghausen kommen kann. Sind die Auftritte im Ausland oder sehr weit in südlichen oder nördlichen deutschen Gefilden gelegen, überlegt der Stimmungssänger etwas länger nach, ob er diesen Auftritt zusagt.

Dafür gab es zwei Gründe: Der Recklinghäuser Gastwirt engagierte sich in der Kommunalpolitik und gehörte zeitweise auch als Stadtverordneter dem Stadtparlament an. Das machte längere Aufenthalte außerhalb Nordrhein Westfalens aus Zeitgründen unmöglich. Schließlich galt es, die Wählerinnen und Wähler, die ihn mit dem Mandat ausgestattet hatten, auch zu vertreten. Der zweite Grund ist schnell aufgeführt: Der Stimmungssänger betont, die Showbranche habe sein Leben dankbar bereichert und er möchte „wirklich keinen Tag missen. Ich weiß aber auch, ich bin jetzt 69 Jahre alt und werde bald 70 Jahre alt werden. Es gibt keinen Menschen, der jünger wird.“ Dabei sieht keiner dem singenden Gastwirt die fast 7 Jahrzehnte an, der Umgang mit Gästen und Fans haben ihn wohl jung gehalten.

ReiseTravel Fact: Dieser sehr ungewöhnliche Start ins Künstlerleben hat seinen Charme. Da schnappte sich ein Gastwirt ein Mikrofon eines Alleinunterhalters und dann hat er mal so eben um die 100 Stimmungslieder geliefert. Respektvoll und beeindruckend ist dieser Werdegang. Solche Geschichten denkt sich kein Autor aus, es sei denn, der Schriftsteller heißt Leben.

Ein Beitrag mit Foto für ReiseTravel von Volker T. Neef.  

Volker T. Neef ReiseTravel.euUnser Autor berichtet aus der Bundeshauptstadt und ist in Berlin wohnhaft.

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